Stählerne Schatten
Flammen stehenden Valley Mistress. Einzelheiten waren kaum zu erkennen, aber ihre Umrisse schienen sich verändert zu haben; sie hatte so starke Schlagseite, daß Jon Masters vermutete, sie sei dem Kentern nahe. Er hatte noch nie ein Schiff sinken sehen – seihst aus größerer Entfernung war das ein grausiges Bild. Sie hörten lautes Zischen, Knacken und das schreckliche Geräusch berstender, reißender Stahlplatten übers Wasser hallen. Einige Minuten später herrschte Stille: Die Valley Mistress war spurlos gesunken, für immer verloren.
IM WEISSEN HAUS, WASHINGTON, D.C.
EINIGE STUNDEN SPÄTER
»Bitte erzählen Sie uns nichts von Verrat und staatsgefährdenden Umtrieben, Madam Vizepräsident«, sagte Dr. Ali Akbar Welajati, der iranische Außenminister, am Telefon. Er sprach ausgezeichnetes Englisch mit leicht britischem Akzent. »Erst unterstützen die Vereinigten Staaten den Golfkooperationsrat bei seinem mutwilligen Überfall auf iranisches Staatsgebiet, dann verletzen Sie unsere Freiheit, unsere Souveränität und unser Recht, internationale Gewässer ungehindert zu befahren, indem Sie unsere Schiffe von Spionageflugzeugen überfliegen lassen. Nicht nur das, Madam – unsere Schiffe und Flugzeuge sind von Ihrem Spionageschiff angegriffen worden! Das ist ein kriegerischer Akt, den allein Sie zu verantworten haben!«
»Die Vereinigten Staaten haben keine Spionageschiffe oder -flugzeuge in der Nähe Ihrer Flotte eingesetzt, Dr. Welajati«, widersprach Ellen Christine Whiting ihm. »Die Vereinigten Staaten werden Angriffe auf unbewaffnete Handelsschiffe in internationalen Gewässern oder den Hoheitsgewässern verbündeter Staaten keinesfalls hinnehmen. Wir werden… «
Welajati unterbrach die Vizepräsidentin jedoch. »Um Frieden und Sicherheit in der gesamten Region zu gewährleisten, müssen alle mit diesen Anschuldigungen und Drohungen aufhören, sich zur Hilfeleistung bei Such- und Rettungsmaßnahmen verpflichten und gemeinsame Anstrengungen zur Wiederherstellung des Friedens unternehmen«, sagte der Minister.
»Die Islamische Republik konzentriert sich auf die Beseitigung der auf der iranischen Insel Abu Musa angerichteten Zerstörungen – wohlgemerkt nach Tod und Vernichtung, die Sie und Ihre zionistischen Handlanger über uns gebracht haben!«
»Ich kann Ihnen versichern, Minister, daß weder die Vereinigten Staaten noch Israel etwas mit den Angriffen auf Abu Musa zu schaffen gehabt haben«, sagte Whiting. »Der Golfkooperationsrat hat auf die Bedrohung durch Fla-Raketen, Lenkwaffen zur Schiffsbekämpfung und ballistische Raketen großer Reichweite reagiert, die Sie auf Ihrem illegalen Stützpunkt aufgestellt haben. Ich kann Ihnen versichern, Minister, daß die Vereinigten Staaten nicht dulden werden, daß… «
»Ich habe Ihnen gesagt, Madam, daß den Iran keine Schuld trifft! Nicht die geringste!« explodierte Welajati. »Provozieren Sie meine Regierung nicht, Madam! Amerika will Krieg mit dem Iran! Wir sind nicht kriegslüstern wie Amerika! Wir wollen Frieden! Aber wir werden entschlossen handeln, um Volk und Heimat zu schützen! Wir verlangen, daß alle Kriegsschiffe sofort den Persischen Golf verlassen. Alle ausländischen Kriegsschiffe müssen ihn verlassen.«
Whiting machte vor Erstaunen große Augen. »Wie bitte, Minister?«
»Madam, die Islamische Republik fordert, daß alle ausländischen Kriegsschiffe den Persischen Golf verlassen«, bestätigte Welajati. »Die Anwesenheit offensiver Kriegsschiffe im Golf bedroht unsere Sicherheit und Souveränität; sie könnte als feindseliger Akt gegen den Iran ausgelegt werden.«
»Minister Welajati, der Persische Golf ist nicht der Privatteich der Islamischen Republik Iran«, stellte die Vizepräsidentin fest. »Alle Schiffe, auch Kriegsschiffe, dürfen ihn jederzeit ungehindert befahren.«
»Dann riskieren Sie einen Krieg. Sie wollen Krieg mit dem Iran… «
»Wir wollen mit niemandem Krieg, Dr. Welajati«, sagte Whiting, »aber Sie haben die internationale Schiffahrt und das Recht, den Persischen Golf ungehindert zu befahren, dadurch schwer gefährdet, daß Sie auf der Insel Abu Musa Lenkwaffen zur Bekämpfung von Schiffszielen aufgestellt haben.«
»Dürfen wir unser Eigentum nicht verteidigen?« fragte Welajati. »Dürfen wir unsere Rechte und unsere Freiheit nicht verteidigen?«
»Selbstverständlich dürfen Sie das, Sir«, antwortete Whiting, »aber die Waffen, die Sie auf Abu Musa stationiert haben, sind keine Defensiv-, sondern
Weitere Kostenlose Bücher