Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
kennt.« Schon allein bei dem Gedanken schossen ihr von neuem die Tränen in die Augen.
Pater Paddy hatte sie wohl schniefen gehört. »Meine Liebe … Sie meinen doch nicht … im biblischen Sinn?«
»Doch!« schluchzte die Kolumnistin.
»Du meine Güte«, sagte der Priester. »Hat Sie Ihnen gesagt, daß sie und er mal zusammen waren?«
»Nicht direkt. Aber sie weiß was über ihn, das sie schlecht wissen könnte, wenn sie mit ihm nicht … intim gewesen wäre.«
Der Priester schnaufte vernehmlich. »Und zwar?«
Prue zögerte. »Ich wüßte nicht, wofür das wichtig wäre. Sie weiß es einfach, das ist alles.«
Langes Schweigen. »Tja, dann … ich glaube, draußen wartet Kundschaft.«
»Aber, Pater … was soll ich tun ?«
»Sie haben schon alles getan, mein Kind. Sie haben denen erzählt, was Sie wissen.«
»Aber von der Hütte im Park hab ich nichts erzählt … oder von dem falschen Ausweis. Und ich hab nicht erzählt, daß ich Luke schon vor der Reise gekannt habe.«
»Das spielt keine Rolle. Es ist völlig klar, daß Sie in irgendwelche amourösen Kabbeleien zwischen DeDe und Luke geraten sind. Sicher tut es weh, so etwas zu akzeptieren, aber Sie dürfen sich von Ihren Gefühlen nicht zu etwas Unüberlegtem hinreißen lassen. Ich an Ihrer Stelle würde mal einige Zeit von der Bildfläche …«
»Aber er hat doch ihre Kinder mitgenommen, Pater!«
»Na ja, das ist natürlich schrecklich … aber Ihr kleines Intermezzo mit Luke ist wohl kaum der Grund für DeDes Notlage. Woher kennt sie ihn überhaupt? Haben Sie nicht gesagt, daß sie sich seit ihrer Rückkehr aus Kuba in Frannies Haus versteckt gehalten hat?«
»Ich weiß nicht genau. Vielleicht … Sie glauben doch nicht, daß sie ihn aus Guyana kennt, oder?«
»Ich hab mich schon gefragt, wann Sie auf den Gedanken kommen.«
»Sie meinen … ein Tempel-Mitglied?«
»Das wäre sicher möglich«, sagte der Geistliche. »Sagen Sie, wollen Sie in so was denn wirklich hineingezogen werden, meine Liebe?«
»Ich stecke doch schon mittendrin, Pater. Wenn sie ihn finden und er Ihren Ausweis bei sich hat …«
»Dann werde ich ihnen die Wahrheit sagen.«
»Aber …«
»Ich werde ihnen erzählen, daß ich zirka vor einem Monat meine Brieftasche im Park verloren habe. Und Sie werden das bestätigen, denn Sie waren damals mit mir unterwegs. Und damit wird die Sache gegessen sein. Haben Sie mich verstanden, meine Liebe?«
»Ich glaube schon«, sagte Prue.
»Schön. Dann gehen Sie jetzt. Und seien Sie ein braves Mädchen. Es kommt alles wieder in Ordnung … das verspreche ich Ihnen.«
»Aber … was ist, wenn er ihnen von mir erzählt?«
»Dann werden sie sich zwischen dem Wort einer reputierlichen Kolumnistin und dem eines Kindesentführers entscheiden müssen. Das sollte nicht allzu schwer sein. Jetzt aber raus mit Ihnen! Die Kundschaft wartet. Und, Prue … lassen Sie das alles hinter sich, meine Liebe.«
»In Ordnung.«
»Das heißt: Halten Sie sich von der Hütte fern. «
»Okay«, sagte Prue niedergeschlagen.
»Gottes Segen«, sagte Pater Paddy.
Tee
Sie kam pünktlich auf die Minute. Brian hatte es nicht anders erwartet.
»Sie sind Bambi«, sagte er so herzlich wie möglich und hielt ihr die Hand hin. »Ich bin Brian, Mary Anns Freund. Ich schau Sie mir immer im Fernsehen an.«
Sie erwiderte seinen Händedruck kaum. »Sie ist nicht da, hm?« Während sie es sagte, sah sie sich forschend im Zimmer um, als könnte sie Mary Ann dabei erwischen, wie sie unter einem Tischtuch hervorlugte oder sich hinter einem Vorhang versteckte. »Ich hab nämlich nicht viel Zeit, wissen Sie.«
»Sie hat grade vom Flughafen angerufen«, sagte Brian. »Sie hatte wohl Schwierigkeiten, in Denver einen Anschlußflug zu kriegen … der Fluglotsenstreik. Geben Sie mir doch Ihre Jacke. Ich bin sicher, daß sie bald da ist.«
Bambi schlüpfte aus ihrer bronzemetallicfarbenen Windjacke, behielt die dazupassende Schultertasche aber bei sich. Während Brian die Jacke über einen Stuhl hängte, grinste er mit kalkulierter Jungenhaftigkeit und sagte: »In natura sehen Sie sogar noch besser aus.«
»Danke«, sagte Bambi.
Wieder ein Grinsen. Diesmal zog er leicht den Kopf ein. »Sie kriegen das wohl oft zu hören, hm?«
Die Nachrichtenfrau zuckte mit den Schultern. »Man hört’s aber immer wieder gern.« Brian lümmelte sich auf das Sofa und spreizte lässig seine in Jeans steckenden Beine. »Ihren Bericht über die gebrochene Gasleitung fand ich übrigens toll.
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