Stählerne Schatten
Familienbetriebs McLanahan’s Pub in Old Sacramento übernommen. Wendy war dankbar für das Opfer, das er für sie gebracht hatte, aber sie spürte, daß er sich danach sehnte, wieder in Aktion zu sein, obwohl er darüber verbittert war, weil die von Regierung und Luftwaffe nach dem James-Desaster betriebene Hexenjagd so viele Leben und Karrieren zerstört hatte. Seine Unruhe, sein auf Schuldgefühlen basierender Wunsch, bei seiner Frau zu bleiben und den Familienbetrieb zu führen, und seine hilflose Frustration verwandelten Patrick Shane McLanahan allmählich in einen deprimierten, leicht reizbaren, zornigen Menschen.
»Ich überleg’s mir, Sweetie«, sagte Patrick geistesabwesend, bevor er roboterhaft aufstand, sie auf die Wange küßte und das Büro verließ. Als Wendy ihm nachsah, wußte sie, daß er gar nicht richtig zugehört hatte, Er sah nur eine Aufgabe, ein Leben, die unvollendet geblieben waren. Nachdem er sechzehn harte Dienstjahre in der Luftwaffe praktisch ohne Kratzer überstanden hatte, war er schlimmer verwundet worden als alle anderen – vielleicht war dabei sogar sein Elan getötet worden. Und das hätte ebenso endgültig das Aus für ihn bedeutet wie für J. C. Powell, Alan Carmichael und John Ormack – nur, daß diese drei Männer, die in dem vergangenen wilden, gefährlichen Jahrzehnt sein Leben beeinflußt hatten, inzwischen tot waren.
Patrick war abgelenkt gewesen, weil er bemerkt hatte, daß im Fernsehen die Elfuhrnachrichten begannen. Der Aufmacher war wieder einmal die Entwicklung im Nahen Osten, und er wollte hören, wie es dort weiterging. Bisher hatte Washington auf das lärmende Säbelgerassel aus Teheran sehr zurückhaltend reagiert.
»Was hältst du von dem ganzen Scheiß, Boß?« fragte Hank, sein junger Barkeeper.
»Ich glaube, daß die Iraner ihren Flugzeugträger rumfahren lassen, um dem Rest der Welt Angst einzujagen und allen zu beweisen, daß sie der mächtigste islamische Staat der Erde sind«, antwortete Patrick nüchtern.
»Warum unternehmen wir nichts gegen sie? Weil wir fürchten, wir könnten wieder Prügel beziehen, wie damals vor fünfundzwanzig Jahren?«
»Hank, das war in Vietnam, und wir haben keine Prügel gekriegt – wir sind abgezogen«, stellte McLanahan richtig. »Der Iran und der Irak sind zwei Staaten im Nahen Osten, nicht in Südostasien. Beide liegen am Persischen Golf, einem der ölreichsten Gebiete der Erde. Wir haben vor sechs Jahren gegen den Irak Krieg geführt, weißt du das noch?«
»Vor sechs Jahren… Mann, da war ich noch in der High School, Boß!« Der junge Mann lachte. »Haben wir den Krieg gewonnen?«
»Hank, wir haben diesen Krieg in hundert Tagen gewonnen!«
»In hundert Tagen? Das sind… das sind ja über drei Monate!« rief Hank aus. »Greifen da nicht die SEALs der Navy und Kerle wie Jean-Claude van Damme ein und räumen in ein bis zwei Tagen auf?«
»Der Vietnamkrieg hat zehn Jahre gedauert, Hank.«
»Yeah, klar, den haben wir in der Schule durchgenommen«, sagte Hank und versuchte den Eindruck zu erwecken, als habe er damals wirklich aufgepaßt. »Das ist der Krieg gewesen, in dem Johnson und Nixon Kriegsdienstverweigerer eingezogen und in den Dschungel rübergeschickt haben, damit sie Dörfer mit Napalm bombardieren und sich in Fallgruben auf Bambusstangen aufspießen, die mit Rattenscheiße vergiftet waren, bis Jane Fonda dann Reagan dabei erwischt hat, daß er in ihren Büros Wanzen versteckte und dafür gesorgt hat, daß er sein Amt verliert… «
»Jesus, Hank!« sagte Patrick irritiert. Mann, dieser Junge brachte einen dazu, sich wirklich alt zu fühlen. Er hatte keine Ahnung vom Golfkrieg – vom Vietnamkrieg oder Watergate ganz zu schweigen! Er wußte nur, was er in »Beavis und Butthead« oder »Hard Copy« sah. »Versuch zwischendurch mal, was anderes als Mad zu lesen, okay?«
»Warum ziehen wir nicht los und räumen dort auf, Boß, wie wir’s im Iran getan haben… ?«
»Im Irak, Hank.«
»Yeah, klar… wo auch immer. Warum bombardieren wir sie nicht einfach oder sonstwas?«
Patrick musterte ihn gereizt. Dann wandte er sich ab, griff nach einem Putzlappen für die Tische und sagte im Weggehen:
»Wir bombardieren niemanden mehr, Hank. Wir sind jetzt Friedensbewahrer.«
Hank nickte restlos verwirrt. »Yeah… richtig. Wir sind Friedensbewahrer… « Mit Hank über Weltpolitik zu diskutieren, war etwa so lohnend wie ein Gespräch mit seinem Putzlappen.
Richtig, nur noch Friedensbewahrer… und
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