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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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ehrlich erfreut. Dann kramte sie eine Zigarette aus der Handtasche und gab sich selbst Feuer. »Ich hab mir deine Freundin die ganze Woche angesehen«, sagte sie.
    »Wen?«
    »Das Mädchen mit den Nachmittagsfilmen. Sie ist doch jetzt deine Freundin, oder?«
    Brian wurde rot. »Irgendwie schon«, sagte er. »Aber nicht so richtig.«
    »Ich find sie sehr gut. So natürlich. Das sieht man selten im Fernsehen.«
    »Ich werd es ihr ausrichten.«
    »Nur zu.« Jennifer machte einen tiefen Zug an ihrer Zigarette und taxierte ihn mit leichtem Amüsement. »Du bist jetzt gezähmt, was?«
    »Jennifer, ich …«
    »Das macht doch nichts, Brian. Das ist schon ganz anderen passiert. Ich selber bin ja aus Prinzip Single.«
    »Ja?«
    Jennifer nickte sehr langsam. »Aus Prinzip.«
    »Was soll’s«, sagte Brian.
    »Genau.« Sie zwinkerte ihm kurz zu und faßte ihm dann zärtlich unters Kinn. »Manche Typen sehen ihre Chancen auf einen netten Fick selbst dann nicht, wenn sie ihn auf dem Tablett serviert kriegen.«

Pfeif doch mal
    Vuitton sprang die vertraute Sandböschung hinunter und fing vor der Hüttentür fröhlich zu bellen an. Luke kam fast sofort heraus und begrüßte seinen früheren Kumpan. »Whitey, alter Junge … du bist wieder da!« Er blickte zu Prue hinauf, der es etwas peinlich war, daß sie die Intimität dieses Wiedersehens störte. »Der Kerl hat mir richtig gefehlt«, sagte er.
    Sie lächelte leicht verlegen. »Sie haben ihm anscheinend auch gefehlt.«
    »Einen schönen Memorial Day«, sagte Luke grinsend.
    »Ihnen auch.«
    »Ich hab Kaffee, wenn Sie …«
    »Mit Vergnügen«, sagte Prue. Es fiel ihr auf, daß sie sich durch die Einladung diesmal beinahe ausgezeichnet fühlte. Ganz wie das kleine Mädchen aus dem Märchen, nachdem es das Vertrauen des Trolls gewonnen hat, der unter der Dorfbrücke lebt.
    Allerdings war Luke kein Troll. Wenn man seine schäbigen Kleider und seine Umgebung abzog, blieb ein recht beeindruckender Mann übrig. Die bernsteinfarbene Haut und die hohen Wangenknochen ließen … ja, auf was ließen sie schließen? … auf indianische Abstammung?
    Sie folgte ihm in die Hütte und setzte sich auf den großen Schaumgummiklotz. Vuitton blieb draußen und hetzte kleines Getier durch das Unterholz. Als Prue ihn rief, gab Luke ihr einen Rat: »Er kennt sich hier aus. Machen Sie sich keine Gedanken. Er kommt schon, wenn er wirklich soll.« Er reichte der Kolumnistin einen Becher mit dampfendem Kaffee und schaute ihr tief in die Augen. »Er ist jetzt zu Hause.«
    Prue zögerte etwas, dann senkte sie den Blick. »Der Kaffee riecht köstlich.«
    »Schön. Freut mich, daß er Ihnen zusagt.«
    »Ach so, Luke … äh, Ihnen ist nicht zufällig eine kleine silberne Pfeife untergekommen, wie?«
    Lächelnd öffnete er eine Zigarrenkiste, die auf dem Regal über der Feuerstelle stand. Er gab ihr das Tiffany-Kinkerlitzchen.
    Prue strahlte. »Gott sei Dank. Ich hänge so sehr an dem dummen Ding. Mein Mann hat es mir zur Scheidung geschenkt.«
    »Sie haben sie auf der Felsbank verloren. Ich hab sie für Sie aufgehoben.«
    »Ach, bin ich froh. Vielen, vielen Dank.«
    Es lag etwas Sanftes und Jungenhaftes in seinem Blick, als er sie ansah. »So was ist ein guter Schutz für eine Frau. Ich hab mir Sorgen gemacht um Sie ohne das Ding. Es rennen ’ne Menge Irre rum heutzutage.« Als er lächelte, entblößte er überraschend ebenmäßige und weiße Zähne. »Mich würden wahrscheinlich auch viele für verrückt halten, hm?«
    »Ich nicht«, sagte Prue.
    »Sie haben’s doch schon getan«, erwiderte Luke ohne Groll. »Das ist normal. Die Menschen gehen nach den Häusern, in denen andere leben, und nach den Kleidern, die sie tragen. Es dauert eben ein bißchen, bis man ins Herz hineinsieht, nicht?«
    »Ja«, sagte Prue, »vermutlich.« Sie senkte den Blick und blies in ihren Kaffee. Seine richtige Einschätzung ihrer ersten Begegnung beeindruckte sie und machte sie verlegen.
    »Wissen Sie, wer mir vertraut?«
    Prue wurde rot. »Luke, es tut mir leid. Ich vertraue Ihnen. Ich war nur …« Sie wußte nicht weiter und hob resigniert die Hände.
    Luke vergab ihr mit einem Lächeln. »Außer Ihnen, meine ich.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Passen Sie mal auf«, sagte Luke und setzte sich auf die Kante seines Betts. Er trommelte mit den Fingern auf den gestampften Boden. »Chipper, Jack, Dusty …«
    Wie aufs Stichwort wuselten drei Backenhörnchen unter dem Bett hervor und kletterten auf Lukes Hand. Er hob sie an sein

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