Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
ist?«
»Der Butler wahrscheinlich.«
»Ist er der einzige Angestellte?«
Ned schüttelte den Kopf. »Meistens ist noch ein Koch da. Und dann gibt’s noch einen Sekretär und einen Gärtner. Aber heute abend ist wahrscheinlich nur der Butler da.«
Michael schwieg eine Weile und versuchte, sich ein solches Leben vorzustellen. »Weißt du was?« fragte er schließlich.
»Was?«
»Meine Mutter hat _____ _______ immer total angehimmelt. Sie würde ausflippen, wenn sie wüßte, daß ich hier bin.«
Ned sah ihn lächelnd an. »Dann führ mal genau Buch über alles.«
»Okay … wie groß ist sein Schwanz noch mal?«
Der Gärtner lachte glucksend. »Jedenfalls so groß, daß manche Leute mißtrauisch geworden sind, was ihm seine Oskar-Nominierungen eingebracht hat.«
»Größer als ein Hot dog?« Michael kicherte nervös über seinen schlechten Witz, dann beugte er sich zu Ned hinüber und küßte ihn auf den Hals. »Ich kann das alles gar nicht fassen. Danke, mein Freund.«
Ned tat es mit einem Schulterzucken ab. »Ich glaube, ihr zwei werdet viel Spaß haben miteinander. Er ist ein richtig netter Kerl.« Ned bog von der Straße ab und hielt vor einem großen Metalltor. Dann drückte er den Knopf einer Sprechanlage, die teilweise hinter Sträuchern verborgen war.
»Ja?« ertönte eine Stimme.
»Ich bin’s, Ned.«
»Löwen und Tiger und Bären. O weh!« sagte Michael.
»Das war der Butler. Beruhig dich wieder.«
Von dort, wo sie standen, war kaum etwas zu sehen. Nur eine mit Bougainvilleen bewachsene Wand und ein Torbogen, der wohl in einen Hof führte. »Ned?«
»Ja, Bubba?«
»Das ist doch hier kein Rendezvous, oder?«
»Warum?«
»Ich weiß nicht. Ich komm mir plötzlich vor wie eine bestellte Braut oder so.«
»Keine Bange, Michael. Erwartungen existieren sicher keine, wenn du das meinst.« Ned drehte sich um und grinste seinen Freund verschmitzt an. »Zumindest nicht von seiner Seite.«
Gebete für die Gemeinde
In San Francisco sprach Pater Paddy bei einem späten Abend essen im L’Etoile über seine Schäfchen. »Die arme Bitsy«, seufzte er, während er an einer Spargelspitze knabberte. »Ich fürchte, wir müssen wieder für sie beten.«
Prue wußte, daß nur eine Bitsy gemeint sein konnte: Bitsy Liggett, die Kleptomanin der besseren Kreise. Mit ihrem Laster brachte sie die gehobene Gesellschaft schon seit fast einem Jahrzehnt in Verlegenheit.
»Ach je«, sagte Prue. Sie bemühte sich um einen frommen Unterton, obwohl das pathologische Verhalten der Frau, für die gebetet werden sollte, sie bereits eine Lalique-Vase, mehrere Hunde aus Kristallglas und eine antike Bürstengarnitur aus Schildpatt gekostet hatte.
»Das Problem ist«, klagte der Priester, »daß man sie nicht übergehen kann, oder? Ganz unmöglich. Die Liggetts sind eine gute Familie. Bitsy ist eine reizende Frau. Man muß nur auf sie gefaßt sein.«
»Wer war diesmal nicht auf sie gefaßt?«
Der Priester kräuselte die Lippen. »Vita.«
»Nein!«
»Bitsy ist in ihrem Komitee zugunsten der Erdbebenopfer in Italien. Als sie sich gestern nach dem Treffen von Vita verabschiedet hat, ist ihr eine Fabergé-Dose aus der Strumpfhose gefallen.«
»Nein!«
»Mitten in der Halle. Gibt’s was Peinlicheres?«
Prue preßte beide Hände vor den Mund und kicherte.
»Gibt’s was Peinlicheres?« wiederholte Pater Paddy und zog eine Augenbraue hoch, um die größtmögliche Komik zu erzielen. Dann sackte sein Gesicht plötzlich nach unten, als wäre er eine dahinschmelzende Wachsfigur. »Nein, die Sache ist wirklich schrecklich. Es ist eine Krankheit. Wie Alkoholismus. Wir müssen für Betsy beten, Prudy Sue.«
Dann nannte er ihr noch drei Leute, die ihre Gebete nötig hatten. Ihre eigene Neuigkeit wurde Prue beim Nachtisch los.
»Was ich Ihnen erzählen wollte«, sagte sie. »Ich habe Vuitton gefunden.«
»Oh.« Pater Paddy tätschelte ihre Hand. »Das freut mich aber, mein Kind! Wo war er? Der Arme muß ja ganz ausgehungert gewesen sein.«
Prue schüttelte den Kopf. »Das ist ja das Erstaunliche. Er ist bei so einem Kerl aus dem Park untergekommen.«
»Bei einem Parkangestellten, meinen Sie?«
»Nein. Bei einem Mann, der in einer merkwürdigen kleinen Hütte lebt. Auf dem Hügel oberhalb der Baumfarne. Er hat ein Bett und eine Feuerstelle und was man so braucht. Vuitton hat ihn anscheinend richtig ins Herz geschlossen, und ich konnte ihm gar nicht recht böse sein. Weil er Vuitton behalten hat, meine ich.«
»Er hat Sie
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