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Stählerne Schatten

Stählerne Schatten

Titel: Stählerne Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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nicht lärmende Cops mit hohem Adrenalinspiegel, die sich an Theken drängten, wo sie von knurrigen, überlasteten Barbesitzern bedient wurden.
    Patrick McLanahan, der das Lokal von seinem Vater übernommen hatte, hätte wirklich besser in einen Streifenwagen oder auf ein Polizeimotorrad als hinter eine Theke gepaßt. Obwohl Patrick beinahe Durchschnittsgröße hatte, wirkte er mit seinen breiten Schultern, muskulösen Armen und mächtigem Brustkasten viel kleiner. Lächelte der blonde, blauäugige Mann einmal, was heutzutage selten vorkam, wirkte er geradezu entwaffnend – wie ein großer, knuddeliger Teddybär. Aber niemand in der Bar konnte sich daran erinnern, wann der einundvierzigjährige Chef zuletzt unbefangen gelächelt hatte, und es war leicht, hinter dem Blick dieser leuchtend blauen Augen die vielen Sorgen zu erkennen, die ihn bewegten.
    An diesem Montagabend war in McLanahan’s nicht allzuviel los. Einige Stammgäste an der Bar, ein paar Cops, die noch herumsaßen, obwohl sie seit Stunden dienstfrei hatten, und einige Zufallsgäste, die aus dem Nieselregen ins nächste Lokal geflüchtet waren. Drei Männer und eine Frau, die an Einzeltischen saßen, Zeitung lasen, sich die Fernsehnachrichten ansahen und nur Kaffee tranken waren vermutlich U.S. Marshals, die noch Dienst oder Bereitschaft hatten. An einem anderen Tisch saßen Fans der San José Sharks, die den Sieg ihres Eishockeyteams über den Stanley-Cup-Gewinner Buffalo Sabres feierten, den sie auf dem Großbildfernseher über der Bar mitverfolgt hatten. In einer der Sitznischen saß ein großer Schwarzer, der seinen dunklen Mantel nicht ausgezogen hatte und sich ebenfalls auf den Fernseher konzentrierte; er wirkte leicht mitgenommen und überlastet – vielleicht ein höherer Beamter, der gerade Streit mit seiner Frau gehabt hatte, oder ein hiesiger Geschäftsmann, der sich Sorgen wegen der Entwicklung des Wirtschaftsraumes Sacramento nach Schließung aller Militärstützpunkte machte. Er hatte sein Samuel Adams mit einem Fünfzigdollarschein bezahlt.
    Während Patrick Drinks servierte und Tische abwischte, telefonierte er immer wieder mit Angestellten, bis er nach eineinhalb Stunden endlich jemanden gefunden hatte, der ihn ab dreiundzwanzig Uhr bis zur Sperrstunde ablösen würde, damit er etwas mehr Zeit hatte, sich um seine Gäste zu kümmern und sich auf seine Tätigkeit als Lokalbesitzer zu konzentrieren, statt selbst zu servieren. Schließlich entkam er in sein Büro und sank auf einen Stuhl neben der an seinem Schreibtisch Sitzenden, die mit der Schnelligkeit und Sicherheit auf einem Computer schrieb, die viel Übung mit solchen Tastaturen verriet. »Verdammt, wenn ich jemals wieder einen Vorspeisenteller oder ein Glas Weißwein sehe, ist’s noch zu früh! Meine Füße tun richtig weh.«
    Seine Frau Wendy drehte sich lächelnd nach ihrem Mann um; Patrick griff automatisch nach ihrer Hand, während sie miteinander sprachen. Wendy war Mitte Dreißig und hatte rot-blondes Haar, das sie kurz trug, und grüne Augen. Die linke Halsseite und ihr rechter Arm waren noch immer mit Verbänden bedeckt, und sie atmete hörbar mühsam, aber ihr Lächeln ließ Patricks Herz jedesmal dahinschmelzen. Die beiden waren erst seit vorigem Herbst verheiratet, aber ihr neues gemeinsames Dasein war durch Ereignisse unterbrochen worden, die ein ganzes Leben hätten füllen können, so daß sie sich als uraltes Ehepaar fühlten. »Denk daran, bevor du nächstes Mal eine Bedienung anschnauzt, weil sie dir nicht flink genug ist, Darling«, sagte Wendy. Sie unterdrückte ein weiteres Husten, und Patrick zuckte innerlich zusammen, als er dieses leise Röcheln hörte.
    «Wie geht’s dir, Sweetheart?« fragte Patrick besorgt. Heute war der letzte Tag von Wendys erster voller Teilzeitwoche mit Buchführung, Personalverwaltung und Warenbestellung für die Bar. In seinen sechzehn Dienstjahren in der U.S. Air Force hatte Patrick einige der härtesten Berufssoldaten Amerikas erlebt, aber für ihn stand fest, daß Wendy stärker und ausdauernder als jeder von ihnen war. Gewiß, sie war sehr abgemagert, kam leicht außer Atem, wenn sie sich zuviel bewegte, und brauchte außer acht Stunden Schlaf zwei Stunden Mittagsschlaf, aber sie war schon drei Wochen nach ihrem schweren Flugunfall aus dem Krankenhaus gekommen und hatte wenige Monate später wieder zu arbeiten begonnen.
    »Versuch nicht, das Thema zu wechseln, Darling«, antwortete Wendy mit gespielter Strenge. »Das war die

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