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Stadtluft Macht Frei

Stadtluft Macht Frei

Titel: Stadtluft Macht Frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Schwarz
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die man benötigte, um Lebensmittel zu transportieren oder zu konservieren, wurden hier angeboten: geflochtene Körbe, Töpferei- und Metallwaren.
    Der Markt als zentraler Ort im Leben der Stadt schlug sich auch im Stadtbild nieder, in den Ordnungen, in denen die Stadt entstand und weiterwuchs und wie sie noch heute – blickt man von einem Flugzeug auf die Stadt – erkennbar sind. Am häufigsten war der in der Mitte der Stadt gelegene Platzmarkt; es war der Platz, der alle anderen Plätze in der Stadt an Größe übertraf. Es gab aber auch, häufig vor allem in Bayern und Österreich, Straßenmärkte; wie an einer Perlenschnur zogen sich hier die Stände an den Straßenrändern hin, oft Hunderte von Metern lang.
    Kleinere Städte scheinen fast nur aus einem einzigen langgestreckten Markt bestanden zu haben. Links und rechts davon stand oftmals nur eine ein- oder zweizeilige Häuserreihe. Dahinter begann bereits das Land, die andere Welt.
    Vom Marktplatz zum Kaufhaus
    Im späten Mittelalter verlagerte sich das Marktgeschehen, zumal in größeren Städten, von den offenen Märkten und Plätzen in die damals neu entstehenden Kaufhäuser. Wichtig waren vor allem die Vorhallen, unter denen die Waren, geschützt vor Regen, aufgestellt werden konnten. Größere Städte besaßen sogar mehrere Kaufhäuser. In Köln entstanden 1247 das Leinenkaufhaus, die Tuchhäuser Griechenmarkt und Oversburg, das Kaufhaus am Malzbüchel für Gewürze und Drogwaren (1388), die Tuchhalle (nach 1373), das Fischkaufhaus (vor 1426) sowie das berühmte Kaufhaus Gürzenich (1447).
    Und doch auch eine Welt, die auf eine extreme Weise mit der Stadt immer wieder zu tun hatte. Das Wachstum der Städte hing auch mit der Leistungsfähigkeit ihres landwirtschaftlichen Umlands zusammen. Um 1200 wurde Paris zur eigentlichen französischen Hauptstadt. Und zu einer europäischen Metropole, einer der größten Städte des Kontinents im Mittelalter überhaupt. Nichts davon wäre denkbar gewesen, wenn Paris nicht inmitten der fruchtbaren Île-de-France gelegen hätte, die die Metropole mit Gütern versorgen konnte.
    Schlafen und Übernachten,
    Essen und Trinken
    Der Globus ist heute ein Dorf, zumindest empfinden wir es so. Große Distanzen können mittels technischer Mittel von fast allen mühelos |20| bewältigt werden. Beweglichkeit gehört zum modernen Leben. Man wird in einem Ort geboren, zieht von ihm weg, sieht ihn unter Umständen nie wieder; die Bindungen reißen ab.
    Im Mittelalter – und noch lange darüber hinaus – blieben viele Menschen an ihrem angestammten Platz, ein Leben lang. Sie kamen über ihren engeren Umkreis nie hinaus. Die Kate und die Schenke, das Dorf und seine Weiden, die Ebene, die verschleierten Berge am Horizont – das war alles. Doch die mittelalterliche Gesellschaft war mobiler, als man lange glaubte; wer die Beständigkeit des Ortes, die
stabilitas loci
, für das ausschlaggebende Merkmal der Epoche hält, verkennt die Zeit. Nicht nur die Mächtigen und die Reichen, Kaiser und Könige, sondern, sofern sie die Mittel hatten, dies zu tun, Angehörige vieler gesellschaftlicher Gruppen waren unterwegs. Und je länger das Mittelalter dauerte, desto mehr nahm die Beweglichkeit der Menschen zu. Kaufleute und Fernhändler, Handwerker und Pilger, Juristen, Magister, Scholaren, Gesandte, Schreiber, Boten, sie alle mussten reisen. Sie kamen in die Stadt – nicht dauerhaft, sondern nur für einen Tag, höchstens zwei oder drei; dann zogen sie weiter. Doch sie brauchten ein Bett, ein Lager für die Nacht; sie mussten irgendwo untergebracht werden. Die herkömmlichen Formen der Gastlichkeit reichten dafür nicht mehr aus.
    Um den wachsenden Bedarf an Übernachtungsmöglichkeiten zu decken, entstanden im 11. und 12. Jahrhundert in den Städten sogenannte Hospize (von lat.
hospitium
= Herberge, Gastzimmer). Gegen ein Entgelt konnten die Gäste hier nächtigen, zum Teil wurden sie auch verpflegt, doch meist mussten sie sich durch Einkäufe auf dem Markt selbst versorgen. Eine klare Unterscheidung von Gastwirtshäusern und einfachen Schenken lässt sich erst relativ spät, seit dem 14. Jahrhundert, ziehen; lange Zeit vermischten sich die Funktionen. Auch in einer einfachen Taverne konnte, wenn Not am Mann war, ein Lager bereitgestellt werden. Größe und Aussehen der Wirts- und Gasthäuser in der Stadt, die anfangs eher am Stadtrand lagen, mit dem Wachstum der Städte aber immer mehr in die Zentren wanderten, unterschieden sich oftmals

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