Stadtluft Macht Frei
hatten einen karitativen, dem Spitaldienst gewidmeten Aspekt.
|27| Ritterorden und Spitaldienst
Der älteste geistliche Ritterorden, der in der Spitalpflege tätig war, war der Orden der Johanniter, der in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts zu Jerusalem gegründet wurde. Auch der 1118 gegründete Templerorden war in der Spitalpflege aktiv. Der Deutsche Orden wurde im Zuge des 3. Kreuzzuges 1189/90 durch Lübecker und Bremer Kaufleute im Hospital St. Marien der Deutschen zu Jerusalem gegründet. Er wurde 1198 zu einem Ritterorden, mit Sitz in Akkon, umgewandelt, ohne dass er damit seine ursprüngliche Aufgabe – die Krankenpflege – aus dem Auge verlor.
So waren es die Ritterorden, die in den Städten die ersten Spitäler errichteten oder diese übernahmen – eines der bekanntesten Beispiele dafür ist das von der hl. Elisabeth, der ungarischen Königstochter und Gemahlin des thüringischen Landgrafen Ludwigs IV., in Marburg an der Lahn errichtete Spital, das nach Elisabeths frühem Tod 1231 in die Hände des Deutschen Ordens überging. Neben den Spitälern, die von den Kreuzzugsorden errichtet wurden, entstanden aber bald auch solche Anlagen, die von einem Orden unterhalten wurden, der – ohne den Rittergedanken – speziell für die Bedürfnisse der Kranken und Schwachen in den Städten gegründet worden war: dem Heiliggeist-Orden.
|28| Der Heiliggeist-Orden
Gegen Ende des 12. Jahrhunderts schlossen sich in Frankreich unter Guido von Montpellier eine Reihe von Bruderschaften der Hospitalorden sowie Männer und Frauen aus dem Laienstand zusammen und gründeten einen neuen Orden. Sie setzten sich das Ziel, als bürgerlicher Hospitalorden ihre Unabhängigkeit zu erringen. Bereits 1198 wurde der Heiliggeist-Orden in Montpellier von Papst Innocenz III. privilegiert; die Privilegierung sah vor, dass die Hospitäler des Ordens der weltlichen Verwaltung unterstellt werden konnten. 1204 berief Innocenz den Orden an das Spital Santo Spirito in Sassia zu Rom, das schließlich zu seinem Hauptsitz wurde.
Der Heiliggeist-Orden wurde im Laufe des Mittelalters überaus erfolgreich; sein Name wurde immer mehr zu einem Markenzeichen, man könnte auch sagen: einem Gütesiegel. Bald wurden in den Städten auch Hospitäler gegründet, hinter denen nicht der Heiliggeist-Orden selbst, sondern der städtische Rat stand; doch auch sie verwendeten häufig den Namen „Heiliggeist-Spital“. Immer häufiger nahm der Rat die Spitäler in seine Hand, sei es, dass er den bisher dominierenden Heiliggeist-Orden aus der Leitung verdrängte, sei es, dass er selbst solche Spitäler gründete. Am Ende des Mittelalters waren die städtischen Spitäler sehr reich. Sie besaßen vielfach großen Grundbesitz – in der Stadt selbst, aber häufig auch im Umland. Die Spitäler waren auch Wirtschaftsunternehmen, welche die technischen Möglichkeiten ihrer Standorte nutzten und mit den Produkten ihrer Ländereien Handel trieben. Das Nördlinger Spital betrieb beispielsweise eine eigene Mühle und engagierte sich im Pferdehandel. Das Würzburger Julius-Spital machte aus dem Wein seiner Rebberge ein lukratives Geschäft. Ökonomie hin, Ökonomie her: Die Spitäler waren und blieben Einrichtungen |29| geistlichen Ursprungs. Sie waren letztlich Gott verpflichtet, besaßen alle eine eigene Kapelle, um den täglichen Gottesdienst abhalten zu können, und der Spitalsbetrieb selbst war zuweilen einem fast klösterlichen Reglement unterworfen, in das sich die Kranken zu fügen hatten.
Die Kirche des Spitals war eine der Hauptursachen dafür, dass sich viele Stadtregierungen so sehr um die Lenkung des Spitals bemühten. Über das Spital vermochten sie so gleichsam eine eigene Kirche zu unterhalten, unabhängig von den städtischen Pfarrkirchen, auf die sie keinen oder nur geringen Einfluss nehmen konnten. Der Aufenthalt in einem Spital war kostspielig, zumal sich die Spitäler immer mehr von der Armen- und Krankenfürsorge für alle zur Versorgung der Stadtbürger, auch unter dem Aspekt eines Altersheimes, wandelten. Nur die reichsten Bürger konnten sich schließlich einen Aufenthalt in einem solchen Spital ohne Weiteres leisten. Und die soziale Unterscheidung der Patienten wurde, je länger das Mittelalter dauerte, immer schärfer. So etwa im Spital zu Biberach in Schwaben: Die Unterschiede sind krass bezeugt. Vier Tische standen im Speisesaal nebeneinander: der Tisch der Armen, der Tisch der Kinder, der Tisch der Narren; schließlich der Tisch der
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