Stahlfront 4: Verrat um Thule
Generalstabs ein benzingetriebenes Auto genehmigen könne. Er wußte zum Beispiel, daß Feldmarschall Speidel, der für die Heimatverteidigung verantwortlich war, für sein Leben gern einen großen Mercedes importiert hätte. Aber Thules oberster Kriegsherr war der festen Meinung, daß man gerade in Zeiten wie diesen, in denen man das Reich mit quasi diktatorischen Vollmachten regieren mußte, alle Bürger gleich behandeln mußte.
Wenn man wollte, daß einen das Volk unterstützte und im Kampf gegen die AIn notfalls sein Leben einsetzte, durfte man sich nicht über die anderen erheben. Wenn ein Schuster oder ein Bäcker kein Auto mit Benzinmotor importieren durfte, mußte das auch für einen Feldmarschall gelten.
Also stieg Bittrich in das Elektroauto, das Denkena aus der Tiefgarage geholt und vor den Eingang des Bismarck-Blocks gefahren hatte. Gegen zehn Uhr morgens war so gut wie jeder in Neu-Berlin an seinem Arbeitsplatz, so daß die Fahrt durch die prächtige Metropole mit ihren neoklassizistischen Fassaden in flottem Tempo bewältigt werden konnte.
Die Stadt war großzügig angelegt, Straßen, Parks und Gebäude blitzten vor Sauberkeit. In den Geschäftsstraßen gab es keine Billig- oder gar Kettenläden, die Gaststätten wurden ihrem Namen gerecht und waren keine Besäufnisanstalten, in denen es nur darum ging, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Alkohol zu schlucken.
Wolkenkratzer suchte man vergebens, obwohl man angesichts einer lichten Höhe von drei Kilometern auch in dieser Höhlenwelt solche Ungetüme hätte aufstellen können. Doch es gab viel Platz im Reich Thule und relativ wenig Bürger. Deswegen brauchte man keine Architektur, die den Menschen seiner Umgebung entfremdete. Diese Stadt war ein Ort, an dem ihre Bewohner gerne verweilten, weil sie sich hier wohlfühlten.
*
Das Meteorologische Truppeninstitut lag im Grüngürtel am Rande von Neu-Berlin. In der leicht hügeligen, parkähnlichen Landschaft standen schmucke Häuser inmitten großer Gärten. Viele der Menschen, die in der Stadt arbeiteten, zogen es vor, außerhalb zu wohnen.
Denkena lenkte den Wagen eine sanfte Anhöhe hinauf, deren Kuppe vom Flachbau des Instituts geprägt wurde. Das zivile Fahrzeug sah aus wie ein ganz gewöhnlicher Privatwagen und erregte deshalb keinerlei Aufmerksamkeit.
Aber Bittrich wußte, daß er auch in einer offenen schwarzen Elektrolimousine des OKT hätte fahren können. Wenn er sich in Thule bewegte, brauchte er keine Leibwächter. Die Menschen freuten sich, wenn sie ihn erkannten, winkten ihm zu, blieben aber höflich auf Distanz. Ein Mordanschlag, wie ihn praktisch jeder Staatsführer in der westlichen Welt befürchten mußte, war hier unvorstellbar.
Bittrich fragte sich, was diese Politiker falschgemacht hatten, wieso sie sich dermaßen von ihrem Volk entfernt hatten, daß sie sich nur noch mit Leibwächtern auf die Straße wagen konnten. Er vermutete auch hinter dieser unseligen Entwicklung den noch sehr viel unseligeren Einfluß der Lakaien der AIn.
Der Wagen hielt vor dem mit Granitsäulen geschmückten Eingangsportal des meteorologischen Instituts.
Bittrich stieg aus, Denkena verschloß das Fahrzeug und folgte ihm auf dem Fuße. Ein Pförtner kam aus dem Gebäude gelaufen und schimpfte: »Sie können hier nicht parken! Das .« Er verstummte, als er den Thulemarschall erkannte.
Der sagte lächelnd: »Entschuldigen Sie, das wußte ich nicht. Wir sind zum erstenmal hier. Denkena, fahren Sie den Wagen auf einen Parkplatz und kommen Sie mir dann nach .« Er blickte den Pförtner an. »Hinter dem Haus, nehme ich an ?«
Der Mann nickte nur stumm und mit offenem Mund.
»Ich gehe mal davon aus, daß Sie wissen, wer ich bin ?« fragte Bittrich mit freundlichem Lächeln.
»Jawohl, Herr Thulemarschall! Was wollen Sie denn nur hier bei uns ?« Der Pförtner lief knallrot an, als er merkte, was er da gerade von sich gegeben hatte. »Ich meine. ich wollte sagen. was führt Sie zu uns ?«
»Nicht so aufgeregt, mein Lieber! Ich möchte mir nur das Institut ansehen. Verraten Sie mir ihren Namen ?«
»Meier. Mein Name ist Hermann Meier. Es tut mir sehr leid, daß ich so unfreundlich war, aber das Parkverbot .«
»Nun beruhigen Sie sich erst einmal, Meier. Meine kleine Inspektion fängt doch schon recht vielversprechend an. Sie sind jedenfalls auf Ihrem Posten und erfüllen tadellos Ihre Pflicht !«
In Meiers Gesicht ging die Sonne auf ob des Lobs.
»Und nun führen Sie mich bitte zu Professor
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