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Stadtmutanten (German Edition)

Stadtmutanten (German Edition)

Titel: Stadtmutanten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Strahl
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ehrfürchtig nach. Ja, ich war anders als alle anderen. Ich war stärker als die Menschen. Ich war intelligenter und agiler als alle Beißer. Wenn man Menschen und Totenmänner als unterschiedliche Gattungen von Ameisen betrachtete, waren sie alle Arbeiterinnen. Ich aber war ein Krieger. Zugegeben, ein Krieger der dunkleren Sorte. Ich war ein Schattenkrieger. Und ich gab mich voll dem Gefühl hin, allen überlegen zu sein. Ich war ganz Instinkt. Die leisen Stimmen des Verstandes waren vollkommen ausgelöscht. Ich war all das, von dem Ben und seine Flamme träumten. Ein grandioses Gefühl.
     

 
     
     
     
    22 ERNÜCHTERUNG
     
     
    Als ich wieder zu mir kam, lag ich gefesselt in einem Bett. Draußen war es noch dunkel, lediglich das Licht einer Straßenlaterne fiel ins Zimmer. Alle Erinnerungen an die Stunden nach meiner Flucht aus dem Krankenhaus waren wie weggeblasen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war, was ich getan hatte und verdammt noch mal, warum ich gefesselt war. Und ich war wieder ausgesprochen menschlich. Als ich einige Minuten wach gelegen hatte, kamen die Fragen. Warum war ich wieder menschlich? Sollte ich tatsächlich im Rausch des Tierseins auf die Idee gekommen sein, in meine Innentasche zu greifen und mir eine Dosis der Substanz zu verabreichen, die dieses Hochgefühl beenden würde? Unwahrscheinlich. Aus Versehen eine Nase Kokain ziehen? Unsinn. Also, wie war ich hierher gekommen und warum war ich wieder Mensch? Ich zermarterte mir das Hirn. Ich versuchte, die Fesseln zu lösen, gab es aber schließlich auf. Also tat ich das einzige, was mir noch einfiel.
    »Hey!«, rief ich. »Verdammt noch mal, ich bin wach. Also kommt her und sagt mir, was ihr von mir wollt!«
    Unvermittelt hörte ich, wie sich im Nebenzimmer jemand erhob. Schritte kamen näher. Die Tür wurde geöffnet. Und das Zimmer betrat:
    »Egor! Was zum Teufel?«
    »Hallo Marek. Wie ich sehe, bist du wach.«
    »Ja, verdammt noch mal. Was soll die Scheiße mit den Fesseln?«
    Egor kam zum Fuß des Bettes, nicht näher.
    »Ich wollte etwas schlafen und dabei sicher gehen, dass ich das Erwachen noch erlebe.«
    »Und darum fesselst du mich? Ich dachte, ich hätte bewiesen, dass du mir trauen kannst.«
    »Ich traute dem alten Marek. Dem Familienvater, dem netten Kerl. Dem unverdorbenen Charakter. Den habe ich gemocht.«
    »Ich bin der alte Marek«, sagte ich etwas zu scharf.
    Egor lächelte. »Nein, das bist du nicht. Und du weißt das auch.«
    Ich schwieg.
    »Ich habe gesehen, wozu du fähig bist. Gestern auf der Straße. Du kannst es dir noch einmal ansehen, wenn du das Haus verlässt. Es ist alles noch da. Du bist ein gefährlicher Mann, Marek.«
    Also nun begann Egor zu übertreiben, fand ich. Ich musste beinahe lachen.
    »Ich? Ich bitte dich! Gut, ich habe mich verändert und bin etwas härter geworden. Aber gefährlich? Nein, Egor, du bist gefährlich. Scheiße, ich hatte sogar noch Angst vor dir, als du dich für unsere Hilfe bedankt hast.«
    Egor lächelte bitter. »Ich weiß, wozu ich fähig bin und ich kann gefährlich sein, sehr gefährlich, wenn ich will. Aber du… Du weißt nicht, wozu du fähig bist. Du bist eine Gefahr.«
    Ich betrachtete Egor für eine Weile. Er war nicht mutiert, soviel war klar. Unter seiner Nase hing ein verräterischer Rest weißen Pulvers. Alles klar, er hatte gekokst. Soviel zum Thema, er habe kein Kokain da. Vielleicht hatte er sich aber auch etwas besorgt. Das Zimmer, in dem ich lag, hatte ich inzwischen als das Schlafzimmer identifiziert, in welchem Dimitri von Egor aufgebahrt worden war. Das Zimmer war sauber und aufgeräumt. Von Blut, geschweige denn Verwesungsgeruch keine Spur. Egor war ordentlich gewesen, hatte sich nicht gehen lassen. Eine andere Frage drängte sich mir auf.
    »Was mache ich überhaupt hier?«
    Egor sah mich ernst an. »Du erinnerst dich nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf. Egor seufzte und setzte sich auf einen Sessel neben dem Bett.
    »Ich saß hier gestern Abend am Fenster und hab eine geraucht. Es war schon dunkel, früher Abend. Dann war draußen ein Tumult. Ein paar Typen kamen und wollten im Haus gegenüber einbrechen. Plünderer, du weißt schon. Haben sich aufgeführt wie die Scheißnazis in der Reichskristallnacht. Idioten. Gott weiß, wie sie auf diese Weise so lange überleben konnten. Drei Typen waren es, aber sie schafften es nicht, die Tür oder das Fenster aufzukriegen. Wie ich sagte: Idioten. Amateure. Und dann kamst du. Du ranntest um die Ecke, warst mutiert,

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