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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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daß er gefragt hatte. »Ist ja nicht wichtig«, sagte er.
    »Nein, ist es auch nicht«, stimmte ihm Brian lächelnd zu. Er wandte sich an seine Frau. »Oder?«
    »Kein bißchen«, sagte sie.
    Ein verlegenes Schweigen trat ein. »Ich komm mir irgendwie ’n bißchen doof vor«, sagte Mary Ann. »Unser Baby ist uns … einfach so in den Schoß gefallen. Ich hab das Gefühl, ich hätte was dazu tun müssen.«
    »Hast du doch«, meinte Brian.
    Sie warf ihm einen merkwürdigen Blick zu, den Michael sich nicht erklären konnte.
    »Im Ernst«, sagte Brian und schaute auf das Baby herunter. »Was zählt, ist der gute Vorsatz.«
    Mary Ann wirkte ein wenig verunsichert. »Na … wir wollten sie dir nur mal vorstellen.«
    »Sie ist ein Traum«, sagte Michael und meinte es auch.
    Als er wieder nach unten ging, fand er einen Joint, der mit Klebeband an seiner Tür befestigt war. Auf einem Zettel stand: Rauch ihn und mach ein Nickerchen vor dem Abendessen. AM. Mit einem Lächeln löste er den Joint von der Tür und schloß auf.
    Nur wenig erinnerte noch an Simon: eine halbleere Flasche Brandy; ein paar Rolling Stone -Hefte; fremde Telefonnummern auf dem Schreibblock neben dem Apparat. Die Wohnung war eigentlich wie immer. Nichts besonderes. Nur sein Zuhause.
    Ein Joint und ein Nickerchen. Das hörte sich gut an. Er erinnerte sich an seinen Koffer und holte ihn ins Zimmer. Er legte ihn aufs Sofa, ließ die Verschlüsse aufschnappen und tastete nach seiner Zahnbürste. Dabei stieß er auf ein Schächtelchen mit dem Aufdruck einer Geschenkboutique in Moreton-in-Marsh. In die Seite waren kleine Luftlöcher gebohrt.
    Er hob den Deckel ab und entdeckte zwischen Seidenpapier einen kleinen Fuchs aus Porzellan.
    Und einen Zettel: Such ihm ein gutes Zuhause. Herzlich, Wilfred.

Requiem
    Ort der Trauerfeier für Connie war die kleine Kapelle eines Bestattungsinstituts in den Avenues. Mary Ann und Michael gehörten zu den ersten, die sich einfanden. Sie setzten sich ganz nach hinten, außer Hörweite der anderen Trauergäste. Nach einer Weile kam ein Priester aus einer Tür seitlich vom Altar und fing an, auf einem Rednerpult Karteikarten mit Notizen zu ordnen.
    »He«, flüsterte Michael. »Ist das nicht Pater Paddy?«
    Sie nickte.
    »Ich wußte gar nicht, daß Connie katholisch war.«
    »War sie auch nicht. Ich hab ihn gebeten, die Andacht zu halten. Bei Trauerfeiern in diesen Bestattungsinstituten geht’s immer … ach, du weißt schon … so geschäftsmäßig zu. Ich fand es nett, wenn sie einen richtigen Priester kriegt.«
    Er nickte.
    »Ich fühl mich so elend, Mouse.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich … weil ich es eigentlich gar nicht verdiene, daß ich ihr Baby hab.«
    »Na, jetzt hör aber auf.«
    »Doch. Ich war so gemein zu ihr.«
    »Hör mal … sie hätte es nicht getan, wenn sie nicht gedacht hätte, daß du ein guter Mensch bist.«
    Sie schwieg.
    »Du weißt, daß ich recht hab.«
    »Es ist nicht nur das Baby«, sagte sie.
    »Was denn noch?«
    »Sie hat meine Ehe gerettet, Mouse.«
    »Ach komm.«
    »Doch. Er war drauf und dran, mich zu verlassen, als ihr Bruder das Baby brachte.«
    »Brian hätte dich niemals verlassen.«
    »Da bin ich nicht so sicher.«
    »Na, ich aber. Das ist doch Quatsch.«
    Pater Paddy erkannte Mary Ann und winkte ihr fröhlich zu. Sie winkte zurück und wandte sich wieder an Michael. »Ich hab Brian entsetzliche Sachen zugemutet.«
    »Womit denn?«
    »Ach … das möchte ich lieber nicht sagen.«
    »Na schön, dann erwarte auch nicht von mir, daß ich dich in deinen Schuldgefühlen bestärke.«
    Sie fingerte an ihrem Programmzettel mit dem Ablauf der Trauerfeier herum.
    »Paß mal auf«, flüsterte er. »Was immer du gemacht hast … Connie ist nicht für deine Sünden gestorben. Sie ist einfach gestorben.«
    Sie nickte.
    »Das ist doch sonst nicht deine Art, Kleines.« Er sah, daß ihr die Tränen kamen, und griff nach ihrer Hand. »Warum bist du so verstört?«
    Ein Mann mit randloser Brille setzte sich an die elektrische Orgel und begann, »Turn Away« zu spielen.
    Michael war entgeistert »Wer hat das denn bestellt?« fragte er.
    »Sie selbst«, schluchzte Mary Ann. »Vor ihrem Tod.« Sie hielt krampfhaft seine Hand fest. »Es war ihr Lieblingssong.«
    Er überlegte einen Augenblick. »Dann heißt das ja …«
    Sie nickte.
    »Das hier ist der Traum, den du hattest!«
    Wieder ein Nicken.
    »Und … aber klar! … Brian kam darin nicht vor, weil er jetzt zu Hause ist und auf das Baby

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