Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
Steinplatten belegten Terrasse von Halcyon Hill, die zum Swimmingpool hinausging, genoß Mary Ann den kalten Lachs mit Grey Riesling.
Mrs. Halcyon bemühte sich außerordentlich und begleitete Mary Anns knappe, aber happige Horrorgeschichten aus der Wirklichkeit des Fernsehens mit melodramatischen Ohs und Ahs.
»Sie haben ganz recht«, pflichtete sie Mary Ann am Schluß bei. »Es ist wie bei der Mary Tyler Moore Show. Dort wird wirklich keinen Deut übertrieben.«
»Trotzdem mag ich meine Arbeit«, fügte Mary Ann eilig hinzu. »Aber ich werd sie noch mehr mögen, wenn meine Chefs mich erst mal Abendsendungen machen lassen.« Sie lächelte ein bißchen wehmütig. »Das werden sie auch früher oder später. Sie wissen es nur noch nicht.«
»Das ist die richtige Einstellung!« Mrs. Halcyon preßte ihre fleischigen, juwelengeschmückten Hände aneinander und musterte ihren Gast mit einem beifälligen Schmunzeln. »Edgar hat immer gesagt, daß Sie ehrgeizig sind. Ich hab das oft von ihm gehört.«
»Er war ein toller Chef«, antwortete Mary Ann und erwiderte das Kompliment des Toten. Sie fühlte sich unter dem beharrlichen Blick der Matriarchin zunehmend unwohl.
»Außerdem«, fuhr Mrs. Halcyon fort, »hat er erzählt, daß Sie taktvoll und außerordentlich diskret sind.«
»Na ja, ich hab mich wenigstens darum bemüht. « Mensch, was sollte das alles?
»Er hat Ihnen vertraut, Mary Ann. Und ich vertraue Ihnen ebenfalls. Sie sind eine charakterstarke junge Frau.« Ein freundliches Glitzern traf in ihre Augen. »Man hat mich in diesem Leben auf kaum etwas vorbereitet … außer auf Operngilden und die Verwaltungsräte von Museen … aber Charakterstärke kann ich ziemlich gut einschätzen, Mary Ann, und ich glaube, daß Sie mich nicht enttäuschen werden.«
Mary Ann zögerte. »Gibt es etwas … äh, Spezielles, das Sie …«
»Ich brauche eine PR-Dame. Das heißt, die Familie Halcyon braucht eine PR-Dame. Nur vorübergehend natürlich.«
»Ach so … klar, ich verstehe.« Was natürlich nicht stimmte.
»Ich glaube kaum, daß Ihre Arbeit für den Sender darunter leiden würde. Ich brauche Sie mehr oder minder als Beraterin. Ich stelle mir vor, daß ich Ihnen tausend Dollar die Woche zahle, und zwar schätzungsweise vier Wochen lang.«
Mary Ann versuchte gar nicht erst, Gelassenheit vorzugaukeln. »Das ist ganz wunderbar und sehr großzügig, nur … na ja, ich habe keine Erfahrung als PR-Beraterin, Mrs. Halcyon. Bei Halcyon Communications habe ich reine …«
»Es ist eine Story drin, Mary Ann. Eine große Story. Und sie gehört Ihnen, wenn die Zeit reif ist. Damit kommen Sie ins Abendprogramm, junge Frau … das versprech ich Ihnen.«
Mary Ann zog schicksalsergeben die Schultern hoch. »Also … was soll ich für Sie tun?«
Die Matriarchin stand auf und ging auf der Terrasse hin und her. Als sie die Hände hinter dem Rücken verschränkte, erinnerte sie so sehr an General Patton bei der Truppeninspektion, daß Mary Ann sich ein Kichern verkneifen mußte.
»Ich möchte mich einen Monat lang auf Ihre absolute Loyalität verlassen können«, sagte Frannie Halcyon. »Danach können Sie tun, was Sie für richtig halten. Die Familie Halcyon hat eine Geschichte zu erzählen, aber ich möchte, daß wir das Heft dabei selber in der Hand behalten.«
Sie blieb abrupt stehen und ballte entschlossen die kleine Faust. »Die Presse … nein, die Presse wird mich nicht so durch die Mangel drehen wie die Hearsts!«
Sie hatte sich offenbar warmgeredet, weshalb Mary Ann abwartete und ihre Gastgeberin nur durch teilnahmsvolles Nicken bestärkte. Mrs. Halcyon fuhr fort und schüttelte melancholisch den Kopf, als sie die auf der Oberfläche des Swimmingpools tanzenden Sonnenstrahlen betrachtete.
»Die arme Catherine«, psalmodierte sie. »Ihre Familie wußte alles über den Journalismus, aber nichts über PR.«
Mary Ann lächelte zustimmend. Diese Witwe aus gutem Hause war nicht dumm.
Mrs. Halcyon fuhr fort: »Mein Mann hat Ihnen sicher beigebracht, daß die wirklich guten PR-Leute die sind, die den Namen anderer Leute aus den Zeitungen heraushalten. Und genau das sollen Sie für mich tun, Mary Ann … wenigstens einen Monat lang.«
»Warum einen Monat?«
»Die Erklärung kommt noch. Das Entscheidende ist: Wenn Sie mein Angebot annehmen, möchte ich nicht, daß nächste Woche Barbara Walters bei mir durchs Gebüsch streicht. Ich bin zu alt, um es allein mit dem Fernsehen aufzunehmen, Mary Ann.«
»Das versteh ich
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