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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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wir sie länger als zwei oder drei Tage hierbehalten. Ich hoffe es jedenfalls nicht. Sie hat gesagt, daß sie am Freitag nachmittag im Sender sein muß. Und spätestens dann wird jemand argwöhnisch.«
    »Das hat Mary Ann schon geregelt«, sagte Brian.
    »Wie?« fragte Michael.
    »Sie hat im Sender angerufen und gesagt, daß sie und Bambi hinter einer großen Story her sind und nicht vorm Wochenende zurückkommen. Der Nachrichtenchef war ganz schön stinkig, aber er hat’s ihr abgekauft. Was hätt er sonst auch tun sollen?«
    »Dann weiß also sonst niemand, daß DeDe und die Kinder am Leben sind?«
    »Niemand außer dem Entführer«, sagte Brian.
    »Und sie haben noch keine Vorstellung, wer er ist?«
    Brian schüttelte den Kopf. »Irgendein Kerl, den Mrs. Halcyon auf dem Schiff kennengelernt hat. Mary Ann ist überzeugt, daß sie nur dann eine Chance haben, die Kinder lebend zurückzuholen, wenn die Medien keinen Wind davon kriegen.«
    »Mehr braucht’s für mich gar nicht«, sagte Mrs. Madrigal.
    »Sie hätt uns nicht gebeten, das zu tun«, schob Brian nach, »wenn die Lage nicht hochgradig brenzlig wäre.« Er wandte sich der Vermieterin zu. »Haben Sie ihr eigentlich Mary Anns Notizen abgenommen?«
    Mrs. Madrigal nickte. »Ich hab sie in meinen Tresor gesperrt.«
    »Sehr schön. Wir werden schon ohne Schaden rauskommen aus der Sache. Ich meine … es ist ja nicht so, als würden wir sie foltern oder Lösegeld für sie verlangen.«
    »Wie recht du doch hast«, sagte Michael ungerührt. »Vielleicht denken wir nicht groß genug.«
    »Also Michael!« Mrs. Madrigal wies ihn mit einem strafenden Blick zurecht.
    Brian wandte sich an die Vermieterin: »Ich find’s toll, daß Sie hier mitmachen. Mary Ann hat gesagt, daß sie die gesamte Verantwortung übernimmt, wenn sie zurück ist.«
    Mrs. Madrigals Lächeln wirkte verständlicherweise etwas müde. »Ich mach es nicht nur ihr zuliebe, weißt du.«
    »Was heißt das?«
    »Es geht mir um die Kinder«, erklärte die Vermieterin. »Ich hab eine ganze Woche geheult, als ich gelesen habe, daß sie in Guyana verschwunden sind.«
    »Sie haben sie gekannt?« fragte Michael.
    Mrs. Madrigal lächelte matt und schüttelte den Kopf. »Ich hab ihren Großvater gekannt.«
    »Mary Anns alten Chef?«
    Erneutes Nicken.
    »Sie meinen, Sie …?«
    »Wir hatten kurz vor seinem Tod eine sehr angenehme kleine Affäre. Nichts Weltbewegendes, aber … nett.«
    Die beiden Männer sahen sie verblüfft an.
    Auf ihre damenhafte Art genoß die Vermieterin die Verwirrung der beiden. »Wenn ich mich nicht täusche, heißt eins von den Zwillingskindern nach mir. Ich nehme an, das kleine Mädchen.«
    »Stimmt«, sagte Brian lachend. »Sie heißt Anna. Mary Ann hat mir das erzählt. Mensch, Sie sind ja vielleicht ’ne Nummer!«
    »Der kleine Junge heißt Edgar«, fügte Mrs. Madrigal hinzu. »Edgar und Anna. Ist die Symbolik nicht ganz wunderbar? Unserer Affäre ist durch diese Kinder ein Denkmal gesetzt worden. Und sie werden wohlbehalten und gesund nach Hause zurückkommen. Selbst wenn ich dafür dieses lächerliche Weibsbild im Keller erwürgen muß.«
    Michael sah sie bewundernd an. »Das gibt doch das perfekte ›höhere‹ Motiv ab!«
    Die Vermieterin gab ihren beiden Jungs einen unbeschwerte Puff. »Wie wär’s mit ein paar Brownies für meine Komplizen?«
    »Wann hatten Sie denn dafür noch Zeit?« fragte Michael.
    »Tja … ich hab für unsern Logiergast einen ganzen Schwung davon gemacht, und es sind noch ’ne Menge übrig.«
    »Sie haben sie vollgeknallt?«
    Mrs. Madrigal schaute entschlossen drein. »Ich möchte, daß sie sich wohl fühlt.«
    »Die Frau weiß, wie man mit Gefangenen umzugehen hat«, sagte Brian.

Die Diomedes-Inseln
    Nach mehrstündiger Suche fanden Mary Ann und DeDe in Nome einen Eskimo-Buschpiloten, der ihren Anforderungen exakt entsprach. Er hieß Willie Omiak, und sein Cousin Andy hatte die letzten vier Jahre als National Guardsman auf Little Diomede Dienst getan.
    »Er kann’s behalten«, verkündete Willi, der dazu den Motorenlärm überschreien mußte. »Mir ist Nome schon klein genug. Ich hab’s mal einige Zeit in Wales versucht, und sogar dort bin ich verrückt geworden.«
    »Sie meinen … auf den Britischen Inseln?« Mary Ann konnte sich diesen rundgesichtigen, braunhäutigen jungen Kerl nicht unter lauter Walisern vorstellen.
    Der Eskimo grinste. »In Wales, Alaska. Das ist von den Diomedes-Inseln aus die erste Stadt auf dem Festland. Wir werden

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