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Stadtmutanten (German Edition)

Stadtmutanten (German Edition)

Titel: Stadtmutanten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Strahl
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aber nicht wie die anderen. Du warst schnell und geschickt. Und ohne Erbarmen. Es verging keine Minute und alle drei Idioten waren tot. Den einen hast gebissen.«
    Ich war schockiert. Schockiert über das, was ich getan hatte. Noch mehr schockiert, dass ich mich an nichts erinnerte.
    »Habe ich ihn gefressen?«
    »Nur ein wenig. Dann bist du aufgestanden und hast bei mir geklingelt. Ich habe dich hineingesummt und stand mit meiner Pistole im Anschlag neben der Wohnungstür. Ja, ich wollte dich töten, Marek!«
    »Was ist dann passiert? Warum hast du mich nicht umgelegt?«
    »Du hast meinen Bruder gerettet, schon vergessen? Ich schuldete dir etwas. Außerdem warst du nicht aggressiv, als du ankamst. Du standest kurz im Eingang, hast irgendetwas Unverständliches gesagt und bist kollabiert. Ich habe ich dich auf das Bett geschleppt, gefesselt und gewaschen - keine Angst, nur Hände, Hals und Gesicht. Ich bin schließlich nicht schwul. Und dann hast du geschlafen. Bis gerade eben.«
    Ich fühlte instinktiv, dass Egor mir nicht die ganze Wahrheit erzählte. Gut, das tat er offensichtlich nie. Aber er hielt etwas zurück. Etwas, das ihm schwer fiel. Etwas, das eigentlich gesagt werden sollte. Ich fragte nach, bekam aber keine Antwort. Als ich nach einer Zigarette fragte, band Egor mich schließlich los und gab mir eine. Während ich rauchte, reimte ich mir den Rest zusammen: Egor hatte mir im Schlaf Kokain verabreicht. So würde es gewesen sein.
    Als ich mit meiner Zigarette fertig war, stand Egor von seinem Sessel auf und half mir hoch. Dann geleitete er mich zur Wohnungstür.
    »Schmeißt du mich schon raus?«, fragte ich ein wenig ungläubig, schließlich hatte ich ihm nichts getan.
    »Du kannst nicht hier bleiben.«
    »Aber wieso?«
    »Ich sag’s dir an der Tür.«
    An der Tür schließlich beugte sich Egor vor und flüsterte mir das fehlende Mosaiksteinchen ins Ohr. Daraufhin schob er mich durch die Tür und schloss hinter mir ab. Draußen vor der Tür sah ich das Chaos, das ich laut Egor angerichtet hatte. Der erste verhinderte Einbrecher lag in der Einfahrt des gegenüberliegenden Wohnhauses. Sein Kopf saß in einem unnatürlichen Winkel auf seinen Schultern. Jemand hatte ihm brutal den Hals umgedreht. Nein, nicht jemand. Ich war das gewesen! Den nächsten Körper fand ich einige Schritte weiter in einem Gebüsch nahe der Haustür. Ihm fehlte der rechte Arm, beide Augen waren ihm eingedrückt worden. Ich wusste nicht, ob diese Verletzungen allein einen Menschen töten konnten, aber für eine Ohnmacht sollten die Verletzungen ausreichen. Den Rest würde der Blutverlust besorgt haben. Ich hatte offensichtlich keine Zeit verloren. Schon jetzt angewidert von mir selbst zwang ich mich, auch das dritte Opfer zu suchen. Ich fand den Mann an der Haustür in halb sitzender Position. In seinem Hinterkopf klaffte ein Loch. Am Türknauf klebten blutverschmierte Haare. In seiner Schulter klaffte ein weiteres Loch, aus dem ich offensichtlich gefressen hatte. Kopfschüttelnd verließ ich die Szene. Unter einem parkenden Auto am Straßenrand fand ich den fehlenden Arm des zweiten Toten. All dies hatte ich verbrochen. Egor hatte Recht gehabt. Ich war ein gefährlicher Mann, gefährlicher als er es je gewesen war. Und ich konnte mich an nichts, aber auch gar nichts erinnern. Aber ein Teil von mir wusste, dass ich es gewesen war. Ich hatte Angst. Angst vor mir selbst, vor dem, was ich geworden war. Ich dachte an die Worte, die Egor mir zum Abschied auf den Weg gegeben hatte und wurde unendlich deprimiert. Alle Hoffnungen, wieder in den Schoß meiner Familie zurückzukehren, waren zerstört. Die Aussicht auf ein glückliches Leben in weite Ferne geschoben. Ich schüttelte den Gedanken ab und konzentrierte mich auf die nächstliegenden Aufgaben. Es war kalt heute, sehr kalt. Die Temperaturen lagen etwas über dem Gefrierpunkt, schätzte ich. Das würde die Leichen eine Weile konservieren, aber nach einiger Zeit würden auch sie verwesen und damit die Straße verseuchen. Sie mussten beerdigt werden. Gut, ich will ehrlich sein: Ich hatte das Bedürfnis, sie zu beerdigen. Es wieder gutmachen. Ein wenig. Aber wie sollte ich das mit bloßen Händen bewerkstelligen? Noch während ich überlegte, kam eine Horde Totenmänner um die Straßenecke gebogen und durchkreuzte meine Beerdigungspläne. Sie würden mich die Leichen nicht beerdigen lassen, schon jetzt hatten die ersten sie erspäht - und mich. Also zog ich mich zurück und überließ

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