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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Kaffeekanne.
    Der Mann griff nach der Kanne und goß Kaffee in einen Styroporbecher. »Nehmen Sie Sahne? Ich hab leider nur das künstliche Zeug.«
    »Äh … was? … oh, nein danke.« Prue schaute sich immer noch um. Wie lange war er überhaupt schon da? Wußten die Parkwächter Bescheid?
    Der Mann erriet ihre Gedanken und zwinkerte ihr zu. »Sie werden sich dran gewöhnen«, sagte er. »Sweet’n Low?«
    »Ja bitte.«
    Er riß das rosafarbene Tütchen auf, schüttete seinen Inhalt in den Kaffee und reichte ihr den Becher. »Ich hab gedacht, Sie wollen vielleicht mal sehen, wo Ihr Hund in letzter Zeit gehaust hat.«
    Ach ja: Nachdem Vuitton sein Frauchen an der Tür begrüßt hatte, war er in die Ecke neben dem Feuer zurückgekehrt. Dort lag er auf einem Haufen Lumpen. Er schaute hoch und wedelte beschwichtigend mit dem Schwanz. Vielleicht entschuldigte er sich dafür, daß er seinen Nob-Hill-Lebensstil so bereitwillig aufgegeben hatte. Prue blies in ihren Kaffee und schaute wieder in die Runde. »Es ist … schlichtweg faszinierend hier«, sagte sie. Und das meinte sie auch.
    Der Mann lachte glucksend. »Jedes Kind hat gern ein Spielhaus«, sagte er.
    Dann ist er so wie Ben, dachte Prue.
    Bei der weiteren Begutachtung des Raums fielen ihr noch mehr Anzeichen jungenhafter Verschrobenheit auf: die Bommelborte über dem Bett, die so etwas wie einen stilisierten Baldachin abgab; eine Dose mit gespitzten Bleistiften auf einem Regal über dem »Sofa« ; ein Stadtplan mit Rußspuren, der an die Wand über dem Feuer geheftet war.
    Über der Tür hing eine Sperrholzplatte, deren Aufschrift in mühevoller Arbeit aus gebogenen Zweigen geformt worden war:
     
    WER SICH NICHT AN DIE
    VERGANGENHEIT ERINNERT,
    IST DAZU VERDAMMT,
    SIE ZU WIEDERHOLEN
     
    Prue lächelte, als sie das las. »Das ist schön«, sagte sie.
    »Santayana«, antwortete der Mann. »Life of Reason. «
    »Wie bitte?«
    Der Mann schaute sie prüfend an, dann sagte er ruhig: »Warum nehmen Sie jetzt nicht Ihren Hund?«
    »Oh … natürlich. Ich wollte Sie nicht aufhalten.«
    Der Mann ging zu dem Haufen Lumpen hinüber und rüttelte den Wolfshund wach. »Los, Whitey. Du mußt jetzt gehen, mein Junge.« Vuitton stand wackelnd auf und leckte dem Mann aufgeregt die Hand. »Er denkt, wir machen ’ne Tour«, sagte sein Betreuer. »Ich hab ihm eine Leine gemacht. Wenn Sie sie haben wollen …«
    Er öffnete eine Kiste neben Vuittons Lager. Sie enthielt ein paar Dosen Hundefutter, eine abgenutzte Striegelbürste und ein Stück Seil mit einem selbstgemachten Lederanhänger, auf dem WHITEY stand. Auch auf dem Kistendeckel stand in Buchstaben aus gebogenen Zweigen WHITEY.
    Vorhin war Prue richtig böse gewesen wegen dieses fremden Namens; jetzt hatte sie irgendwie das Gefühl, gleich heulen zu müssen.
    Sie kramte in ihrer Tasche. »Bitte … ich bestehe darauf, Ihnen Ihre Auslagen …«
    »Nein«, sagte der Mann barsch. Dann, in sanfterem Ton: »Es war mir ein Vergnügen.«
    »Tja …« Sie wußte plötzlich nicht mehr, was sie sagen sollte, und schaute sich verlegen um. Der Mann klemmte das Seil an Vuittons Halsband und überreichte es Prue.
    »Danke schön«, sagte sie so aufrichtig wie möglich. »Vielen Dank … Luke, nicht?«
    Der Mann nickte. »Sollten Sie mal wieder in der Gegend sein, hätt ich nichts dagegen, wenn er mich besucht.«
    »Natürlich, natürlich …« Es gab nichts mehr zu sagen, als sie Vuitton von der Hütte wegführte und mit ihm die steile, sandige Böschung hochstieg. Der Wolfshund kam bereitwillig mit und verabschiedete sich mit einem Bellen, sobald sie die Böschung hinter sich gebracht hatten.
    Doch die Tür der Hütte war bereits geschlossen.

Auf nach Hollywood
    Ned Lockwoods Pickup stand auf der Leavenworth, als Mary Ann die wacklige Holztreppe von der Barbary Lane herunterkam. Ned hob seine große Hand an die Stirn und begrüßte sie mit einem flotten Salut. Seine Glatze hatte die Farbe von Sattelleder.
    »Er kommt gleich runter«, sagte sie. »Er weiß noch nicht, welches seiner fünfzehn Lacoste-Hemden er anziehen soll.«
    Ned warf grinsend die Hände in die Luft und legte sie dann auf das Lenkrad. »Und wo gehst du hin?«
    Mary Ann verzog das Gesicht. »Arbeiten. Wir haben nicht alle das Glück, das Wochenende bei einem Filmstar zu verbringen.« Sie hielt eine große Hefty-Tüte hoch. »Möchtest du einen süßen Wauwau?«
    Ned schaute in die Tüte. »Stofftiere? Wofür sind die denn?«
    »Für meine Show. Wofür

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