Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
Autos weiterfahren konnten. »Nein, wie toll!«
Merkwürdigerweise wußte Mary Ann genau, was sie meinte. Wie konnte jemand solche Schrullen nur als Bedrohung empfinden? Wenn sie je ein Kind bekam, dann sollte es in San Francisco aufwachsen, wo mindestens fünfmal im Jahr Mardi Gras gefeiert wurde.
Natürlich hatte sie nicht immer so gedacht. Der Anblick von Dutzenden halbnackter Männer, die auf der Straße tanzten und ihre knackigen, aber unerreichbaren kleinen Arsche in die Sonne reckten, hatte sie früher heftig geärgert.
Doch Gott sei Dank achteten manche Heteromänner genauso auf ihren Körper wie die Schwulen.
Außerdem war ein knackiger Arsch nun mal ein knackiger Arsch.
Sie fuhr fast auf den Bürgersteig, als sie einem nachsah.
Es tat ihr leid, daß Brian nicht mit dabei war. Er hatte so toll reagiert, als sie ihm von Mrs. Halcyons Einladung erzählt hatte. »Fahr nur«, hatte er gesagt. »Vielleicht protegiert sie dich ein bißchen. Ich kann mich auch im Vorgarten in die Sonne legen. Wenn du zurück bist, gehen wir ins Kino oder so.«
Mein Gott, wie sehr sie ihn doch liebte. Egal, was passierte, er blieb locker, unkompliziert und verständnisvoll. Sie waren jetzt Freunde, Brian und sie. Freunde, zwischen denen beim Sex die Post abging. Wenn das keine Liebe war, was dann?
Als sie auf den Freeway kam, summte sie dank eines von Mrs. Madrigals Barbara-Stanwyck-Joints bereits fröhlich vor sich hin. Sie machte das Radio an und sang gemeinsam mit Terri Gibbs »Somebody’s Knockin’«.
Es wollte ihr nicht so recht in den Kopf, daß sie nach Hillsborough geladen war. Klar, manche Mitglieder der Oberschicht scharwenzelten gerne um Berühmtheiten herum, doch ihr bescheidener Ruhm galt in Frannie Halcyons Kreisen mit Sicherheit überhaupt nichts.
War Mrs. Halcyon einfach nur nett?
Vielleicht.
Aber warum? Nach so vielen Jahren.
Mary Ann hatte als Sekretärin fast zwei Jahre für die Halcyons gearbeitet – zuerst für Edgar Halcyon, den Gründer von Halcyon Communications, später für Beauchamp Day, den schmierigen Schwiegersohn von Mr. Halcyon.
Den Familiensitz bekam sie an diesem Tag jedoch zum ersten Mal zu Gesicht.
Halcyon Hill war ein riesiges, wohl aus den zwanziger Jahren stammendes Anwesen in nachgemachtem Tudorstil und stand weit von der Straße zurückgesetzt in einem hohen Eichenwäldchen. Ein schwarzer Mercedes mit FRANNI auf dem Nummernschild war in der kreisförmigen Auffahrt geparkt.
Eine alte, sehr klapprige Schwarze öffnete die Tür.
»Sie müssen Emma sein«, sagte der Gast. »Ich bin Mary Ann.«
»Ja, Ma’am, und ich bin so froh, daß …« Bevor das Hausmädchen den Satz beenden konnte, kam Frannie Halcyon in die Halle getrippelt. »Mary Ann, ich freu mich, ich freu mich wirklich sehr, daß Sie kommen konnten. Sie haben doch hoffentlich ihren Badeanzug mitgebracht?«
»Äh … er ist im Auto. Ich wußte nicht, ob …«
»Emma, holen Sie ihn bitte?«
»Wirklich, ich kann.._« Mary gab jeden Widerstand auf; das Hausmädchen wackelte schon in Richtung Auto.
»Jetzt«, sagte Mrs. Halcyon, »essen wir auf der Terrasse erst mal schön zu Mittag … ich hoffe, Sie mögen Lachs?«
»Mmmm«, sagte Mary Ann.
»Und nachher plaudern wir dann.«
»Schön.«
Die Matriarchin nahm sie fürsorglich am Arm. »Wissen Sie, junge Frau, Edgar wäre stolz auf Sie.«
Schnittchen
Hoch oben in Beverly Hills räkelten sich Michael und Ned an _____ _______s Swimmingpool und aßen zum Frühstück die Eier Benedict, die Guido ihnen gebracht hatte.
»Er geht doch«, bemerkte Michael, als der Butler wieder weg war. »Gestern abend hab ich ihn nämlich ein bißchen gruselig gefunden.«
Ned schob sich ein Toastdreieck in den Mund. »Gestern abend hat er noch gar nichts von dir gewußt. Und es ist sein Job, vorsichtig zu sein. Der National Enquirer versucht mindestens einmal die Woche, hier über die Mauer zu kommen. _______ kann von Glück sagen, daß er Guido hat.«
Ned, der dreibeinige Mischling, hoppelte auf Michaels Chaiselongue zu und streckte ihm die Schnauze hin. Er wollte gekrault werden. Michael gab nach. »Diese alten Hunde«, sagte er. »Man erwartet eigentlich was Windschnittiges, Greyhounds vielleicht. Oder auch was Einschüchterndes. Er ist mir gleich ein großes Stück nähergerückt, seit ich weiß, was für schäbige Köter er sich hält.«
»Der da ist vierzehn«, sagte Ned. »Als wir ihn gefunden haben, war er noch ein Welpe und hat in einer Mülltonne hinter
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