Stählerne Schatten
Flugzeug absorbiert einen Teil der auftreffenden Radarenergie und strahlt den Rest in schmalen Keulen ab, die von der Senderantenne weggerichtet sind. Das führt dazu, daß die Radarantenne so wenig zurückgestrahlte Energie empfängt, daß sie kein Ziel erkennen und ein Radarbild erzeugen kann«, erklärte Sattari. »Der von der Außenhaut des Flugzeugs und anderen Systemen – der sogenannten Tarnkappe, die solche Maschinen haben sollen – absorbierte Energieanteil ist relativ klein; er dürfte bei zehn bis zwanzig Prozent liegen. Die restliche Energie bleibt erhalten und wird nur nicht wie vorgesehen zur Radarantenne zurückgestrahlt.«
»Kommen Sie zur Sache, Mansur!«
»Exzellenz, das Problem ist nicht, daß wir das Radarecho nicht empfangen können oder daß es zu schwach ist – das Problem ist, daß die Antenne, die es empfangen soll, am falschen Ort steht. Wäre es möglich, die Empfangsantenne anderswo aufzustellen und mit der Sendeantenne zu synchronisieren, oder könnte man mehrere synchronisierte Antennen benützen, würde die abgestrahlte Radarenergie entdeckt und das Flugzeug auf dem Radarschirm sichtbar.
Genau das ist heute nacht für kurze Zeit passiert, Exzellenz.
Rein zufällig hatten wir zwei perfekt synchronisierte Stationen im Einsatz: ein Frühwarnflugzeug A-10 Mainstay über der Straße von Ormus und eine Radarstation in Bandar Abbas;
beide Stationen haben miteinander in Verbindung gestanden und Radardaten ausgetauscht. Als das Flugzeugradar gesendet hat, hat die Bodenstation das Radarecho empfangen – der Stealthbomber ist in Bandar Abbas auf dem Radarschirm zu sehen gewesen. Nur für eine Sekunde – nicht lange genug, um ihn zu orten oder auch nur wiederzufinden –, aber er war sichtbar.«
»Wenn wir also zwei Radarstationen synchronisieren«, sagte Buschasi, »oder sogar mehr als zwei, müßten wir den Stealthbomber orten können.«
»Ja, das sollte möglich sein«, bestätigte Sattari. »Ich habe meine besten Ingenieure auf dieses Problem angesetzt. Da ich annehme, daß Sie die Trägerkampfgruppe Khomeini bestmöglich schützen wollen, richte ich das System so ein, daß das Überwachungsradar der Khomeini die Hauptstation darstellt, während die Radarstation in Chah Bahar und ein Frühwarnflugzeug A-10 Mainstay als Nebenstationen fungieren. Wir müssen ihre Frequenzen und Sendezeiten genau synchronisieren, damit die Nebenstationen auf Empfang sind, wenn die Hauptstation sendet – und natürlich umgekehrt. Alle Radardaten werden an die Khomeini übermittelt, die daraus ein Bild zusammensetzt. Das Beste daran ist, Exzellenz«, fügte Sattari zufrieden grinsend hinzu, »daß der Stealthbomber vermutlich nicht merkt, daß er geortet wird!«
»Wie ist das möglich, Mansur?«
»Weil unsere Abfangjäger zunächst nur ihr Luftraumüberwachungsradar benützen«, erläuterte Sattari. »Der Stealthbomber glaubt, von Radargeräten dieser Art nicht entdeckt werden zu können. Das Zielsuchradar der Jäger, die ihn abschießen sollen, wird erst in geringer Entfernung eingeschaltet, und mit etwas Glück erfaßt der Infrarotsuchkopf einer Jagdrakete den amerikanischen Bomber, bevor seine Besatzung auch nur ahnt, daß wir ihn sehen!«
»Ausgezeichnet, Mansur, ganz ausgezeichnet«, sagte Buschasi aufgeregt. »Wenn das wirklich alles so funktionieren sollte, werde ich Sie zu meinem Stellvertreter als Oberbefehlshaber der Streitkräfte befördern. Lassen Sie dieses System sofort einrichten. Und sorgen Sie dafür, daß wir reichlich Abfangjäger in der Luft haben. Wenn die Amerikaner vier Jäger starten, will ich, daß wir ihnen acht entgegenstellen können.«
»Ich weiß nicht, ob ein so massiver Einsatz ratsam wäre, Exzellenz«, wandte Sattari vorsichtig ein. »Er würde die ganze Welt gegen uns aufbringen.«
»Alle Welt, besonders die Amerikaner und die GKR-Staaten, wird bald merken, wie gefährlich es ist, uns zu provozieren!«
antwortete Buschasi. »Ich will, daß die Straße von Ormus abgeriegelt wird, und die Trägerkampfgruppe Khomeini soll diese Sperre mit Unterstützung der Jäger und Bomber aus Chah Bahar überwachen. Der Persische Golf gehört uns!«
ANDERSON AIR FORCE BASE, YIGO, GUAM
24. APRIL 1997, 18.38 UHR ORTSZEIT
Der Alptraum war so real, daß er alles so deutlich hörte und spürte, als sei er selbst im Cockpit der tödlich getroffenen Maschine – die Schreie der Piloten, als ihr Tankflugzeug KC-10A steuerlos trudelnd in den schwarzen Golf von Oman abzustürzen begann;
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