Stählerne Schatten
entschlossen, so etwas nicht wieder passieren zu lassen.
Die Geschichte würde ihm keine mildernden Umstände zubilligen, falls irgend etwas schiefging, bevor die andere Seite den ersten Schuß abgab. Stürzte die B-2A bei einem geheimen Aufklärungsflug über dem Iran ab oder traf eine ihrer Lenkwaffen zur Ansteuerung von Radarstationen eine Schule oder ein Krankenhaus, würde man Martindale als Kriegstreiber anprangern. Als Vizepräsident hatte er diesen Titel gern akzeptiert – jetzt wußte er nicht recht, ob ein derartiger Beiname seiner politischen Karriere noch förderlich war. Aber wenn der Einsatz der B-2A verhinderte, daß ein Konflikt eskalierte, wenn er zur rechten Zeit am rechten Ort erfolgte, bedeutete das einen großen militärischen und außenpolitischen Erfolg für ihn…
»Machen Sie’s, Philip«, entschied der Präsident. »Aber unauffällig. Sie stellen ein Team zusammen, arbeiten einen Plan aus und erstatten mir dann Bericht. Sobald mir Ihr Plan vorliegt, unterrichte ich das Kabinett selbst. Vielleicht wird der Plan nie in die Tat umgesetzt, aber beginnen Sie trotzdem mit den Vorarbeiten. Kleine Schritte, General. Behutsam und unauffällig. Alles streng geheim.«
»Ja, Sir«, sagte Freeman nur.
Martindale hatte bemerkt, daß Whiting kurz die Augen schloß, und erklärte ihr: »Damit ist Ihre Frage beantwortet, Ellen – ja, ich übernehme die Verantwortung. Wenn diese Sache noch im Rahmen der Legalität bleibt, riskiere ich es. Ich muß irgend etwas unternehmen; ich darf nicht darauf warten, daß die Situation im Nahen Osten explodiert, bevor wir handeln.
Ich will einen Trumpf im Ärmel haben, um ihn ausspielen zu können, bevor ich den Kongreß und unsere Verbündeten ersuchen muß, einem militärischen Eingreifen zuzustimmen.« Er drückte auf die Sprechtaste der Gegensprechanlage und wies seine Privatsekretärin an, ihm die Liste der wichtigsten Anrufer vorzulegen. »Das wär’s für heute, Ellen und Phil.«
Aber während Martindale seine Sekretärin anwies, den ersten Anrufer zurückzurufen, wußte er, daß das nicht stimmte.
Die Probleme hatten gerade erst begonnen.
AN BORD DER AIR FORCE ONE IRGENDWO ÜBER
TEXAS,
SPÄTER AM SELBEN TAG
Wie immer, wenn er mit der Air Force One flog, kam der Präsident in den hinteren Salon, in dem mehrere Angehörige des Pressekorps des Weißen Hauses arbeiteten, und nahm sich bei Kaffee und frisch gebackenen Vollkorn-Teekuchen aus einer der beiden Küchen der Präsidentenmaschine ein paar Minuten Zeit für jeden einzelnen Journalisten. Martindale hatte seinen dunkelblauen Blazer mit roter Seidenkrawatte gegen eine hellblaue Fliegerjacke mit dem Emblem der Air Force One vertauscht, unter der sein weißes Oberhemd sichtbar war.
»Wie geht’s heute nachmittag hier hinten, Leute?« Alle Reporter waren aufgestanden, als ein Secret-Service-Agent den Präsidenten angekündigt hatte, und Martindale hörte unverständliches Stimmengewirr und sah lächelnde Gesichter, so daß er vermutete, alle hätten »Gut, Mr. President!« oder etwas in dieser Art gesagt. Den Präsidenten der Vereinigten Staaten in der Air Force One begleiten, zu dürfen, war der Traum eines jeden Reporters, deshalb gab es kaum jemals Klagen.
»Bitte nehmen Sie wieder Platz, danke. Haben Sie alle genug Kaffee?» Allgemeines Nicken und Lächeln. «Auch genug Arbeit? Ich könnte etwas Hilfe bei der Ausarbeitung meiner Rede vor der National Education Association brauchen.« Halblautes Gelächter. »Hat jemand irgendeine Frage?«
»Uns ist aufgefallen, daß Miss Scheherazade Sie nicht auf diesem Flug begleitet, Mr. President«, sagte eine Reporterin.
»Alles in Ordnung mit Ihnen beiden?«
»Nun, wie ich heute morgen gelesen habe, behaupten einige Ihrer Kollegen, Monica sei wütend auf mich, weil ich nicht zur Premiere ihres neuen Films gekommen bin«, sagte Martindale jungenhaft lächelnd. »Wenn ich Zeitung lese, komme ich mir manchmal wie auf dem Seziertisch vor. Tatsächlich ist Miss Scheherazade diese Woche zu Dreharbeiten an der Riviera…
oh, das hätte ich nicht verraten dürfen. Entschuldigung, Monica.« Sein spitzbübisches Grinsen zeigte, daß dieses PR-Spiel ihm Spaß machte. »Sonst noch was?«
»Ich weiß, daß Amerika sich offenbar nur noch für Ihr Liebesleben interessiert, Mr. President«, sagte ein erfahrener Fernsehreporter, der seinen Kameramann neben sich hatte, »aber Reuters hat gemeldet, der Iran habe vergangene Nacht im Golf von Oman ein Schiff und
Weitere Kostenlose Bücher