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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Einige der Krankgemeldeten zogen sich zur Erholung in diese versteckte, von der Sonne verwöhnte Bucht zurück, wo sie sich ihrer Kleidung entledigten und der Großen Göttin ihre mit Kakaobutter bestrichenen Körper darboten.
    Aus der Luft hätte der Strand merkwürdig ausgesehen. Er war schachbrettartig mit Dutzenden kleiner Steinforts überzogen, die einen gewissen Schutz vor dem Wind boten und jeweils zwei bis zehn mehr oder weniger hüllenlose Sonnenanbeter beherbergten.
    Michael hatte sie »die Brustwehren« getauft.
    An diesem Tag hatten die drei ein Fort ganz für sich allein. Mary Ann und Brian legten sich nur oben ohne in die Sonne; Michael zog sich ganz aus, denn er war zu dem Schluß gekommen, daß Badehosenstreifen etwas aus den Siebzigern waren.
    Die drei Sonnenanbeter lagen einige Zeit still da. Mary Ann war die erste, die etwas sagte.
    »Das hier war vielleicht was.«
    »Das kannst du laut sagen«, meinte Brian.
    »Ich red von einer Story. Wenn ich je von Bargain Matinee loskommen will, brauch ich die superscharfe Idee für ein Feature.«
    »Dafür reicht das hier aber nicht«, sagte Brian.
    »Außerdem«, fügte Michael hinzu, »sind FKK-Strände längst überholt. So oft, wie da schon drüber berichtet worden ist.«
    »Du hast recht«, sagte Mary Ann seufzend. »Wie wär’s mit S/M?«
    »Nicht jetzt gleich«, sagte Brian. »Ich hab mich grade erst mit Coppertone eingerieben.«
    »Das Thema ist sogar noch ausgelutschter«, sagte Michael. »Sobald die kleinen Sender sehen, daß ihre Zuschauerzahlen zurückgehen, bringen sie die nächste S/M-Enthüllungsstory. Das läuft genauso wie mit den Erdbebengeschichten oder den Briefen vom Sternzeichen-Mörder. Das Publikum muß auf einem bestimmten Schocklevel gehalten werden.«
    »Das Problem ist doch«, sagte Mary Ann, »daß man so was nicht planen kann. Die richtig tollen Stadtgeschichten passieren einfach so.«
    »So was wie Guyana«, fügte Brian hinzu.
    »Oder wie Burke und die Kannibalen aus der Grace Cathedral.« Der Einwurf kam von Michael, doch er bereute ihn sofort. Mary Anns ehemaliger Liebhaber Burke Andrew war inzwischen Herausgeber des New York Magazine. Brian war auf diese längst abgeschlossene Beziehung anscheinend eifersüchtig, weshalb Mary Ann und Michael es normalerweise vermieden, in seiner Gegenwart darüber zu sprechen.
    Mary Ann wechselte mit einer Frage an Michael das Thema: »Du fährst also am Memorial-Day-Wochenende zu  _____ _______ ?«
    Michael nickte. »Bis dahin bin ich sicher noch nicht braun genug.«
    »Vielleicht entschließt er sich ja zu seinem Coming-out«, sagte Mary Ann verträumt, »und bietet mir einen Exklusivbericht darüber an.«
    »Ja, ja«, sagte Michael. »Vielleicht stürzt auch der Himmel ein.«

Luke
    Der Mann auf der Felsbank lächelte immer noch zu Prue hin auf und wartete auf Antwort.
    »Äh … was?« murmelte sie. Gleichzeitig bohrte sich ihre rechte Hand immer tiefer in ihre Tasche, bis sie sich um die kleine Anti-Vergewaltigungs-Pfeife von Tiffany schloß. Wenn er auch nur die geringste Bewegung machte, würde sie …
    »Ich hab gefragt … ob Sie Zeit für einen Kaffee haben.«
    Er deutete auf die Hütte hinter ihm, einen windschiefen Holzbau wie aus einem Wildwestroman von Zane Grey. Aus einem rostigen Ofenrohr, das wie ein Ausrufezeichen über den Bau hinausragte, stieg ein dünner Rauchkringel.
    Da drin sollte es Kaffee geben?
    Prue räusperte sich. »Das ist mein Hund«, sagte sie mit fester Stimme. »Der, der in Ihr … der da drüben reingelaufen ist.«
    Ihr Gesicht war inzwischen puterrot und ihre Kehle staubtrocken.
    Der Mann hatte die Hände tief in die Taschen seiner ausgebeulten Wollhose vergraben und hörte nicht auf zu lächeln. »Wirklich?« antwortete er in einem eher spöttischen als fragenden Ton. »Is ’n netter Hund, der alte Whitey.«
    Whitey? Hatte dieser Penner versucht, mit Hilfe eines neuen Namens Ansprüche auf Vuitton anzumelden? Sein richtiger Name und der seiner rechtmäßigen Besitzerin waren deutlich lesbar auf seiner Hundemarke eingraviert. Selbst sein Halsband – ein Weihnachtsgeschenk von Pater Paddy Starr – war aus Louis-Vuitton-Kunstleder gearbeitet.
    »Ich war vor ein paar Wochen hier«, rief Prue etwas unsicher. »Drüben in den Baumfarnen ist er mir weggelaufen. Ich bin so erleichtert, daß ihm nichts passiert ist.«
    Der Mann nickte. Er lächelte noch immer.
    »Wenn Sie … sich um ihn gekümmert haben«, fuhr Prue fort, »erstatte ich Ihnen gerne die

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