Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
gut«, sagte Mary Ann. »Es ist nur so, ich kann nicht garantieren …«
»Sie brauchen auch nichts zu garantieren … nur Ihr Schweigen für einen Monat.«
»Ach so.«
»Es gibt viertausend Dollar, wenn Sie ein Geheimnis einen Monat lang für sich behalten können. Hinterher bekommen Sie von uns … einen Exklusivbericht. Ist das ein Wort?«
Mary Ann lächelte. »Das ist ein Wort.«
»Einverstanden?«
Mary Ann zögerte nicht. »Einverstanden.«
Mrs. Halcyon strahlte.
»Also, was ist das für eine Story?« fragte Mary Ann.
Die Matriarchin gab Emma, die gleich hinter den Flügeltüren zur Terrasse stand, ein Zeichen. Das Hausmädchen eilte fort und kam bald darauf mit einer jungen, blonden, sehr mageren und braungebrannten Frau zurück.
»Das ist die Story«, sagte Frannie Halcyon. »Mary Ann, darf ich Ihnen meine Tochter DeDe vorstellen. Ich glaube, Sie haben sich schon früher mal kennengelernt.«
Das Bermuda-Dreieck
In den Kneipen, in denen Michael sich rumtrieb, wenn er das mal tat, gab es oft eine schwere schwarze Harley-Davidson, die ehrfurchtsvoll angestrahlt an verchromten Ketten von der Decke hing.
Mary Ann wiederum ging häufig in eine Kneipe namens Ciao, ein weiß gefliestes Toilet-Tech-Bistro in der Jackson Street, in dem als Ikone des Hauses ein makelloses an die Wand geschraubtes Moped verehrt wurde – eine Vespa Ciao natürlich.
Heute, am Memorial Day, wo sich Mary Ann an einem Swimmingpool in Hillsborough und Michael an einem Swimmingpool in Hollywood herumtrieben, huldigte Brian dem Motorrad seiner Wahl, einer glänzenden weinroten Indian Warrior aus den fünfziger Jahren, die von der Decke des Dartmouth Social Club hing, einer Saufkneipe für ewige Studenten in der Fillmore Street.
Wie aus dem Nichts stand plötzlich Jennifer Rabinowitz neben ihm.
»Ach du lieber Himmel, was machst du denn im Bermuda-Dreieck?«
Brian lächelte. Angehörige der Cow-Hollow-Singleszene bezeichneten die Kreuzung Fillmore und Greenwich oft als Bermuda-Dreieck. Man erzählte sich, daß Programmierer und andere Unschuldige im heiratsfähigen Alter durch diesen mysteriösen Nexus gegangen und nie wieder aufgetaucht waren.
Man mußte allerdings ein Auge zudrücken, um Jennifer das »heiratsfähige Alter« durchgehen zu lassen. Brian schenkte ihr bei Perry’s schon seit mehr als einem halben Jahrzehnt den Kaffee nach. Sie waren Veteranen der Kneipenfeldzüge, Jennifer und er, und Jennifer hängte sich mit ihrem unglaublichen Busen immer noch voll rein.
»Irgendwo muß man ja essen«, sagte Brian grinsend und hielt sein Warmes-Roastbeef-Sandwich hoch. »Schnapp dir ’nen Stuhl und setz dich.«
Sie tat genau das und grinste übers ganze Gesicht. »Du siehst gut aus, Brian. Wirklich.«
»Danke.«
»Du warst doch auf dem Dartmouth College, oder? Da mußt du dir hier ja vorkommen wie auf Besuch in der alten Heimat.« Sie deutete auf ein verspiegeltes Fenster, das mit einem Dartmouth Indian aus Blattgold verziert war. Die nostalgische Erinnerung daran, daß er früher einmal darauf bestanden hatte, den Indianer aus dem Emblem seines Colleges als Dartmouth Native American zu bezeichnen, schmerzte Brian doch ein wenig.
»Schon«, gab er zu, »aber deswegen bin ich nicht da. Ich mag die Sandwiches hier.« Als ehemaligen Zögling, der zu seinen Ursprüngen zurückkehrte, wollte er sich nun wirklich nicht hinstellen lassen.
»Klar«, sagte sie, »sie sind ja auch erste Sahne. « Sie hörte nicht auf zu lächeln. Das ist eine Anmache, sagte er sich. Warum fielen die Pfirsiche immer herunter, wenn man gar nicht am Baum rüttelte?
»Hör mal«, sagte sie, »hast du heute schon was vor?«
Er zuckte mit den Schultern. »Nur das hier.«
»Ich hab tolles Gras«, sagte sie. »Meine neue Wohnung ist gleich um die Ecke. Was hältst du davon? Auf die alten Zeiten?«
Er litt bereits mit ihr. Er mochte diese fröhliche, gutherzige Frau. Er fühlte sich ihr seit fünf oder sechs Jahren merkwürdig verbunden. Seit sie ihn beim Tarr & Feathers Sing-along vollgekotzt hatte. Er glaubte zu wissen, was sie bewegte – das gleiche, das ihn bewegt hatte, bevor Mary Ann in sein Leben getreten war.
»Ich hab eine bessere Idee«, sagte er. »Was hältst du davon, wenn ich dich auf einen Drink einlade?«
Ihr Lächeln drohte einen Moment lang abzurutschen, doch sie rettete es noch. »Klar. Was soll’s. Macht ja nichts.«
Er griff nach ihrer Hand. »Du siehst auch gut aus. Besser als je zuvor.«
»Danke.« Ihr Lächeln wirkte
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