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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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zurück an den Ort seines jähen Hinscheidens.
    »Ausgezeichnet«, meinte Miss Treves zufrieden, als sie die Lage des Toten betrachtete. »Ich finde, so wirkt es sehr natürlich.« Sie wandte sich zum Gehen. »Dann mache ich mich jetzt auf den Heimweg. Würden Sie mich anrufen, mein Bester, wenn die Polizei wieder weg ist? Meine Telefonnummer steht auf dem Zettel am Kühlschrank. Unter ›Nanny‹.«
    »Oh … ja, gut.«
    »Ich wohne gleich um die Ecke. Chepstow Villas.« Sie lächelte ihm aufmunternd zu. »Kopf hoch, mein Lieber. Bald ist alles ausgestanden.«
    Sie griff nach dem Türknauf – vielmehr langte sie hinauf-, verharrte, drehte sich noch einmal um und sagte mit einem wehmütigen Blick auf die Leiche: »Wiedersehn, Bunny. Glückliche Reise.« Ihre Augen schimmerten feucht, als sie Michael ansah. »Er war ja so ein Kind. Ein großes, pummeliges Kind.«

Mehr wird nicht verraten
    Mary Ann schnitt gerade eine Kiwi in Scheiben, als Michaels Anruf kam.
    »Du klingst so nah«, sagte sie. »Bist du sicher, daß du in London bist?«
    »Ich bin sicher.« Sein Tonfall wirkte ein bißchen ironisch.
    »Hast du was?«
    »Nein … mir geht’s gut. Wieviel Uhr ist es bei euch?«
    »Ach … Zeit zum Abendessen.«
    »Ist Simon da?«
    »Nein. Warum sollte er hier sein?«
    »Ich meinte … im Haus.«
    »Oh.« Sie hatte offenbar viel zu defensiv reagiert. »Er und Brian sind gerade joggen. Wir haben ihn zum Abendessen eingeladen. Moment … wieviel Uhr ist es denn bei euch da drüben?«
    »Spät. Oder eher früh. Ich hab gerade einen Bobby zur Tür gebracht.«
    »Einen Bobby?« Sie kicherte. »Du scheinst es ja ganz gut zu bringen.«
    »Nicht auf die Tour.«
    »Oh.«
    »Ein Mann hat in unserem Hausflur einen Herzschlag gekriegt. Er hat sich mit einem geprügelt und ist direkt vor meiner Tür tot umgefallen.«
    »Ach Mouse … wie schrecklich.«
    »Ja.«
    »Bist du in Ordnung?«
    »Klar.«
    »Du klingst aber nicht so.«
    »Na ja … ich bin wahrscheinlich leicht angeschlagen. Ich bin es nicht gewöhnt, verhört zu werden.«
    »Was wollten sie denn wissen?«
    »Ach, nur … was ich gehört hab.«
    »Und was hast du gehört?«
    »Eigentlich nicht viel. Nur zwei Betrunkene, die rumgeschrien haben.«
    »War es jemand, den du gekannt hast?«
    »Nein. Na ja … der eine wohnt über mir. Er ist weggerannt, als … der Kerl einen Herzschlag kriegte. Jedenfalls ist es jetzt vorbei. Und wie geht’s dir, mein Schatz?«
    »Bestens. Na ja … gut. Passabel.«
    »Amüsiert sich Simon?«
    »O ja. Soviel ich weiß.«
    »Ich hab eine Nachricht für ihn. Sag ihm, Fabia Dane war hier. Sie hieß mal Fabia … äh … Pumphrey, aber sie hat geheiratet und möchte, daß er …«
    »Moment, das schreib ich mir lieber auf.« Sie suchte hektisch nach einem Bleistift. »Wie war noch mal der Name?«
    Er buchstabierte ihn für sie. »Sie gibt eine Sommerparty auf ihrem neuen Landsitz. Die Einladung schickt sie ihm noch. Ihr Mann macht Kartoffelchips. Und sie ist eine Fotze.«
    »Gehört das noch zur Nachricht?«
    »Das ist eine Fußnote. Ich glaube, er weiß es eh schon.«
    »Na gut. Sonst noch was?«
    »Nein, das wär’s. Sie kam mir vor wie eine abgewiesene Geliebte von ihm.«
    »Ach wirklich?«
    »Mhm.«
    »Wie war sie denn so?«
    »Ach … hat ›Fotze‹ nicht gereicht?«
    »Na ja …«
    »Dann Oberschichtfotze. Wie ist das?«
    »Perfekt.« Sie kicherte. Sein Schlenker gefiel ihr. Sie brauchte jede Bestätigung, die sie kriegen konnte. »Wann sehn wir dich wieder?«
    »Dienstag abend, schätze ich. Sag Simon, ich laß die Schlüssel bei seiner Nanny.«
    »Seiner Nanny?«
    Er lachte. »Das ist wieder eine Geschichte für sich. Sie war mal sein Kindermädchen. Ab übermorgen kannst du mich hier nicht mehr erreichen. Ich fahr über Ostern aufs Land.«
    »Wie elegant.«
    »Wer weiß. Ich bin mir nicht so ganz sicher, wo ich da eigentlich hinfahre. Ich meine … ich weiß, wohin ich fahre, aber ich weiß nicht, was mich dort erwartet.«
    »Macht doch nichts.«
    »Doch. Halt dich fest: Ich glaub, Mona ist da.«
    »Mona? Unsere Mona?«
    »Ja, aber ich kann’s nicht mit Sicherheit sagen. Sie will nicht mit mir reden.«
    »Du hast sie gesehen?«
    »Nur kurz. Aus einiger Entfernung. Sie ist jetzt blond und hat eine Frisur wie Prinzessin Diana.«
    »Ist ja nicht zu glauben.«
    »Makaber, was?«
    »Woher weißt du, daß sie da auf dem Land ist?«
    »Weiß ich eben nicht. Es ist bloß eine Vermutung. Was weiß ich … wenigstens werd ich was von der

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