Stadtmutanten (German Edition)
schrecklicher Geruch entgegen. Als wir den Kellerraum betraten, reagierte mein Körper noch bevor mein Verstand akzeptiert hatte, was ich sah. Ich übergab mich auf der Stelle neben der Kellertreppe. Vor uns lag die Leiche eines jungen Mannes, oder was davon übrig war. Die Totenmänner hatten ihn regelrecht ausgeweidet und teilweise gegessen. Ich sah zu Ben herüber. Er war kreidebleich. Wir zwangen uns, den Rest des Kellers zu untersuchen, fanden aber nichts weiter - und dieses Mal waren wir wirklich gründlich.
War meine Motivation nach dem Kampf im Hausflur und der Küche schon auf den Nullpunkt gesunken, lag der Wert nun im Minusbereich. Ich hätte die Sache am liebsten abgeblasen. Allein die wenig angenehme Aussicht, mich auch bald von menschlichen Innereien und Blut zu ernähren, trieb mich weiter. Wir hatten noch zwei Stockwerke vor uns. Ich betete zu allen Göttern der Welt, dass es ab jetzt leichter werden würde.
Wurde es zunächst auch. Im ersten Stock gab es nur zwei Türen. Hinter einer lag das Badezimmer. Keine versteckten Totenmänner hier. Die andere Tür öffnete in eine Art Esszimmer, um die Ecke war ein Durchgang zu einer weiteren Küche, daneben ein kleiner Balkon, gerade groß genug, um dort einen Stuhl und einen Tisch abzustellen. Darauf stand ein überfüllter Aschenbecher. Die normalen Bewohner des Hauses rauchten offensichtlich nicht in der Wohnung. Ein Blick auf die verstreuten Spielzeuge im Esszimmer verriet auch, warum. Ich hoffte, dass die Kinder verschont geblieben waren oder am besten die ganze Familie verreist war und sie all dies nicht mitbekamen. Ich betrat die kleine Küche als erster. Sie war klein genug, um fast alles mit einem Blick zu überschauen. Wir schauten in den Herd, in alle Schränke und sogar in die Besteckschubladen. Nichts. Wir wollten gerade den Raum verlassen, als mir ein kleiner Verschlag, eine Art Stauraum neben dem Kühlschrank, auffiel. Ich kannte diese Räume von anderen Wohnungen, die Katie und ich besichtigt hatten. Mein Verdacht bestätigte sich: Neben einem Küchenregal war ein kleiner Durchgang von etwa 1.50m Höhe und nicht einmal einem Meter Breite, der in eine kleine Speisekammer führte. Sie war nicht von unserer Position einzusehen. Es half also nichts, wir mussten darin nachsehen. Ich bückte mich und zwängte mich durch die Öffnung. Als ich nach einem Lichtschalter tastete, fand ich einen neben dem Eingang der Kammer. Ich hatte mich nicht geirrt. Der Raum war etwa zwei Meter im Quadrat. Darin befanden sich Lebensmittel, Putzartikel und auf dem Boden unter dem Regal eine dicke schwarze Kunststoffplane. Darunter lugte ein Zipfel von etwas hervor, das nach einer Art Klarsichtfolie aussah. Etwas war darin verpackt worden. Etwas, das wie weißes Pulver aussah. Kein schlechtes Versteck. Aber nicht gut genug. Meine Laune besserte sich.
»Ben! Ich hab hier was!«
Ich hob die Plane hoch und fand kein in Klarsichtfolie verpacktes Kokain. Stattdessen fand ich einen liegenden Totenmann, und eine in Folie eingeschlagene offene Mehltüte. Der Beißer lag auf dem Rücken, auf seiner Brust klebte ein Zettel mit der Aufschrift »REINGELEGT«. Na toll, Fatimas Bruder war also nicht nur das schwarze Schaf, sondern auch noch ein Witzbold. Aber ein gerissener. Er hatte dem Totenmann Kopfhörer aufgesetzt, die wiederum in einen an ein Netzkabel angeschlossenen alten MP3-Player eingestöpselt waren. Zu meinem Unglück hatte er daran gedacht, die Plane so zu präparieren, dass sie beim Entfernen den Kopfhörer von den Ohren des Totenmannes zog. Dieser riss die Augen auf und erblickte mich. Ich hechtete zurück in den kleinen Durchgang und knallte gegen Ben, der mir gefolgt war.
»Aua! Verdammt Marek, was ist los?«
»Zurück in die Küche! Da ist…«
Weiter kam ich nicht. Der Beißer hatte die Verwirrung genutzt, sich aufgerappelt und mein Standbein gegriffen. Nun wurde ich unsanft von den Beinen geholt. Er setzte zum Biss an. Ich wand mich hin und her, um ihm kein Ziel zu bieten. Ich versuchte, nach ihm zu treten, aber mein verletztes Bein war zu schwach. Der Totenmann parierte den Tritt mühelos, nahm das Angebot dankend an und biss mir durch die Hose in die Wade meines schlimmen Beines. Ich hörte mich schreien, versuchte ihn abzuschütteln, aber er verbiss sich in mein Bein wie ein Hund in einen Knochen, den man ihm wegnehmen will. Der Schmerz raubte mir fast den Atem.
»Verdammt Ben, hilf mir!«
»Geht nicht, ich kann nicht vorbei!«
»Scheiße!«
»Zieh
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