Stählerne Schatten
hast dieses Land schon dutzendmal gerettet – und dabei unzählige Male dem Leben riskiert. Ich bitte dich um meinetwillen, aber auch um deiner selbst willen: Laß dieses Leben hinter dir und fang hier und jetzt ein neues mit mir an.«
»Das tue ich, Wendy«, versprach Patrick ihr. Er holte tief Luft, drückte ihre Hand und wollte aufstehen. »Ich sehe lieber mal nach, ob Jenny schon da ist.«
»Noch etwas«, sagte Wendy und drückte ihn auf seinen Stuhl zurück. Sie griff erneut nach seinen Händen, und Patrick erwiderte ihren Blick. »Charlie O’Sullivan hat gefragt, ob er sich unsere Bilanzen noch mal ansehen kann, und möchte Bruce Tomlinson von der First Interstate mitbringen.« Sie wurde von einem weiteren Hustenanfall geschüttelt.
»Geht’s wieder, Sweetie?«
Sie ignorierte seine Frage und fuhr fort: »Er will diesen Schuppen wirklich kaufen, Patrick. Er kennt deinen Vater aus ihrer gemeinsamen Zeit bei der Polizei. Er hat das Kapital, um aus McLanahan’s eine echte Attraktion zu machen und erstklassige Gruppen zu engagieren – wir können uns nicht mal eine Lizenz für Tanzveranstaltungen leisten.«
»Das sind alles Dinge, an denen ich schon arbeite, Sweetheart.«
»Aber wir könnten uns die nötigen Verbesserungen nur leisten, wenn wir eine weitere Hypothek aufnehmen, was viel zu riskant wäre. Das hast du selbst gesagt«, stellte Wendy fest. Sie drückte seine Hände. »Ich bin deine Frau, deine Freundin und deine Geliebte, Patrick, deshalb fühle ich mich berechtigt, dir etwas zu sagen: Als Barkeeper bist du eine Niete.«
»Wie bitte?«
»Willst du lebenslänglich diese Bar betreiben, die du nur übernommen hast, weil du deinen Vater geliebt hast und nicht wolltest, daß deine Mutter sie verkauft?« fragte Wendy. »Du hast keine Lust, den Barkeeper zu spielen, Babe. Du wärst bestimmt kein schlechter, wenn du wolltest, aber du bist nicht mit dem Herzen dabei. Du… « Diesmal dauerte ihr Hustenanfall deutlich länger. »Außerdem wird die Luft in Sacramento nicht gerade besser, Darling. Der Stabsarzt in La Jolla sagt, ein Klimawechsel könnte mir guttun – San Diego, Arizona oder Lake Tahoe… «
»Du findest also, wir sollten verkaufen?«
»Dann hätten wir Geld für einen Neuanfang«, sagte Wendy.
»Wir könnten überall hingehen, alles mögliche machen. Jon Masters hat gesagt, er würde dich sofort einstellen. Jede amerikanische Rüstungsfirma würde uns beide mit Handkuß nehmen. Hal Briggs möchte uns bei seinem Bruder unterbringen, der in Georgis in großem Stil Polizeihunde ausbildet. Oder wir könnten ein Hausboot kaufen und das ganze Jahr zwischen Friday Harbor und Cabo San Lucas hin und her fahren – nur uns selbst und unseren Träumen verpflichtet. Wir könnten… «
Dann verstummte sie, weil sie sah, daß Patrick nicht zuhörte.
Er hatte das von Vietnamveteranen so bezeichnete »Tausendmeterstarren« aufgesetzt, das schlimme Erinnerungen signalisierte. Vor seinem inneren Auge lief wieder ein Bombenangriff, ein Luftkampf oder sonst irgendein gefährlicher Einsatz ab, bei dem um ihn herum Männer auf Frauen gefallen waren. Es war ein großer Fehler gewesen, Brad Elliott, Jon Masters und Hal Briggs zu erwähnen, das wußte sie jetzt. Sein Herz war weiter bei ihnen, wo immer sie sein mochten. Falls es wirklich ein Fegefeuer gab, saß Patrick McLanahan darin – und Wendy natürlich mit ihm.
Sie wußte, daß er sich gewaltsam von seinen alten Freunden losgerissen hatte, um mit ihr nach Kalifornien zurückzugehen, damit sie die Verletzungen ausheilen konnte, die sie bei einem äußerst ungewöhnlichen Flugunfall erlitten hatte. Ein russischer Spion namens Kenneth Francis James hatte den Prototyp eines Bombers abgeschossen, zu dessen Besatzung sie gehört hatte. Nur zwei der sieben Besatzungsmitglieder hatten den Abschuß überlebt; der Spion hatte bei seinem wilden Fluchtversuch sechs weitere Soldaten erschossen, mehrere verwundet und Sachschäden in Höhe von hunderten Millionen Dollar angerichtet. Dieser Vorfall hatte zur Entlassung sämtlicher hohen HAWC-Offiziere, auch Patrick McLanahans, und zur Schließung des Forschungszentrums in Nevada geführt.
Patrick, der sonst zum Major degradiert und an einen anderen Standort versetzt worden wäre, hatte sich für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand entschieden, um während der Genesung seiner Frau in ihrer Nähe sein zu können. Und weil er nicht untätig zu Hause herumsitzen wollte, hatte er die Leitung des
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