Stählerne Schatten
begann, ihn mit englischen und arabischen Schimpfwörtern zu überhäufen. Briggs nahm Haltung an, erwiderte seinen Blick und ließ alles mit ausdrucksloser Miene über sich ergehen. »Wer immer Sie sind, ich befehle Ihnen, abzutreten und uns vorbeizulassen!« schrie der Oberbefehlshaber der Luftwaffe ihn auf englisch an. »Und dann sorge ich dafür, daß Sie aus diesem Land in Schimpf und Schande fortgejagt werden!«
»Ja, Sir«, sagte Briggs. Er grüßte zackig und wollte beiseitetreten…
… aber Riza Behrouzi hielt ihn am Arm fest. »Sie und Ihre Männer begleiten uns zum Grab, Major Briggs«, sagte sie. »Das ist ein Befehl.«
»Briggs? Das ist Major Harold Briggs, der das Unternehmen angeführt hat, bei dem unser Mann gefallen ist?« blaffte der Oberst. »Dieser unfähige Trottel wagt es, mit seinen Leuten hier aufzukreuzen?«
»Es ist eine große Ehre, daß diese Männer gekommen sind, Oberst«, antwortete Behrouzi. Sie deutete auf die Marineinfanteristen am Straßenrand. »Das sind die Männer, die durch den Heldenmut unseres Soldaten gerettet worden sind. Sie sind gekommen, um ihrem Kameraden die letzte Ehre zu erweisen.«
»Schön, das haben sie getan«, knurrte der Oberst. »Sorgen Sie jetzt dafür, daß sie augenblicklich verschwinden!«
»Sir, ich habe noch eine Bitte… «, sagte Briggs.
»Sie halten gefälligst den Mund!«
»Aber ich will sie hören, Oberst«, warf Behrouzi ein. »Das ist ein Befehl.« Die Mutter des Gefallenen war sichtlich entsetzt darüber, daß eine Frau, selbst ein Major wir Behrouzi, so energisch mit einem hohen Offizier sprach. »Wie lautet Ihre Bitte, Major?«
»Danke, Ma’am«, sagte Briggs. Statt seine Bitte jedoch zu erläutern, drehte er sich um und gab seinen Männern einen kurzen Befehl. Daraufhin traten die Marineinfanteristen von beiden Seiten an den Sarg heran – dicht genug, um ihn berühren zu können, aber nicht so nahe, daß sie die Sargträger behinderten.
»Was soll das… nein, nein, das erlaube ich nicht!« rief der Oberbefehlshaber der Luftwaffe laut.
Aber gleichzeitig erwiderte einer der arabischen Sargträger den Blick des Marineinfanteristen neben ihm, nickte wortlos und überließ ihm dann seinen Platz. Während der Amerikaner seine Schulter unter den Sarg des Gefallenen schob, führte der bisherige Sargträger seine Finger an die Lippen, berührte die über den Sarg gebreitete Nationalflagge, trat zur Seite und nahm Haltung an.
»Das ist streng verboten! Das erlaube ich nicht! Das ist eine Beleidigung!« Aber ein arabischer Soldat nach dem anderen überließ seinen Platz einem Marineinfanteristen, bis der Sarg schließlich von acht Amerikanern getragen wurde.
»Ihre Männer halten es offenbar für richtig, daß der Sarg unseres Gefallenen von den Marineinfanteristen getragen wird, die der Verstorbene gerettet hat, Oberst«, stellte Behrouzi fest. »Das ist nichts, was Sie oder ich zu entscheiden haben.« Die Mutter des Gefallenen jammerte weiter – mehr aus Angst, Protest und Verwirrung als aus Trauer um ihren Sohn. –, aber nach einem strengen Blick Behrouzis, und als sie sah, daß der Oberst nicht mehr widersprach, verstummte ihr lautes Wehklagen. »Major Briggs, nehmen Sie Ihren Platz als Kommandeur der Ehrenwache an der Spitze des Trauerzugs ein.«
Briggs grüßte erneut und trat so vor Behrouzi und die Familie des Gefallenen, daß er einen Schritt links hinter dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe stand. Bevor er seine Männer weitermarschieren ließ, drehte er sich nach den Angehörigen des Toten um. »Im Namen meiner Männer und ihrer Familien danke ich Ihnen für dieses Opfer, Madam. Gott segne Sie und Ihr Land«, sagte Briggs halblaut, bevor er nochmals grüßte. Die Witwe nickte dankend, obwohl sie nicht verstanden hatte, was der amerikanische Offizier gesagt hatte, und der älteste Sohn des Gefallenen erwiderte stolz seinen Gruß.
Der Trauerzug setzte sich wieder in Bewegung. Zum Erstaunen der Gaffer verschwand er auf dem Friedhof, den noch kein Ungläubiger betreten hatte, und die Beisetzung lief ohne weitere Zwischenfälle ab.
»Das mit der Beerdigung ist eine sehr schöne Geste gewesen, Leopard«, sagte Behrouzi abends. Sie hatte ihn zum Abendessen in ihr Apartment auf dem Luftwaffenstützpunkt Mina Dschebel Ali in Dubai eingeladen. »Ich danke dir dafür. Das werden unsere Soldaten nie vergessen.«
»Ich habe versucht, eine Genehmigung für die Teilnahme an der Beerdigung einzuholen, aber niemand wollte dafür zuständig
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