Stählerne Schatten
das gräßliche, alles zerschmetternde Krachen, als der Tanker aufs Wasser aufschlug; die zu Fels gewordene Meeresoberfläche, auf der ihre Leiber zerschellten, bevor sie in Fetzen gerissen davontrieben. Sie brüllten, sie kreischten seinen Namen, verfluchten ihn, verfluchten seine Eltern, verfluchten seine Dummheit…
Verdammt, ich bin schuld an ihrem Tod, dachte Patrick McLanahan. Nach den Angriffen auf Bandar Abbas, die Trägerkampfgruppe Khomeini und Chah Bahar hätte er niemals eine Luftbetankung in Reichweite iranischer Jäger verlangen dürfen. Er hatte gewußt, daß die iranische Luftwaffe sich in höchstem Alarmzustand befand; er hatte gewußt, daß Jäger patrouillieren würden, um irgendwo Revanche zu suchen… Er spürte, wie der Ozean sie verschlang, er fühlte, wie das Salzwasser sie davontrug – weg von jeglicher Hilfe, weg von der Heimat…
Aber das Salzwasser hatte nichts mit dem Golf von Oman zu tun – es bestand aus Tränen. Patrick McLanahan weinte noch im Schlaf um die Besatzung des Tankflugzeugs. Aber als er aufwachte, stellte er fest, daß das nicht nur seine eigenen Tränen waren…
»Wendy!« rief Patrick aus. »Mein Gott, du bist da!« Er umarmte seine Frau, die ihn lange an sich gedrückt hielt. Sie trug keinen Halsverband mehr, und ein leichtes hypoallergenes Make-up verdeckte ihre Wunden.
»Ich bin hereingekommen und habe dich im Schlaf weinen gesehen«, erklärte Wendy. »Das hat mir schrecklich weh getan.
Ich wollte dich nicht wecken, aber ich wollte auch nicht, daß du so leidest.«
»Wendy, was tust du hier?«
»Als du der NSA gemeldet hast, daß du betankt wirst und auf Guam landen willst, hat Jon Masters seine DC-10, von der aus er sonst Satelliten startet, vollgeladen, ein halbes Dutzend weitere Frachtflugzeuge gechartert und mich hierher mitgenommen. Er hat alles dabei, was an Satelliten und Disruptoren verfügbar war, und will den Iranern heimzahlen, was sie der Valley Mistress und ihrer Besatzung angetan haben.«
»Arbeitest du jetzt bei Sky Masters?«
»Nachdem General Freeman dich plötzlich weggeholt hatte, habe ich bei Jon unterschrieben«, bestätigte Wendy. »Ich bin als seine Vizepräsidentin für Neuentwicklungen zuständig. Jon stellt uns alles zur Verfügung; ein Apartment in San Diego, einen Geschäftswagen und sogar ein Flugzeug für Flüge zu seinem Werk in Tonopah.«
»Und die Bar… ?«
»Die habe ich an Charlie O’Sullivan und seine Investorengruppe verpachtet«, antwortete Wendy. »Entschuldige, daß ich dich vorher nicht gefragt habe, Patrick, aber wir wissen beide, daß du dort nicht glücklich gewesen bist. So gehört die Bar weiter dir, wir bekommen regelmäßige Pachtzahlungen, und du hast Zeit, Amerika zu retten, statt Tische abzuräumen.
Wenn du willst, bekommst du die Bar nächstes Jahr zurück, oder kannst sie jederzeit an die Gruppe verkaufen. Ich hätte dich lieber vorher gefragt, aber… «
Patrick ergriff ihre Hand, drückte sie beruhigend und küßte dann ihre Finger. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen, Wendy«, versicherte er. »Du hast recht: Ich bin dort nicht glücklich gewesen. Aber ich habe nicht den Mut gehabt, das zu sagen.« Dann war sein Blick für kurze Zeit wieder in die Ferne gerichtet, als verfolge er eine Szene, die sich vor seinem inneren Auge abspielte.
Aber Wendy nahm seinen Kopf zwischen ihre Hände und sagte streng: »Schluß damit, Mr. McLanahan. Ich weiß genau, was du tust – du stellst dir den Tod der Besatzung des abgeschossenen Tankflugzeugs vor.«
»Du hast davon gehört?«
»Nicht offiziell… aber Jon Masters hat alles verfolgt«, sagte Wendy. «Wir haben gehört, wie erfolgreich du seine Disruptoren über Bandar Abbas und über der Trägerkampfgruppe Khomeini eingesetzt hast. Und wir wissen auch, daß du ursprünglich keinen Auftrag hattest, ›Kreischer‹ gegen Chah Bahar einzusetzen. Hal Briggs hat dieses Rettungsunternehmen auf eigene Faust unternommen und einfach auf Verdacht deine Unterstützung angefordert. Patrick, er war erfolgreich! Ich habe gehört, daß Briggs viele Überlebende befreit und zurückgebracht hat. Warum bist du so unglücklich?«
»Wendy, diese KC-10-Besatzung würde noch leben, wenn ich sie nicht aufgefordert hätte, uns bis über den Golf von Oman entgegenzukommen«, sagte Patrick. »Weil ich unbedingt tanken wollte, um nach Whiteman zurückfliegen zu können, statt nach Diego Garcia ausweichen zu müssen, habe ich den Jungs praktisch befohlen, sich dort mit
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