Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
…«
»Nein. Wir vier, meine ich. Die ganze Familie. Wir sind jetzt komplett. Wir haben alles-, was wir brauchen. Wir ziehen nach Südamerika und fangen ein neues Leben an, Prue. Allmächtiger! Ich bin so glücklich!«
»Luke … die Kinder gehören nicht uns.«
»Wem denn sonst? Dieser alten Societyfregatte vielleicht? Sie sind nicht ihr eigen Fleisch und Blut. Sie hat sie über eine Agentur gekriegt, Prue. Das hat sie dir selbst erzählt.«
»Ich weiß, aber …«
»Du wolltest doch immer Kinder, oder?«
Schweigen.
»Oder?«
»Luke, das hat doch damit nichts …«
»Für eigene ist es zu spät. Na … und jetzt hast du eben die! Und einen Liebhaber, der dich mehr liebt als das Leben selbst. Siehst du nicht, wie gerecht das alles ist? Wir kriegen genau das, was wir verdienen, Prue! Schau mir in die Augen und sieh deine Bestimmung!«
Sie schaute ihm in die Augen und sah Wahnsinn.
Nach kurzem Zögern sagte sie: »Einverstanden.«
»Einverstanden womit?«
»Ich komme mit euch mit. Es hört sich wunderbar an, Luke.«
Er zerdrückte sie fast durch seine Umarmung. »Gott sei Dank … Gott sei Dank!«
»Wir können am Morgen aufbrechen«, sagte sie. »Ich werd noch ein paar Sachen holen müssen … und ein paar Kreditkarten. Wir können ein Flugzeug chartern. Wir kriegen das schon hin.«
Schniefend kämpfte er gegen seine Tränen an. »Es wird wie im Paradies. Du wirst sehen.«
Prue arbeitete sich behutsam voran. »Wunderbar. Dann komm ich also morgen früh wieder …«
»Nein. Ich will, daß du bei den Kindern bleibst. Ich muß für ein paar Stunden weg.«
»Oh.«
»Es dauert sicher nicht lang. Komm, leg dich zu den Kindern. Ich muß noch ein paar Dinge … regeln.«
»Ich verstehe.« Prue bekam vor Aufregung eine Gänsehaut. War das ihre Chance zur Flucht? Oder würde er einfach die Tür abschließen, wenn er ging?
»Kinder können so was von hartnäckig sein«, sagte Luke, während er im Dunkeln Prues Nacken streichelte.
»Wie kommst du darauf?«
Ein tiefes Glucksen. »Er will sein Feuerwehrauto.«
»Der Junge?«
»Mhm. Es liegt bei der Alten zu Hause im Garten. Er sehnt sich schon seit Sitka danach. Ich hab ihm versprochen, daß ich es ihm bringe. Das ist ja wohl das mindeste, was sein Dad für ihn tun kann.«
Schweigen.
»Findest du das albern?«
»Nein. Ganz und gar nicht. Ich find’s süß.«
»Die Adresse hab ich auf seinem Gepäck gefunden. Hoffentlich stimmt sie auch.«
»In Hillsborough?«
»Mhm. Glaubst du, daß die Alte zu Hause ist?«
»Keine Ahnung.«
»Was ist mit … wie heißt sie denn … DeDe?«
»Das ist schwer zu sagen.«
»Dann werd ich vorsichtig sein.«
»Weißt du denn, wie du hinkommst?« fragte Prue. »Brauchst du Taxigeld? Es ist ziemlich weit dahin.«
Er strich ihr zärtlich über die Wange. »Ich schaff das schon.«
Dann führte er sie in die Hütte zurück, brachte sie zu Bett und küßte sie sanft auf die Augenlider.
»Bis bald«, flüsterte er.
Als er ging und die Tür hinter sich schloß, horchte sie angestrengt auf das Klicken des Vorhängeschlosses.
Es kam nicht.
Schon da hatte sie das Gefühl, ihn verraten zu haben.
Die Flucht
Prue kauerte in der Dunkelheit, und ihr Atemgeräusch war wie das Brausen eines Orkans in ihren Ohren.
Die Zwillinge schliefen schon fest und kuschelten sich mit ihren Kaninchenfellen in die Ecke.
Lukes Schritte entschwanden in die Nacht.
Prue zählte langsam bis sechzig, bevor sie ihr Ohr an die Tür der Hütte preßte.
Nichts.
Sie drückte die Tür ein Stück weit auf und spähte in die Dunkelheit hinaus. Sie konnte kaum etwas sehen, nur die frischen Fußabdrücke auf der sandigen Böschung, die Lukes Weggehen dokumentierten. Oben in den Eukalyptusbäumen machte der Wind ein Geräusch, als würde Seidenpapier zerknüllt.
Sie zog die Tür wieder zu, zuckte zusammen, als sie knarrte, kniete sich dann neben die Kinder und rüttelte sie sanft. »Anna … Edgar … aufwachen, ihr Schätzchen!«
Das kleine Mädchen rührte sich als erste. »Was ist los?« fragte es laut.
»Psst«, sagte Prue. »Wir müssen flüstern.«
Edgar setzte sich auf und rieb sich die Augen. »Wo ist Dad?« fragte er.
»Äh … er ist nur kurz weg.« Sie fand die Jacke des kleinen Jungen und half ihm hinein. »Wir machen eine kleine Autofahrt. So was macht euch doch sicher Spaß, oder?«
»Wohin?« fragte Anna.
»Zu mir nach Hause«, sagte Prue. »Ihr wart noch nie bei mir zu Hause.«
Edgar fing an zu quengeln. »Ich will nicht! Ich
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