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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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verstanden.«
    Mrs. Madrigal rückte näher an den Doktor heran. »Jon, mein Lieber … bist du sicher, daß wir von denselben Kindern reden?«
    »Muß wohl so sein. Auf der Hinreise hab ich sie nicht mal zu sehen bekommen … Wahrscheinlich, weil Mrs. Halcyon nicht wollte, daß ich … aber auf der Rückreise hab ich sie öfters gesehen. Auf einem Kreuzfahrtschiff kann es nicht so viele vierjährige Asiatenkinder geben. Außerdem hat mir Sean sagt, sie wären Mrs. Halcyons Pflegekinder.«
    »Mensch«, murmelte Michael.
    »Was meinst du?«
    »Na ja … hast du’s nicht merkwürdig gefunden, daß Mrs. Halcyon nicht mit an Bord war?«
    »Ein bißchen schon«, sagte Jon, »aber Sean hat erzählt, sie und Prue Giroux hätten sich entschlossen, noch etwas in Sitka zu bleiben. Außerdem hat er gesagt, daß er ein alter Freund der Familie ist, und deshalb hab ich angenommen … na ja, ich hab angenommen, daß das stimmt. Er war ein ziemlich netter Kerl.«
    »Hat er gesagt, wo er die Kinder hinbringt?« fragte Michael.
    Jon schüttelte den Kopf. »Ich hab angenommen, daß er sie auf Halcyon Hill abgibt.«
    Michael schüttelte den Kopf und stöhnte leise. Mrs. Madrigal sah hundeelend aus. »Haben wir grade denselben Gedanken?« fragte Michael.
    Die Vermieterin nickte. »Bambi.«
    »Wer ist Bambi?« fragte Jon.
    Michael sah ihn einen Augenblick an und wandte sich dann an Mrs. Madrigal. »Sie sind dran«, sagte er.

Wie für die Familie geschaffen
    Prue war über die Kaninchenfelle dermaßen entsetzt, daß sie erst hochschaute, als Vuittons Jaulen sie aufschreckte.
    »Ruhig, Vuitton. Wir gehen gleich … ich versprech’s dir.«
    »Das will ich aber nicht hoffen«, sagte eine Stimme draußen vor der Tür.
    Der Kolumnistin blieb fast das Herz stehen. Als sie sich hastig umdrehte, hockte Luke an der Tür und streichelte dem Wolfshund die Schnauze. Er schaute hoch und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. »Willkommen zu Hause, mein Schatz.«
    »Luke, ich …«
    »Sag nichts, okay? Es ist mir egal, wo du warst, ich bin nur froh, daß du wieder da bist.«
    Ungläubiges Schweigen.
    »Ich hab gewußt, daß du zurückkommst«, sagte Luke und stand auf. »Ich hab gewußt, daß du mich hier suchen wirst, wenn ich nur lang genug warte.« Er breitete die Arme aus, als würde er für eine Kreuzigung posieren. »Willst du dich nicht von Dad umarmen lassen?«
    Ein unbestimmter Instinkt riet ihr, ihm zu gehorchen.
    »Du zitterst ja«, sagte er, als er sie in den Armen hielt. »Der Nebel ist ganz schön schlimm, hm?«
    Sie nickte.
    »Wie hast du’s angestellt?« fragte er.
    »Was?«
    »Daß du das Schiff versäumt hast.«
    Sie löste sich von ihm. »Mein Gott, Luke … was redest du da? Das ist doch … verrückt. Ich war die ganze Woche am Rand eines Nervenzusammenbruchs. Ich halt das nicht mehr aus, Luke … ich kann nicht mehr. Wo sind die Kinder?«
    »Sie sind hier«, sagte er lächelnd. »Es geht ihnen gut.«
    »Wo sind sie?«
    »Nein, erst beantwortest du meine Frage.«
    »Luke … welche Frage?«
    Sein kräftiger Zeigefinger strich über ihre Augenbraue. »Ich hab auf dich gewartet«, sagte er ruhig. »Mindestens zwei Stunden. Ich war sehr in Sorge, Prue.«
    »Wann? Wo?«
    »In Sitka. Nach unserer kleinen … Kabbelei in dem Lokal hab ich die Kinder aufs Schiff zurückgebracht und in meiner Kabine auf dich gewartet.« Sein Finger strich ihr über die Wange und machte an ihrem Kinn halt. »Es kam aber keine Prue. Das Schiff ist ohne dich abgefahren.«
    »Du meinst … du warst an Bord?«
    »Du hast mich verlassen, Prue. Das hat vor dir noch nie jemand gemacht. Ich hoffe, das ist dir klar.«
    »Ich hab dich verlassen? Hör mal, Luke … du hast die beiden weggeschleppt! Das hab ich mit eigenen Augen gesehen!«
    Luke zuckte mit den Schultern. »Ich war wütend. Ich wollte nicht, daß sie weiter mit dir zu tun haben … nein, nicht mit dir, mit deinen Prinzipien … mit dem ganzen bourgeoisen Gesabbel. Deine Welt funktioniert nicht, Prue. Das ist mir in Sitka klargeworden. Es hat schon seinen Grund, warum ich so lebe, wie ich lebe. Das siehst du doch jetzt sicher auch.«
    Sie riß sich von ihm los und packte eines der Kaninchenfelle. »Ich seh nur das hier, Luke! Ich hab gesehen, was du den armen kleinen Dingern angetan hast!«
    Er nahm das Fell und streichelte es zärtlich. »Hat dein Bruder in Grass Valley nie Kaninchen das Fell abgezogen?«
    »Mach dich nicht lächerlich!«
    »Und, hat er?«
    Prue schaute weg. »Wie kommst du

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