Stadtlust - vom Glueck, in der Großstadt zu leben
der Provinz? »Ich kenn keinen«, nannte Jochen Hick seinen Dokumentarfilm aus dem Jahr 2003 zum Thema Allein unter Heteros . Hick porträtiert vier schwule Männer im ländlichen Schwaben. Das Leben zwischen Alltag, Stammtisch, Kirche und erotischen Fluchten nach Thailand, Zürich und Berlin. Ein Leben ohne Christopher Street Day, ohne bekennend schwulen Bürgermeister. Ohne eine Schwulen-Kneipenszene wie in Berlin-Schöneberg, ohne Lesben-Cafés wie im Münchner Glockenbach-Viertel, ohne eine öffentliche Transenszene wie in Hamburg-Altona.
Scheidung – wenn die Liebe geht
Aber was tun, wenn es nicht mehr so klappt? Wenn das, was so hoffnungsfroh anfing mit dem ersten Kribbeln, den weiteren Treffen, den gemeinsamen Unternehmungen, dem Zusammenziehen, Heiraten gar, sich nun als Berg von Problemen entpuppt? Wie kann man retten, was zerbröselt? Manchmal hilft eine Paartherapie, können Gespräche mit Beratern die Liebe und die Beziehung retten. Netzwerk Paartherapie, ein Verbund von Therapeuten in Deutschland, Österreich und der Schweiz, weist in Brandenburg ganze sechs Paartherapeuten aus, von diesen sind drei in Potsdam. In Berlin hingegen sind 39 angemeldet. Und von den zwölf in Sachsen befinden sich nur zwei nicht in Dresden oder Leipzig. Das gebeutelte Paar also, das nicht mehr klarkommt miteinander, aber noch nicht aufgeben, noch nicht alles hinschmeißen will, tut sich auf dem Land schwer, professionelle Hilfe zu finden.
Scheiden tut weh, und dass es auf dem Land weniger Scheidungen gibt, ist nur auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Das Österreichische Institut für Familienforschung hat Scheidungsraten untersucht und kommt zu dem Schluss: »BewohnerInnen ländlicher Regionen, Familien mit Kindern unter sechs Jahren, Familien mit hohem Haushaltseinkommen und Familien mit einem niedrigen persönlichen Einkommen der Frau« lassen sich seltener scheiden. Das bedeutet: Wenn die Frauen zu wenig verdienen, um allein über die Runden zu kommen, bleiben sie beim Mann. Wenn insgesamt wenig Geld in der Kasse ist, bleibt man zusammen. Denn Bewohner ländlicher Gemeinden haben schlechtere Chancen, eine Scheidung zu bewältigen als Großstädter. Das gilt für Frauen und Männer. Gründe dafür sind die geringere Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen, Kinderbetreuungseinrichtungen und Beratungsstellen. Traditionelle Vorstellungen über Familie, Rollenverteilung, stärkere soziale Kontrolle und ein größerer Verlust an Sozialprestige spielten ebenfalls eine Rolle. Fazit: Man bleibt auf dem Land nicht verstärkt zusammen, weil die Liebe größer und länger anhaltend ist, sondern weil da Zustände wie früher herrschen, als Frauen als Geschiedene schlecht angesehen waren, und weil bis heute Frauen wirtschaftlich tatsächlich schlechter dastehen.
Ringt man sich zur Scheidung durch, gehen die Probleme erst los. Gilt es doch, Haus, Hof und Hühnerstall gerecht zu teilen. Ganz arg wird es, wenn Immobilien verkauft werden müssen, weil einer den anderen nicht ausbezahlen kann. 2008 prognostizierte Christian Muschwitz, Raumplaner von der Universität Trier, im Wirtschaftsteil der FAZ einen klaren Trend: »Im ländlichen Raum, der immerhin 75 Prozent der Fläche der Bundesrepublik ausmacht, werden die Preise für Immobilien in den kommenden Jahren weiter sinken.« Den Immobilienpreisen in der als »Pampa« verunglimpften Provinz wie Hunsrück, Nordeifel, dem Emsland oder ganzen Landstrichen Ostdeutschlands drohe der Niedergang. Gerade in Scheidungsfällen, wenn irgendwann die Banken auf der Matte stehen, müssten viele Verkäufer wohl oder übel nachgeben. Nicht selten sei das Feld der Interessenten derart überschaubar, dass die Besitzer der Immobilien froh sein können, wenn sich überhaupt jemand für ihr Objekt interessiert.
Was für eine Vorstellung, zusammenbleiben zu müssen, weil das Finanzielle nicht auseinandergedröselt werden kann. Ganz lapidar beschreibt dagegen Mascha Kaléko das Ende der Großstadtliebe: »Hat man genug von Weekendfahrt und Küssen, / Läßt mans einander durch die Reichspost wissen / Per Stenographenschrift ein Wörtchen: ›aus‹.« Tief durchatmen. So leicht wird es selten ablaufen. Dann aber heißt es wieder: rausgehen! Die unter Liebeskummer Leidende kann Konzerte oder Ausstellungen besuchen, durch die Straßen bummeln … geht wieder in die Stadt, auf ihre Plätze, in die Läden und Lokale.
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