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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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»Sie muß auch nicht toll sein.«
    »Schön.«
    »Es muß auch gar nicht mal deine Wohnung sein. Meine steht auch zur Verfügung.«
    »Wo wohnst du?«
    »Auf dem Russian Hill.«
    »Komm«, sagte der Mann, »zu mir ist es näher.«
    Er wohnte in der 17th Street im Mission. Seine winzige Einzimmerwohnung war langweilig eingerichtet, doch es gab ein paar liebenswerte Entgleisungen in den Kitsch (ein Mike-Mentzer-Poster, eine Lavalampe, eine Plastik-Cable-Car als Übertopf für einen halbtoten Philodendron).
    Michael war enorm erleichtert. Bill Rivera hatte keinen schlechten Geschmack – er hatte gar keinen. Schwule ohne jeden Geschmack waren oft die allergeilsten. Außerdem, dachte Michael, würde er in dem Fall, daß wir je zusammenwohnen sollten, wahrscheinlich mir die Einrichtung überlassen.
    Dann entdeckte er die Handschellen auf dem Nachttisch.
    »Äh … entschuldige?«
    Bill schaute auf. Er saß auf der Bettkante und zog seine Hush Puppies aus. »Ja?«
    Michael hielt die Handschellen hoch, als würde er Beweisstück Nummer eins zeigen. »Du stehst doch nicht auf so was, oder?«
    Bill schüttelte den Kopf. »Damit verdien ich bloß mein Geld.«
    »Hm …?«
    »Ich bin Bulle. Heißt das, daß du wieder gehen willst?«
    »Moment …« Michael war sprachlos.
    Bill stand auf, zog eine Kommodenschublade auf, holte etwas heraus und streckte es seinem Ankläger entgegen.
    »Meine Dienstmarke, okay?«
    Michael sah die Marke an, dann Bill, dann wieder die Marke.
    »Okay?« fragte Bill.
    »Okay«, sagte Michael.
    Wie betäubt setzte er sich neben den Polizisten aufs Bett und machte sich über seine Schuhbänder her. »Was für eine tolle Wohnung«, sagte er.

Das Pygmalion-Projekt
    Prue hatte schon drei Blätter wieder aus der Schreibmaschine gerissen, als ihre Sekretärin ins Zimmer kam.
    »Pater Paddy ist am Telefon«, sagte sie. »Er sagt, es dauert nicht lange.«
    Prue stöhnte leise und griff nach dem Hörer. »Ja, Pater?«
    »Ich weiß, daß Sie Redaktionsschluß haben, Liebste, aber Sie müssen mir ein paar Fragen beantworten.«
    »Schießen Sie los.«
    »Wie sieht’s mit Ihren Terminen aus? In den nächsten drei Wochen oder so.«
    Prue zögerte. »Was soll das werden?«
    »Na, na! Was sind wir doch wieder unfreundlich heute. Geben Sie einfach Antwort, mein Kind.«
    Prue schaute in ihren Terminkalender. »Okay«, sagte sie. »Sieht eigentlich ganz gut aus.«
    »Schön. Sehen Sie zu, daß es so bleibt.«
    »Pater …«
    »Und sagen Sie Ihrem Waldschrat, daß er seine Tanzkarte ebenfalls freihalten soll. Ich hab was vor mit Ihnen beiden.«
    »Was?«
    »Nur mit der Ruhe. Alles zur rechten Zeit, mein Kind, alles zur rechten Zeit.«
    »Pater, ich weiß ja nicht, was Sie aushecken, aber ich kann Ihnen gleich sagen, daß Luke nicht … na ja, er ist keiner von den Menschen, die sich von anderen etwas befehlen lassen.«
    »Auch nicht von Ihnen?«
    »Natürlich nicht!«
    »Aber es ist doch so, Prue: Wenn er sich wirklich etwas aus Ihnen macht … wenn er ein Teil Ihres Lebens sein möchte, dann sollte er auch bereit sein, sich mit Ihnen irgendwo … in der Mitte zu treffen.«
    »Darüber haben wir uns schon unterhalten. Es gibt keine Mitte.«
    »Da bin ich aber ganz anderer Meinung! Es gibt etwas, das seiner Liebe zur Natur und Ihrem Sinn für Angemessenheit entgegenkommt. Mein Gott, Mädchen … sind Sie denn glücklich?«
    Nach längerem Schweigen: »Nein.«
    »Nein«, wiederholte Pater Paddy. »Sind Sie nicht. Und warum sind Sie nicht glücklich? Weil Sie in dieses Wesen verliebt sind und Tag und Nacht mit ihm Zusammensein möchten.« Der Geistliche legte eine spannungssteigernde Pause ein und senkte dann die Stimme, um mehr Nachdruck zu erreichen. »Und genau das sollen Sie haben, Liebste. Ich werde Ihnen zu dem verhelfen, was Sie haben möchten.«
    Prue seufzte hörbar. »Wenn Sie mir nicht sagen wollen, was es ist, wie soll ich dann …«
    »Schon gut, schon gut …«
    Also sagte er es ihr.

Der Countdown
    Die Schlange für Jäger des verlorenen Schatzes war so hoffnungslos lang, daß Mary Ann und Brian beschlossen, auf ihre Kinopläne zu verzichten und zu Hause fernzusehen.
    »Das ist mir sowieso lieber«, sagte Mary Ann, als sie ihr McChicken-Sandwich aus seinem Styroporsarg hob. »Meine letzte Junk-food-und-Fernseh-Orgie ist schon ewig her.«
    Brian schluckte einen Riesenbissen Big Mac hinunter und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Jedenfalls schlägt es nicht aufs Portemonnaie.« Er warf Mary

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