Stählerne Schatten
möglicherweise auch ein Flugzeug angegriffen. Irgendwelche Informationen darüber?«
»Nein«, behauptete der Präsident. »Es scheint sich jedenfalls um kein amerikanisches oder verbündetes Schiff gehandelt zu haben, denn bei mir sind keine Klagen oder Proteste eingegangen. Sonst noch… ?«
»Beunruhigt es Sie, daß der Iran seinen Flugzeugträger so demonstrativ in unmittelbarer Nähe des Persischen Golfs operieren läßt – und daß die Khomeini offenbar hochmoderne Flugzeuge und Lenkwaffen an Bord hat?«
»Viele Staaten, darunter auch die USA, haben im Persischen Golf oder in der Nähe Schiffe mit sehr modernen Waffen stationiert«, antwortete der Präsident. »Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten können sich notfalls verteidigen, aber ich sehe keinen Anlaß zur Beunruhigung. Tatsächlich hat der iranische Außenminister mir einen höchst interessanten Vorschlag unterbreitet, den wir jetzt sorgfältig prüfen – einen Plan, der vorsieht, sämtliche zu Angriffen auf Landziele geeignete Schiffe aus dem Persischen Golf abzuziehen. Ich kenne noch keine näheren Einzelheiten, aber die Idee klingt verlockend, nicht wahr?«
»Andererseits kommt es einem etwas unlogisch vor, daß die Iraner ihren Flugzeugträger entlang der Tankerrouten kreuzen lassen und dann vorschlagen, sämtliche Kriegsschiffe dieser Art aus dem Persischen Golf zu verbannen… «
»Nun, das könnte darauf hinweisen, daß der Träger lediglich ein Symbol für ihre Entschlossenheit, für ihren Wunsch ist, in der dortigen Region eine führende Rolle zu übernehmen«, meinte der Präsident.
»Sie empfinden die iranische Trägerkampfgruppe also nicht als Bedrohung?«
»Jedes Schiff mit Atomantrieb und der Bewaffnung, die der Träger offenbar hat, ist potentiell bedrohlich«, antwortete Martindale, »aber wir sind bereit, dieser Gefahr zu begegnen.
Jedenfalls scheint es vielversprechende Ansätze für eine dauerhafte Friedensregelung zu geben. Sollte Staatspräsident Nateq-Nouri einen Vorschlag machen wollen, würde ich ihn gern hören. Mir gefällt die Idee, den Persischen Golf zu entmilitarisieren.«
»Haben Sie vor, sich Monicas neuen Film anzusehen, obwohl Sie nicht zur Premiere gekommen sind, Mr. President?«
Martindale atmete insgeheim erleichtert auf. Gut, dachte er, jetzt sind sie glücklich wieder bei meinem Privatleben. Auch wenn es schwierig war, jede Stunde jedes Tages unter dem Medienmikroskop verbringen zu müssen, war das Thema der wachsenden iranischen Bedrohung im Nahen Osten noch weit schlimmer. Der erfahrene Fernsehreporter spürte seine Erleichterung und nickte wissend. Bei den anschließenden kurzen Einzelgesprächen würde das Thema Iran bestimmt nochmals zur Sprache kommen. »Tatsächlich habe ich Limbo schon gesehen«, antwortete der Präsident lächelnd. »In einer speziellen… Privatvorführung.«
»Ahhhh!« sagten die Reporter wie aus einem Mund. »Und was halten Sie von der Nacktszene?« wurde er zum zweihundertsten Mal gefragt, seit der Film am vergangenen Wochenende angelaufen war. »Sind Sie damit einverstanden, daß Ihre große Liebe Sexszenen mit Brad Pitt spielt?«
Der Präsident bedachte die Reporterin mit seinem berühmten jungenhaftunschuldigen Lächeln und antwortete: »Ich möchte wetten, daß Mr. Pitt sich die gleiche Frage in bezug auf mich gestellt hat.«
Kapitel Zwei
BARKSDALE AIR FORCE BASE, BOSSIER CITY,
LOUISIANA
16. APRIL 1997, 14.12 UHR ORTSZEIT
Schöner als in Louisiana im Frühling konnte es kaum irgendwo sein, fand Generalleutnant Terrill Samson von der U.S. Air Force. Geringe Luftfeuchtigkeit, angenehme Temperaturen und gute kühle Luft – perfekt. Zu perfekt für ihn, um den ganzen Tag in seiner Dienststelle zu verbringen.
Begonnen hatte der hochgewachsene Dreisternegeneral diesen Tag mit seinem wöchentlichen Zweimeilenlauf mit etwa hundert Offizieren und Unteroffizieren, der den Soldaten des Stützpunktes zum Vorbild dienen sollte. Danach folgten ein Frühstücksgespräch mit Geschäftsleuten aus der Umgebung über die Frage, was die Luftwaffe zur Neubelebung der Stadt und einer Senkung der Kriminalitätsrate beitragen könnte, ein ziemlich produktiver Vormittag, an dem er in seinem Dienstzimmer Schriftverkehr erledigt und Akten studiert hatte, und ein informelles Mittagessen mit den Teilnehmern eines Fortbildungslehrgangs für Unteroffiziere der Eighth Air Force, bei dem der General Fragen beantwortet hatte. An diesem Nachmittag wollte Samson, der sechsundvierzig Jahre
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