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Stadtmutanten (German Edition)

Stadtmutanten (German Edition)

Titel: Stadtmutanten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Strahl
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ihn raus, dann machen wir ihn fertig!«
    Ich zog, aber mein Peiniger hielt sich mit beiden Armen fest, während er immer noch mein Hosenbein zwischen den Zähnen hatte. Es würde nicht klappen. Ich musste ihn allein besiegen. Ich zog die Ärmel meiner Lederjacke über die Hände, um wenigstens meine Hände vor Bissen zu schützen und beugte mich vor.
    »Marek, was hast du vor?«
    Ich ignorierte Ben. Ich war fast wahnsinnig vor Schmerzen und eine Ohnmacht kündigte sich an. Nicht mehr lange und ich würde kein echter Gegner mehr sein. Also packte ich den Kopf des Widerlings, fasste unter das Kinn und hinter den Kopf und versetzte dem Kinn seitlich einen heftigen Stoß. Ein hässliches Knacken und ein erst zuckender, dann erschlaffender Körper verkündeten den Erfolg meiner Aktion. Ich hatte dem Angreifer das Genick gebrochen. Atemlos streckte ich die Hand nach hinten aus.
    »Knüppel!«
    »Was?«
    »Mein Knüppel. Ich komm nicht ran, also gib ihn mir.«
    »Aber wozu?«
    »Ich will sicher gehen.«
    Ben gab mir meine Waffe und ich vollendete mein Werk. Ich ertappte mich dabei, wie ich mit dem Gedanken spielte, ihm noch einen Tritt zu versetzen. Angewidert von mir selbst kramte ich meine Kippen aus der Tasche und steckte mir eine an. In der Küche verband ich mein Bein ein zweites Mal. Ben unterließ weitere Fragen nach meinem Zustand, obwohl er sein Blick verriet, dass er sich Sorgen machte. Schweigend schlurfte ich rauchend zurück zum Treppenhaus. Dort wurde ich von Ben überholt, der mit erhobenem Knüppel die Vorhut bildete. Mein Bein pochte wie verrückt, als wir endlich die steile Treppe erklommen hatten. Bei den letzten Stufen sprang ich über meinen Schatten und ließ mich von Ben stützen. Ich wollte für Ben stark sein, ihm zeigen, dass er sich auf mich verlassen konnte. Aber ich musste doch anerkennen, dass es bessere Arten gab, Heldentum zu beweisen, als unter Schmerzen eine Treppe zu erklimmen. Oben erwarteten uns ein dunkler Flur und drei weitere Türen. Die erste Tür führte uns in ein Kinderzimmer. Endlich fand ich etwas, das meine Laune wieder hob: Auf dem Kinderbett lag eine Liste mit Dingen, die für einen Urlaub gepackt werden mussten. Die Schränke waren weitgehend leer geräumt. Eltern und Kind waren also verreist und in Sicherheit. Wenigstens etwas. Da fiel mir ein, dass die Totenmänner, denen wir bisher in diesem Haus begegnet waren, alle recht jung gewesen waren, vielleicht 20 oder jünger. Das Haus war nicht wie ein WG-Haus eingerichtet. Fatimas Bruder hatte anscheinend das Haus nach Abreise der Familie geknackt und für seine Zwecke umgebaut, inklusive der geschickten Platzierung der Totenmänner. Die verrammelten Fenster sorgten dafür, dass Einbrecher keine Wertsachen hier vermuten würden. Gott, war er schnell gewesen. Die Evakuierung war erst wenige Tage her. Der Arzt hatte uns gesagt, die Sache liefe schon seit einigen Tagen - Tagen, nicht Wochen. Dies bedeutete, dass Fatimas Bruder die Situation gleich zu Anfang erkannt und eiskalt ausgenutzt hatte. Trotz seiner Jugend war er offenbar ein gefährlicher Mann. Und wenn ihn nicht vorher jemand für seine Skrupellosigkeit umbrachte, würde einmal aus diesem jugendlichen Kleinkriminellen ein ganz großer Verbrecher werden. Nachdem wir das Kinderzimmer durchsucht hatten, fanden wir hinter der zweiten Tür eine Art Gästezimmer. Wieder keine Totenmänner und kein Kokain. Die dritte Tür führte ins Schlafzimmer der Eltern und damit direkt in die Hölle. Bens Hölle. Die Schlafzimmertür öffnete nach außen und endlich drang etwas Licht in den Flur.
    »Ich frag mich, wieso wir noch nicht angegriffen worden sind.«
    »Ich auch. Hat der Pisser sein Pulver schon verschossen?«
    Vorsichtig tasteten wir uns voran. Schritt für Schritt, nach möglichen Fallen suchend. Nach allem, was wir in diesem Haus erlebt hatten, hatte ich mit einem Raum voller brüllender Totenmänner gerechnet. Was uns stattdessen erwartete, war in der Tat eine Überraschung: Sie lag auf einem großen Doppelbett. Es sah aus, als schliefe sie. Sie trug ein hauchdünnes weißes Nachthemd, das beinahe schon ein Kleid war. Sie lag in Embryohaltung am rechten Rand des Bettes, das Gesicht zur Wand gedreht. Unter dem Kleid schimmerte ein schwarzer Slip durch den Stoff des Nachhemdes. Die Szene wirkte so unschuldig und gleichzeitig so erotisch, dass ich den Atem anhielt. Sie war mit einer Fußfessel an das Bett gekettet. Ich konnte ihre Hände nicht sehen, aber ich vermutete, dass

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