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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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ein Lachen, nervöser als das erste. »Nein … im Ernst.«
    »Das Schlafzimmer findest du garantiert gräßlich«, sagte Michael. »Ich hab das Aubergine abgeschafft.«
    Jon machte ein gespielt grimmiges Gesicht. »Und welche Farbe hat es jetzt?«
    »Languste.«
    »Was ist das denn für eine Farbe?«
    »So ’ne Art … Creme.«
    »Langusten sind cremefarben?«
    Michael lachte und deutete auf einen Sessel. »Setz dich. Mein Gott, wo fangen wir nur an?«
    »Na ja … über Mary Ann und Brian weiß ich Bescheid. Mrs. M. hat es mir erzählt. Sie hat mich sogar zur Hochzeit eingeladen.«
    »Toll.«
    »Findest du wirklich? Ich bin hier eigentlich nicht mehr … zu Hause. Ich möchte nicht, daß du dich unbehaglich fühlst.«
    Michael verdrehte die Augen. »Seh ich so aus?«
    »Aber es ist doch eine Familienfeier …«
    »Du gehörst zur Familie, Jon. Mary Ann wäre restlos enttäuscht, wenn du in der Stadt wärst und nicht zur Hochzeit kommen würdest. Wie lang bleibst du?«
    »Eine Woche, zehn Tage.«
    »Toll. In welchem Hotel?«
    Der Doktor zeigte durch das Fenster auf die Bay hinaus. »Man kann’s von hier sogar sehen.«
    »Du wohnst am Wasser?« fragte Michael.
    »Auf dem Wasser«, sagte Jon. »Ich bin Schiffsarzt.«
    »Du meinst … bei der Marine?«
    »Gott, nein. Auf einem Kreuzfahrtschiff … auf einem norwegischen.«
    Michael fiel die Kinnlade herunter. »Auf welchem?«
    »Auf der Sagafjord. «
    »Das ist ja nicht zu glauben!« Michael wirbelte herum und schaute zu dem großen weißen Schiff hinunter. »Das ist sie? Sie ist zurück? Das ist einfach unglaublich!«
    »Es ist nur ein Job«, sagte Jon, den Michaels Reaktion deutlich verunsicherte.
    »Weiß es Mrs. Madrigal schon?«
    »Sollte sie?« fragte Jon.
    »Ja«, sagte Michael. »Ich glaube, sie sollte.«

Im selben Boot
    Michael ließ Jon in der Wohnung allein und eilte unter dem Vorwand, einen Joint schnorren zu wollen, nach unten zu Mrs. Madrigal.
    »Hören Sie mal«, sagte er. »Wieviel haben Sie ihm eigentlich erzählt?«
    »Über was?«
    »Na, zum Beispiel über die Mediengeisha, die wir im Keller eingesperrt haben.«
    »Über solche Sachen haben wir gar nicht geredet«, sagte die Vermieterin.
    »Weiß er, wo Mary Ann ist? Weiß er über DeDe und die Zwillinge Bescheid? Er war auf der Sagafjord, Mrs. Madrigal! Er ist dort Schiffsarzt!«
    »Was?«
    »Ich kann’s auch kaum fassen. Heiliger Strohsack … was machen wir nur?«
    Mrs. Madrigal musterte ihn kurz. »Die Entscheidung liegt bei dir, mein Lieber.«
    »Bei mir?«
    »Tja … wenn er nicht mehr zur Familie gehört, ist es wohl unfair, wenn wir ihn in unser Komplott hineinziehen. Dann solltest du ihn bitten, daß er so schnell wie möglich geht.«
    Schweigen.
    »Es sei denn, du willst, daß er bleibt.«
    Michael schaute sie finster an. »Er sagt, Sie haben ihn zur Hochzeit eingeladen.«
    »Das stimmt. Ich denke, Mary Ann und Brian fänden das schön. Apropos, wo ist Brian? Haben Jon und er schon miteinander gesprochen?«
    »Er arbeitet«, sagte Michael.
    »Ich könnte Jon in Burkes alter Wohnung einquartieren«, bot Mrs. Madrigal an. »Falls du nichts dagegen hast.«
    »Wie kommen Sie darauf, daß er in einem Haus, in dem eine entführte Moderatorin im Keller sitzt, überhaupt wohnen will?«
    »Wir könnten ihn fragen und es herausfinden.«
    Michael seufzte resigniert. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können, okay?«
    »Na ja«, sagte die Vermieterin, »ich finde, wir schulden ihm eine Erklärung. Immerhin hat er die Kinder doch auf die Welt geholt, oder?«
     
    Die Erklärung war eine gewaltige Herausforderung. Als Michael fertig war, konnte man Jon die Verwirrtheit ansehen.
    »Moment mal! Das gibt gar keinen Sinn.«
    »Wem sagst du das«, sagte Michael.
    »Soll das heißen … die beiden Vierjährigen waren DeDes Kinder?«
    Michael und die Vermieterin nickten unisono.
    »Aber … ich dachte, sie wären Mrs. Halcyons Pflegekinder … vietnamesische Waisen.«
    »Das hat sie nur gesagt, weil DeDe es so wollte«, sagte Michael. »Sie wollten jedes öffentliche Aufsehen vermeiden, bis Mary Ann die Geschichte korrekt unter die Leute bringen kann.«
    »Aber sie sind nicht entführt worden«, sagte Jon.
    Mrs. Madrigal schaute ihn erstaunt an. »Gott, was erzählst du denn da, Jon?«
    »Sie sind nicht entführt worden«, wiederholte der Doktor. »Ich war gestern mit ihnen im Kino.«
    »Wo?« fragte Michael.
    »Auf dem Schiff. Sean Starr war auch dabei. Und sie haben sich prima

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