Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
blinzelte ein paarmal, bevor sie verschlafen lächelte. »Das war Gedankenübertragung«, sagte sie.
»Ja?«
»Es hat mich den ganzen Tag beschäftigt. Ich hab’s dann auf den Stier geschoben, der grad in der Venus steht. Was hast du für eine Entschuldigung?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich hab gedacht, daß ich dir den Antrag besser mache, bevor du auf dem People- Titelbist.«
Sie grinste. »Da kannst du dir noch Zeit lassen.«
»Nein. Ich bin stolz auf dich. Und das sollst du auch wissen. Du wirst ganz groß rauskommen, Mary Ann, und du hast es auch wirklich verdient. Du bist nämlich ein toller Mensch.«
Sie schaute ihn lange liebevoll an. Dann klopfte sie auf den Platz neben sich. »Warum bist du nicht im Bett?«
»Wechsel nicht das Thema. Bewundern kann ich dich auch von hier.«
»Wie’s dem Herrn beliebt.« Außerdem stimmte es; sie spürte es beinahe körperlich.
»Wann ist die Pressekonferenz?« fragte er.
»Am Dienstag.«
Brian pfiff durch die Zähne. »Das ist ja schon bald.«
»Eigentlich ist es gar keine Pressekonferenz. Sie geben mir keine Sendezeit, ohne daß sie wissen, was ich damit anstelle, und ich hab nicht vor, jetzt schon was zu verraten.«
»Was tust du dann?«
»Ich hab doch meine eigene Sendung, oder?«
Als es ihm dämmerte, schüttelte Brian fassungslos den Kopf. »Mensch, das ist brillant!«
Mary Ann nahm sein Kompliment mit einem huldvollen Nicken entgegen. »Wie viele Jonestown-Flüchtlinge gibt’s schon, die in der Nachmittagsfilmshow Wiederauferstehung feiern? Ich denke, wir können die Bombe hochgehen lassen und dann warten, daß jemand anderes die Pressekonferenz organisiert.«
»Was für eine Bombe ist es denn?«
»Wieso?«
»Ich meine … gib mir doch mal ’ne kleine Vorschau.«
»Na ja …« Mary Ann überlegte kurz. Über DeDes Doppelgängertheorie wollte sie noch nicht reden. Die war ihr immer noch zu unsicher. »Erstens ist sie in einer Blechtonne, die für tropische Fische gedacht war, den Fluß runtergefahren. Und zweitens hat Jones sie vergewaltigt, als sie einmal bettlägerig war.«
»Mensch«, murmelte Brian. »Das finden die Leute sicher spannend.«
»Ja, es reicht für einen Auftritt.«
»Glaubst du, ihr könnt das in fünf Minuten alles abhandeln?«
Mary Ann schüttelte den Kopf. »Das versuchen wir gar nicht erst. Wir skizzieren nur das Wichtigste, und den Rest kriegt dann der Meistbietende. Ich hab es gern, wenn so was nach meinen Vorstellungen läuft. Apropos, komm doch ins Bett.«
»Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Ich weiß.«
»Eigentlich mußt du’s auch nicht. Ich wollte dich nur fragen, bevor der ganze Wirbel losgeht. Du solltest es schon mal wissen.«
»Und das freut mich.« Sie lächelte ihn zärtlich an. »Du weißt gar nicht, wie.«
Claire
»Wo, Gangie, wo?«
Klein Edgar hüpfte vor Begeisterung, als er von der Sagafjord aus die Wale zu erspähen versuchte, die steuerbords gesichtet worden waren. Seine Schwester Anna war etwas weniger beeindruckt und stand ruhig neben ihm.
Frannie hockte neben den beiden Vierjährigen und zeigte aufs Meer hinaus. »Siehst du? Dort drüben … der große Wasserstrahl. Das ist der Wal. Er hat auf dem Rücken ein Loch, und da bläst er das ganze Wasser durch.«
Edgar runzelte die Stirn. »Hat ihn wer angeschossen?«
»Nein, mein Schatz … warum sollte …? Ach so, das Loch. Na ja, weißt du … alle Wale haben so ein Loch, damit sie … damit sie das Wasser da rausblasen können.« Frannie seufzte leise und warf Claire McAllister einen flehenden Blick zu. »Helfen Sie mir doch.«
Claire lachte kehlig. »Wozu ein Wal ein Loch hat? Wenn man mir so eine Frage stellt, ist das immer gefährlich, Liebes!«
Frannie kicherte. Claire war eine ehemalige Revuesängerin undefinierbaren Alters und hatte eine chronische Schwäche für anzügliche Bemerkungen und schlüpfrige Witze. Ihre sehr roten Lippen und ihre sehr schwarzen Haare erinnerten einen dunkel an Ann Miller, doch Claire hatte dem Showbusiness schon vor langer Zeit Lebewohl gesagt. Im Moment war sie mit dem drittreichsten Mann von Oklahoma verheiratet.
»Schon gut«, sagte Frannie lächelnd. »Vergessen Sie’s.«
Claire lächelte die Zwillinge freundlich an. »Die beiden sind einfach süß, Frannie. Wie sagen sie immer zu Ihnen?«
Frannie wurde rot. »Äh … Gangie. Das ist nur ein Kosename. Frannie ist ein bißchen zu persönlich … und Mrs. Halcyon wäre dann doch etwas zu … formell.«
»Gangie«,
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