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Stadtluft Macht Frei

Stadtluft Macht Frei

Titel: Stadtluft Macht Frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Schwarz
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Würzburgs 1127 in Deutschland erstmals überhaupt bezeugte Turnier, sondern bald auch innerhalb der Mauern selbst. Die ritterlich-höfische und die bürgerlich-städtische Kultur des Mittelalters vermischten sich zusehends. Reiche Stadtbürger wollten es dem Adel mehr und mehr gleichtun, sie ahmten seine Lebensformen zunehmend nach, in ihren Bauten wie in ihrem Freizeitverhalten. Zu diesen adeligen Lebensformen gehörte auch das Turnier.
    Zu Pfingsten 1280 luden die
Constofler
Magdeburgs zu einem großen Turnier in die Mauern ihrer Stadt. Die Einladungsschreiben der
Constofler
gingen hinaus nach Goslar, Hildesheim, Braunschweig und in viele andere Städte. Die Geladenen kamen in Scharen. Mit ihren teuren Turnierrössern, geschmückt mit wappenverzierten Pferdedecken, wurden die Delegationen auf einem freien Feld vor Magdeburg feierlich empfangen. Auf dem Marktplatz hatte man derweil einen Baum aufgeschlagen, an dem die
Constofler
, die an den Spielen |26| teilnehmen wollten, ihre Schilde aufgehängt hatten. Am Pfingstsonntag, nach der feierlichen Messe, begann das Turnier. Die Ritter der fremden Städte berührten die Schilde der Magdeburger an dem Baum – Zeichen der Herausforderung des Gegners zum Kampf. Danach Schwertergeklirr und das Krachen der Lanzen, das Gedonner der Hufe und der Jubel der Massen. Als Preis für den Sieger ausgelobt, so der Chronist, der uns die Ereignisse überliefert, hatten die Magdeburger eine Prostituierte, eine Frau namens Feie, die in der Stadt wohl gut bekannt war. Der sie gewann, war ein „alter Kaufmann“
( ein olt kopman
) aus Goslar. Der nahm sie mit und sorgte dafür, dass sie verheiratet wurde – ritterliches Verhalten nach Gewinn eines Preises, der uns heute recht unritterlich erscheinen mag, der jedoch typisches Merkmal städtischen Lebens war.
    Die Constofler
    Die Constofler waren eine der großen Geschlechtergesellschaften Magdeburgs. Sie setzten sich zusammen aus der erzbischöflichen Ministerialität sowie den bedeutendsten Kaufleuten in der Stadt. Die Magdeburger Kaufleute spielten in der Geschichte der Stadt eine besondere Rolle; wurden sie doch vom Magdeburger Erzbischof Wichmann im 12. Jahrhundert weitreichend privilegiert. Bei den Constoflern verbanden sich also die beiden Machtzentren der Stadt, der erzbischöfliche Hof und die Kaufleute.
    Die Städter – so scheint es – waren regelrecht süchtig nach solchen Turnieren. Über die dichte Folge derartiger Darbietungen geben die Kölner Stadtrechnungen Aufschluss, die solche Schauspiele für die Jahre 1371–1375 und von 1378–1380 verzeichnen. Die Spiele wirkten wie ein Magnet, kaum jemand blieb fern, jeder wollte zusehen – auch die Ratsherren. Der Kölner Rat mietete sich am „Alten Markt“, dem Schauplatz der Turniere, extra ein Haus, weil das Rathaus damals noch keine Aussicht auf den Ort des Geschehens bot.
    Pflegen und Heilen
    Pflege und Heilung von Kranken und Schwachen gab es im frühen Mittelalter nur im Kloster. Hier entstand das mittelalterliche Spital. Hervorgegangen aus dem Gebot der christlichen Nächstenliebe wurden Kranken und Schwachen nicht in der Stadt, sondern zuerst in der Gemeinschaft der Mönche Unterkunft, Hilfe und Pflege zuteil. Als die Städte wuchsen, nahm die Zahl derer, die Hilfe bedurften, sprunghaft zu. Der Krankheiten waren viele: so der schreckliche Mutterkornbrand, das „heilige Feuer“
( ignis sacer
) oder auch Antoniusfeuer genannt, eine Krankheit, die durch den Verzehr von mit Mutterkorn-Pilz befallenem Roggen verursacht wurde und ein quälendes Leiden, ein Absterben der Finger und Zehen sowie – im schlimmsten Fall – auch den Tod zur Folge haben konnte; so die Lepra, der Aussatz. Diejenigen, die sich dieses Problems annahmen, waren zunächst die Mitglieder spezieller Spitalorden. Einer davon war der Antoniter-Orden, der 1095 als Laienbruderschaft in Südfrankreich gegründet und von Papst Urban II. noch im gleichen Jahr bestätigt wurde; seine Aufgabe war zunächst hauptsächlich die Behandlung der am Antoniusfeuer Erkrankten, dehnte sich aber auch auf die Heilung anderer Krankheiten aus. Der Antoniter-Orden nahm einen ungeheuren Aufschwung; im 15. Jahrhundert unterhielten die Antoniter – seit 1247 nach den Ordensregeln des hl. Augustinus lebend, 1298 in einen Chorherrenorden umgewandelt – ca. 370 Spitäler in ganz Europa. Aber auch die Ritterorden, die im Gefolge der gewaltigen, das gesamte Abendland erfassenden Kreuzzugsbewegung um 1100 entstanden waren,

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