Stählerne Jäger.
daran ihn vor einem Gefängniskoller bewahren würde.
Er ließ seine halbe Portion übrig, aß den kleinen Schokoladekuchen und trank das Wasser und seine Milch. Da niemand nachfassen durfte, sah er sich nach jemandem um, der seine Reste wollte. Die beiden Alten neben ihm lehnten ab. Also fragte er den vierten Mann an ihrem Tisch: »Hey, willst du noch was?«
»Verdammt, lass mich in Ruhe!«, knurrte der Kerl. Patrick bedauerte, ihn angesprochen zu haben. Der Mann war groß, hager und sehnig und trug sein schon grau gesprenkeltes Haar sehr kurz. Ein Schlägertyp mit Blumenkohlohren und schiefer Boxernase. Seine Arme waren bis zu den Schultern hinauf mit Tätowierungen bedeckt – aber die stammten aus keinem Tätowierstudio, sondern waren von Häftlingen mit zugespitzten Kugelschreiberminen gemacht worden…
… und die größte Tätowierung auf seinem linken Arm stellte das Wappen der Satan's Brotherhood dar. Oh, Scheiße!
Der Biker hockte über sein Tablett gebeugt da und hielt es mit beiden Armen umfasst, als müsse er es vor einem Dieb schützen.
Patrick hielt es für ratsam, schleunigst aus der Kantine zu verschwinden. Er stand hastig auf. »Hey!«, knurrte der Biker und starrte ihn mit dem wirren Blick eines Psychopathen an. »Du!
Wer bist du?«
»Niemand, Chef«, sagte Patrick.
»Red keinen Scheiß«, sagte der Biker. »Ich kenn dich. Hab von dir gehört. Du bist das Schwein, das rumgelaufen ist und Jungs von der Brotherhood umgebracht hat.«
Die beiden Alten verdrückten sich schleunigst. Der Biker stemmte sich hoch und fixierte sein Gegenüber mit brennendem Blick. Patrick sah sich Hilfe suchend nach dem Wachturm um, aber die Wärter waren beschäftigt. »Hör zu, Chef«, sagte Patrick, »du irrst dich. Ich habe keinen von der Brotherhood umgebracht.«
Aber der Biker explodierte wie ein Vulkan. »Ich bring dich um, Scheißkerl!«, kreischte er und stürzte sich auf Patrick. Er riss ihn mit sich zu Boden, wälzte sich auf ihn, klemmte ihm die Arme mit den Knien fest und drosch auf sein Gesicht ein.
» Der… ist… für… die… Bro… ther… hood!«, brüllte er bei jedem Faustschlag.
Jetzt drängten auch die anderen Häftlinge heran. »Gib's ihm!«, feuerten sie den Biker an. »Mach das Schwein fertig! Kill ihn für die Brotherhood!«
Patrick fühlte etwas Warmes auf seinem Gesicht und nahm verschwommen wahr, dass die Fäuste und das T-Shirt des Bikers von Blut gerötet waren. Dann schlossen die gewaltigen Pranken des Angreifers sich um seinen Hals. In seiner Benommenheit hörte Patrick noch Trillerpfeifen schrillen und eine Lautsprecherstimme den Befehl plärren, alle Häftlinge sollten sofort in ihre Zellen zurückkehren. Der Biker drückte noch fester zu. Er spürte eine Hand an seinem Hals, eine andere seitlich an seinem Kopf, ein kräftiger Ruck – dann wurde es dunkel um ihn.
4
Mount Vernon Road,
Newcastle, Kalifornien
(Mittwoch, 1. April 1998, 9.05 Uhr Ortszeit)
Jon wachte in absoluter Dunkelheit auf. Er merkte, dass seine Hände und Füße mit Handschellen an einen Heizkörper gefesselt waren. Sein Kopf war mit einer schwarzen Kapuze aus dickem Stoff verhüllt, jemand hatte ihn nackt ausgezogen. Er hatte bohrende Kopfschmerzen von dem Gas, mit dem er betäubt worden war, und konnte riechen, dass er sich in die Kapuze übergeben hatte.
So lag er scheinbar stundenlang da. Endlich hörte er, wie eine Tür geöffnet wurde. Schritte kamen näher. »Guten Morgen, Dr.
Masters«, sagte eine Stimme.
»Sie müssen einer von Townsends Schergen sein«, fauchte Masters. »Lassen Sie mich sofort frei, Arschloch!«
Ein Schlag mit einer Reitgerte traf seine nackten Schultern.
»Sie nennen mich entweder ›Major‹ oder ›Sir‹«, sagte Bruno Reingruber. »Und Sie führen sich in meiner Gegenwart wie ein Mann auf, nicht wie irgendeine Comicfigur. Ihre Lage ist auch ohne die zusätzliche Unannehmlichkeit, wegen rüden Benehmens bestraft zu werden, schon ernst genug.«
»Fuck you!«, sagte Jon. »Lassen Sie mich sofort frei! Hilfe!
Helft mir doch! Hilfe! Irgendein gottverdammter Deutscher will mich abmurksen!«
»Gut, wenn – Sie nicht anders wollen, Herr Doktor«, sagte Reingruber. Mehrere grobe Händepaare packten Masters, sperrten die Handschellen auf und zwangen ihn, sich auf dem Betonboden auf den Bauch zu legen. Die Handschellen schnappten hinter seinem Rücken zu, dann wurde er hochgehoben und in einen riesigen Stahlzylinder gestellt. Als eiskaltes Wasser über ihn hereinbrach,
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