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Stadtmutanten (German Edition)

Stadtmutanten (German Edition)

Titel: Stadtmutanten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Strahl
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ächzte in ihren Angeln. Als ich um die Ecke bog, fuhr mir der Schreck in die Glieder. Der Zaun begann wenige Meter von mir entfernt und dahinter standen sie. Totenmänner, Totenfrauen und zwar eine Menge davon. Und alle starrten mich an, als sei ich ein gegrilltes Hähnchen. ‚Nur noch an den Infizierten vorbei’, dass ich nicht lachte. Wäre er nicht tot, hätte ich dem Doktor in diesem Moment gehörig die Meinung gegeigt. Hier war nichts mit vorbeikommen. Hinter mir hörte ich die Soldaten weiter an der Tür arbeiten. Bald würden sie durchbrechen. Ich war in der Zwickmühle. Ich hatte die Wahl: In Stücke gerissen von hungrigen Beißern oder voll Blei gepumpt von wütenden Soldaten, die ihren toten Kameraden rächen wollten. Frustriert griff ich in meine Innentasche und kramte nach Zigaretten und fand das Röhrchen mit dem Erreger.
    »Das könnte klappen«, sagte ich zu mir selbst. »Wenn ich Pech habe, kommt die Wirkung zu langsam, so dass die Soldaten mich erwischen. Oder sie kommt so hart, dass ich mich gleich hinter dem Zaun einreihen kann und nach Menschenfleisch geifere«.
    »Was meint Ihr, Jungens?«, fragte ich die Totenmänner direkt vor mir. Wie als Antwort grölte mir einer ins Gesicht.
    »Danke.«
    Ich öffnete also das Fläschchen und kippte mir den ganzen Inhalt den Rachen hinunter. Dann fiel mir ein, dass es wahrscheinlich schlauer gewesen wäre, zunächst den Strom vom Zaun abzustellen, bevor mein Verstand sich total ausklinken würde, fand aber schnell den kleinen Generator, der den Zaun speiste. Da ich keinen Schalter fand, riss ich einfach alle ausgehenden Kabel raus und setzte mich hin. Dieses Mal rauchte ich wirklich eine und wartete auf die Wirkung. Ich sehnte sie förmlich herbei. Verdammt, ich hätte am Vorabend nicht koksen sollen. Mal sehen, wer schneller war: Der Erreger in meinem Körper oder die Soldaten hinter der Tür.
    Der Erreger machte das Rennen, wenn auch knapp. Die Totenmänner hatten noch immer nicht kapiert, dass das Brathähnchen nur noch durch einen leicht einzureißenden Zaun geschützt war. Aber jetzt war ich kein Brathuhn mehr. Ich spürte den Wechsel in meinem Gemüt, kompromissloser als je zuvor. Meine Kehle stieß ein markerschütterndes Brüllen aus und ich ruckelte an dem Zaun, die Totenmänner hinter dem Zaun durch mein Brüllen auffordernd, mir zu helfen. Schließlich war der Zaun Geschichte. Die Beißermassen strömten an mir vorbei zum Hintereingang, als hätten sie die dort liegenden Leichen gewittert, was ich nicht ausschließen will. Auch ich konnte ihren Duft wahrnehmen. Eine kleine Stimme in mir flüsterte, dass ich dieses Mal eventuell zu weit gegangen war und nie wieder der Alte sein würde. Das Stimmchen wurde erbarmungslos von dem Biest in mir niedergebrüllt. Gerade als die ersten Totenmänner die Häuserecke nahe dem Hintereingang erreicht hatten, gab es einen Knall und nur eine Sekunde kam eine ganze Handvoll Soldaten mit ihren Waffen im Anschlag und einem Siegerlächeln auf den Lippen um die Ecke gestürmt und versteinerte förmlich. Das Lächeln erstarb, Schock, Unglaube, dann kopflose Panik. Sie schossen wie wild in die Menge, mähten dabei die Beißer in der ersten Reihe mühelos nieder, die zweite Reihe schafften sie gerade noch so. Die dritte schließlich zwang die Soldaten zum Nahkampf. Dieser währte nicht lange. Im Nu waren drei der fünf Soldaten überwältigt, die anderen traten den Rückzug an und wurden prompt von den eigenen Leuten erschossen, die inzwischen den nun türlosen Hintereingang mit ihren Gewehren sicherten. Sie mähten auch die erste Welle von Totenmännern nieder, die um die Ecke stolperte. Doch irgendwann mussten auch sie sich dem Ansturm geschlagen geben und den Rückzug antreten. Nach einem kurzen Gemetzel im Treppenhaus war der Kampf entschieden. Die Totenmänner und Totenfrauen hatten endlich freien Eintritt in das Krankenhaus. Ich brüllte triumphierend und streckte die Faust in die Höhe. Die lautere der Stimmen in meinem Kopf schlug vor, sich einen kleinen Happen von den umliegenden Soldaten zu sichern, aber der Andrang war zu groß. Die mahnende Stimme war verstummt. Keine der verbleibenden Stimmen in meinem Kopf brachte die Einnahme von Kokain ins Gespräch. Es schien, als hätte ich endlich meine Bestimmung gefunden.
    Und dann rannte ich los. Durch die Straßen, über Friedhöfe, vorbei an Menschen und denen, die ihnen trotz allem ähnlich waren. Wo immer ich vorbeisauste, schauten die Menschen mir

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