Stählerne Schatten
Ersatzteilen wie alten Transistoren, alten Funkgeräten oder alten Flugzeugen alle möglichen komplizierten Geräte bauen. Er verstand es, defekte Geräte so zu reparieren, daß sie besser als neue funktionierten – und er konnte vor allem andere Techniker dazu anlernen.
In seinem Kopfhörer sagte eine Stimme: »Lightfoot, Radar.«
Ohne seine Haltung zu verändern oder die Beobachtung der Aktivitäten an Deck zu unterbrechen, drückte White auf seine Sprechtaste. »Radar, kommen.«
»Z minus zehn, kein Flugzeug, kein Schiff in fünf Seemeilen Umkreis«, meldete der Radaroffizier der Mistress.
»Verstanden«, antwortete White. »Ab sofort Meldungen alle zwei Minuten, Schiffsbewegungen in zehn Meilen Umkreis melden. Ende.« White hob den Kopf und beobachtete, wie der Teleskopmast mit dem X-Band-Überwachungsradar SPS-69
ausgefahren wurde. Die Reichweite dieses Radars betrug normalerweise nur etwa sechs Seemeilen, die sich auf fast fünfzehn steigern ließen, wenn der Mast auf dreißig Meter Höhe ausgefahren wurde. Aber das geschah nur nachts oder in Notfällen, weil ein Überwachungsradar in dieser Höhe auf einem angeblich zivilen Schiff immer sehr verdächtig wirkte. Noch verdächtiger auf einem »Bergungsschiff« war ein weiteres Radargerät, das in einem Gehäuse unmittelbar vor dem Hubschrauberhangar untergebracht war; ein zweidimensionales B-Band-Luftraumüberwachungsradar SPS-40E, das Flugzeuge in Höhen bis zu 33.000 Fuß und bis zu hundert Seemeilen Entfernung orten konnte.
Trotz des Arbeitslärms in seiner Umgebung hörte White ein weiteres vertrautes Geräusch. Als er sich nach Steuerbord umdrehte, sah er einen Mann, der sich mit aufgesetztem Kopfhörer über die Reling beugte – weit über sie beugte. »Die Haie füttern«, wie die Besatzung es nannte, kam auf der mit Stabilisatoren ausgerüsteten Mistress bei gutem Wetter verhältnismäßig selten vor, aber dieser arme Kerl war seekrank, seit er an Bord gekommen war. White drückte grinsend seine Sprechtaste: »Alles okay, Jon?«
Der Angesprochene fuhr sich hastig mit dem Handrücken über den Mund, als sei er überrascht, daß jemand ihn bemerkt hatte, obwohl überall in seiner Nähe Männer und Frauen arbeiteten. Dann richtete er sich auf und kam unsicher auf White zu. Mit seinen achtunddreißig Jahren hätte Jonathan Colin Masters als Fünfzehnjähriger durchgehen können. Sein kurzes dunkelbraunes Haar sah aus, als habe jemand – vermutlich er selbst – es mit einer Heckenschere geschnitten. Normalerweise verschwand es unter einer verkehrt herumgetragenen Baseballmütze, die jedoch schon vor Tagen über die Reling gefallen war. Masters hatte schlaksige Gliedmaßen, die seine Bewegungen unbeholfen erscheinen ließen, aber auf seinem spindeldürren Hals saß ein erstaunlich brillanter Kopf.
Er hatte schon mit dreizehn das Dartmouth College absolviert und als Zwanzigjähriger am Massachusetts Institute of Technology promoviert, und nun war er Präsident der in Arkansas ansässigen Firma Sky Masters, Inc., die Spezialflugzeuge und Raumfahrzeuge konstruierte, baute und einsetzte.
SMI nahm sich Neuentwicklungen vor und miniaturisierte sie, bis aus riesigen Delta-Raketentriebwerken auf Lastwagen verladbare Abschußrampen oder aus tonnenschweren Fernmeldesatelliten brotkorbgroße Geräte geworden waren. Masters war an Bord, um die Erprobung seiner neuesten Erfindung zu überwachen.
»Na, geht’s wieder, Jon?« fragte White, als der jungenhaft wirkende Wissenschaftler auf ihn zukam. Die Frage war ernst gemeint: Seekrankheit war ebenso unangenehm wie jede andere Erkrankung und konnte selbst bei gesunden Menschen mit normalem Flüssigkeitshaushalt zu Problemen führen. Masters war dünn wie eine Bohnenstange, und die Temperatur in diesem Seegebiet lag oft bei über fünfunddreißig Grad.
»Warum bleiben Sie nicht drinnen, wo alles klimatisiert ist?«
»Ich brauche Fenster, Paul«, sagte Masters mit schwacher Stimme. »Ihr verdammtes Schiff hat nirgends Fenster. Ich muß den Horizont sehen, damit ich weiß, wo oben und unten ist.«
»Sie sind bestimmt schon einige tausend Stunden geflogen, Jon«, sagte White lächelnd, weil er sah, daß es Masters vorläufig wieder besserging, »aber seit Italien haben Sie jeden Tag Probleme gehabt. Schon mal luftkrank gewesen?«
»Niemals.«
»Tragen Sie die Scopolaminpflaster, die der Doc Ihnen gegeben hat?«
»Ich habe schon so viele dieser verdammten Pflaster aufgeklebt, daß ich ganz wund hinter den
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