Stahlfront 3: Der zweite Buergerkrieg
künstliche Wolke und verschwand im Dunst des Morgenhimmels.
Seite an Seite stapften Magnus und Manfred los. Bald hatten sie einen kleinen Waldweg erreicht, der in Richtung der Landstraße von Gotha nach Arnstadt führte.
Es war kalt und still, der Atem der beiden Männer kondensierte an der frischen Luft.
Schließlich brach Manfred das Schweigen. »Wo ziehst du mich jetzt nur wieder rein ?« beschwerte er sich. »Ich dachte, nach unserem kleinen Überfall auf Polen kehren wir heim nach Thule! Immerhin beginnt morgen Mikes Prozeß, und über den wollte ich schließlich berichten .«
»Es freut mich, daß du im Zusammenhang mit Thule von >Heimkehr< sprichst, Manfred. Dann fühlst du also ganz ähnlich wie ich. Das Reich ist die Heimat, die uns die Bundesrepublik schon lange nicht mehr sein konnte und auch nicht mehr sein wollte !«
Behrens sah aus wie ein ertappter Schuljunge und wechselte rasch das Thema: »Ich kann ja verstehen, daß du mir nicht mehr vertraust, Magnus, aber über die Sache in Polen habe ich wirklich nur mit Uschi gesprochen. Du mußt mir glauben, daß ich niemanden verraten wollte. Und ich glaube nach wie vor nicht, daß Uschi etwas verraten hat. Dazu ist sie viel zu sehr Profi !«
Wittmann schnaubte verächtlich, sagte aber nichts.
Und so fuhr Manfred fort: »Aber ganz gleich, was du von mir hältst, jetzt bin ich kaum in der Lage, jemandem etwas zu verraten. Also, was machen wir hier ?«
Mit unbestimmter Geste deutete Magnus nach Süden. »Wir befinden uns am Rande des Jonastals. Sagt dir das gar nichts ?«
»Nein. Warum sollte es ?«
Doch der Hauptmann in Zivil sprach kein Wort mehr, bis sie am späten Vormittag Arnstadt erreicht hatten. Manfred, sein bester Freund seit ihrer gemeinsamen Schulzeit, hatte sich anders als er niemals für die geheime und weithin verschwiegene Seite der deutschen Geschichte des Zweiten Weltkriegs interessiert. Er war vollauf zufrieden damit, all das im Schlaf nachplappern zu können, was Siegermächte und »politische Korrektheit« von ihm verlangten. Alles andere hätte er höchstens als Belastung betrachtet.
Wittmann lächelte grimmig in sich hinein. Manfred stand eine gewaltige Überraschung bevor.
*
Zur Mittagszeit hatten alle Angehörigen von Wittmanns Sondergruppe ihr Ziel erreicht: das Hotel »Alte Stadt« in der Altstadt von Arnstadt - eine äußerst städtische Formulierung, wie Manfred grinsend verkündete.
Keiner der Männer war aufgefallen oder angehalten worden. Begrüßt wurden sie von Wieland Eichfeld, dem Besitzer des Hotels: »Alle meine Zimmer sind für Sie reserviert, das Personal hat entweder Urlaub oder ist absolut verläßlich. Willkommen in unserer immer noch schönen kleinen Stadt!«
Der Hotelier war ein eher unscheinbarer, drahtiger Mann Mitte 50, mittelgroß und schlank. Das immer noch volle dunkelbraune Haar wurde von ersten Silberfäden durchwoben.
Magnus stellte jeden einzelnen seiner Männer persönlich vor. Sie alle wurden in Doppelzimmern untergebracht, und wie zuvor festgelegt teilte er seines mit Manfred. So war von vornherein ausgeschlossen, daß der mit seinen speziellen Vorlieben Unruhe in die Truppe brachte.
Aus Monaten intensiven Trainings kannte der Hauptmann seine Männer genau. Er hätte es nicht passend gefunden, mit einem Berichterstatter nach Thule zurückzukehren, dessen Gesicht grün und blau geschlagen war und dem vielleicht sogar ein paar Zähne fehlten. Und außerdem war Manfred nun einmal sein Freund. Und zu Freunden hielt man. Immer.
Die meisten Männer in Thule - und vor allem die Soldaten -reagierten auf homosexuelle Annäherungsversuche wesentlich weniger tolerant als Magnus im speziellen Fall Manfred. Andererseits wußte der Journalist inzwischen, daß er sich bei seinem Freund höchstens einen Satz heiße Ohren holen konnte, wenn er zu weit ging.
Auch im gemeinsamen Hotelzimmer war nicht mehr drin als höchstens mal ein verstohlener Blick.
Nur Gedanken und Träume waren frei.
*
Eichfeld ging gemeinsam mit Magnus, Leutnant Kaltmeister, Oberfeldwebel Posner und dem unvermeidlichen Manfred in den Keller seines Hotels. Die Gewölbe waren muffig, weitläufig, verwinkelt und für einen großen Mann wie Magnus eigentlich viel zu niedrig.
»Das Haus geht bis ins Jahr 1554 zurück, wurde immer wieder aus- und umgebaut«, erklärte Eichfeld. »Für jemanden wie mich ist es nahezu ideal .«
»Jemanden wie Sie? Was genau soll das heißen? Ich nehme mal an, Sie sind mehr als ein gewöhnlicher
Weitere Kostenlose Bücher