Stahlfront 4: Verrat um Thule
würden die glatt im Sommeranzug angreifen, weil die bei solchen Temperaturen sonst schwitzen !«
»Lohberger, Sie übertreiben .« Farres mußte unwillkürlich grinsen. »Weder Amerikaner noch Russen sind willens oder auch nur in der Lage, uns hier anzugreifen. Und wenn sie kämen, würde unsere Aufklärung sie schon mehrere Tage vor ihrer Ankunft hier erfassen .«
»Was soll das denn wieder heißen? Merken Sie denn nicht, daß unsere Stellung gerade völlig wertlos ist, weil sie keinerlei Einrichtungen zur Zielerfassung und Feuerleitung mehr hat? Wenn man meint, den Eiswall nicht mehr zu brauchen, muß man ihn eben aufgeben. Aber das, was momentan hier läuft, erinnert mich doch verdammt an meine Zeit bei der Bundeswehr. Bedrohungslagen oder militärische Notwendigkeiten haben da nie interessiert, sondern immer nur der Geldbeutel. Das einzige, was die Wehrpflichtigen wirklich gelernt haben, war, wie man sich am besten drückt. Eine Armee, deren Führung nicht daran glaubt, daß es jemals zu einem großen Kampf kommen könnte, ist überflüssig und wird in einem Ernstfall innerhalb von Stunden untergehen.
Ich bin zu den Thule-Truppen gekommen, weil ich als Soldat dienen wollte. Wenn das hier jetzt auch so eine Armee von Pappkameraden wird, muß ich mich wohl wieder mal nach was Neuem umsehen .«
»Lohberger, Sie vergessen sich !« Jetzt war Oberleutnant Farres richtig wütend. »Keine Armee der Welt hat in den letzten zwölf Monaten so viel gekämpft wie wir. Wenn Ihnen der Dienst hier in der Bunkerlinie zu langweilig ist, können Sie sich ja auf einen anderen Posten bewerben !«
»Das mache ich monatlich, seit ich hierher versetzt wurde. Keine Sorge, Oberleutnant, das richtet sich nicht gegen Sie! Aber auch wenn mir dieser Posten hier nicht gefällt, sehe ich es als meine soldatische Pflicht an, die Aufgabe, mit der ich betraut wurde, nach besten Kräften zu erfüllen. Aber das ist nicht möglich, wenn man mir die dazu notwendige Ausrüstung wegnimmt .«
»Nun übertreiben Sie mal nicht so schamlos«, versuchte Farres seinen wichtigsten Mann zu beruhigen. »Sie werden sehen, daß nächste Woche wieder alles eingebaut wird und wir dann wieder so schlagkräftig sind wie eh und je !«
Der Oberleutnant ahnte nicht, daß dies der letzte große Irrtum in seinem Leben gewesen sein sollte.
*
Wenige Stunden später war auch Farres ein wenig beunruhigt, als er Lohberger über den neusten Befehl aus dem OKT berichtete. »Lassen Sie das ortsfeste Nachtsichtgerät im Kommandobunker ausbauen und die Nachtsichtbrillen der Mannschaften einsammeln. Das OKT nutzt das gute Wetter aus und schickt uns einen Hubschrauber vorbei, der die Geräte zur jährlichen Inspektion abholt .«
»Nein.« Der Stabsfeldwebel klang ruhig, beinahe abgeklärt. Nur wer ihn sehr gut kannte, wußte, daß jetzt ein Vulkan in ihm brodelte, der jederzeit explodieren konnte. »Wenn ich das tue, sind wir wirklich blind. Und das mitten in der Polarnacht, bei eisfreiem Meer. Das kommt nicht in Frage !«
»Lohberger, Sie können einen direkten Befehl des OKT nicht verweigern! Sie sollten nicht vergessen, daß wir hier nicht bei der Bundeswehr sind. Im Reich Thule herrscht noch immer das Kriegsrecht.
Eine Befehlsverweigerung kann sie unter Umständen direkt vor ein Erschießungskommando führen !«
»Das glauben Sie doch selbst nicht! Was hier abläuft, ist eine einzigartige Schweinerei. Weiß der >Bärwolf< überhaupt davon ?«
»Der Thulemarschall ist über alle Vorgänge in der Truppe informiert, das sollten Sie eigentlich wissen! Und außerdem sind wir keineswegs so wehrlos, wie Sie glauben. Obwohl niemand wirklich mit einem Angriff rechnet, liegt nur 20 Kilometer landeinwärts eine komplette Panzerdivision bereit. Also machen Sie sich nicht so viele Gedanken und führen den Befehl aus .«
»Mit Verlaub, Herr Oberleutnant, aber der Befehl kann mir gestohlen bleiben. Die Bürokratenärsche glauben wohl, sie könnten mit uns machen, was sie wollten. Aber da kennen sie den alten Lohberger schlecht. Ich will Ihnen sagen, was ich jetzt mache: Ich kann nicht verhindern, daß die ortsfeste Spähanlage abmontiert wird. Aber die Nachtsichtbrillen bleiben hier. Ich schreibe eine Verlustmeldung für die Dinger. Das nehme ich auf meine Kappe, Sie brauchen den Wisch nicht zu unterzeichnen! Und wenn dann unsere Feuerleiteinrichtungen und das große Sichtgerät wieder eingebaut sind, dann - und nur dann! - werde ich die Brillen wiederfinden und nachträglich zur
Weitere Kostenlose Bücher