Stahlfront 4: Verrat um Thule
das Angebot, aber wenn Sie nichts dagegen haben, werden Denkena und ich lieber in der Institutskantine speisen.
So können wir auch gleich die Qualität dieser nicht unwichtigen Einrichtung überprüfen .«
Windisch erhob keine Einwände.
*
Das Essen war hervorragend. Windisch hatte im Haus herumtelefoniert und einige seiner höchsten Mitarbeiter zu dem Essen bestellt.
Dem Marschall fiel auf, daß es sich ausschließlich um solche Männer handelte, die bei der Besprechung heute morgen keinen Widerspruch geäußert oder auch nur angedeutet hatten.
Als er sich nach dem Essen zum Kaffee eine seiner geliebten kubanischen Zigarren anzündete, erhob sich der überzeugte Nichtraucher Denkena und verschwand mit indignierter Miene Richtung Toiletten, obwohl Bittrich nur ein kleines Format gewählt hatte.
Das Tischgespräch plätscherte so vor sich hin, die meisten Wissenschaftler verabschiedeten sich nach und nach mit Hinweis auf anstehende Dienstpflichten. Langsam wurde es peinlich, denn der Marschall wußte nicht wirklich, worüber er mit Windisch plaudern sollte.
Endlich kam Denkena zurück. Er trat an Bittrichs Stuhl und beugte sich unverblümt zum Ohr des Marschalls hinab.
So leise, daß nur der mithören konnte, flüsterte er: »Bitte rauchen Sie in Ruhe Ihre Zigarre zu Ende, und gehen Sie danach zur Toilette .«
Der Angesprochene zeigte mit keiner Regung, wie überrascht er war. In Windischs Gesicht stand die Neugier darüber geschrieben, was der junge Offiziersanwärter dem Marschall wohl ins Ohr geflüstert hatte, aber er traute sich nicht, nachzufragen.
Etwa acht Minuten später legte Bittrich den Zigarrenstummel in den Aschenbecher, um ihn ausglühen zu lassen. Er erhob sich und reichte dem Institutsleiter die Hand. »Ich danke Ihnen für das ausgezeichnete Essen und den interessanten Vormittag, Professor«, sagte er. »Aber jetzt muß ich zurück ins OKT. Die Pflicht ruft, Sie verstehen .«
»Selbstverständlich! Ich werde Sie zur Tür begleiten. Und. es wäre mir eine Freude, Sie öfter bei uns begrüßen zu dürfen, Marschall !«
Die Freude sollst du haben, dachte Bittrich, innerlich grinsend. Laut aber entgegnete er: »Vielen Dank, aber nicht nötig. Wir finden schon alleine nach draußen. Ich muß sowieso noch mal für Offiziersanwärter. Sie verstehen .« Sprach's, ließ den verdutzten Professor stehen und marschierte auf den im Vorraum zur Kantine befindlichen Toiletteneingang zu.
Unter Denkenas scheinbar gleichgültigem Blick blieb Windisch gar nichts anderes übrig, als sich zu entfernen.
*
Im Vorraum der Toilettenanlage, bei den Handwaschbecken, wartete der junge Mann namens Busch. Er wirkte extrem nervös.
Bittrich fragte ihn ohne lange Umschweife, was er wollte.
»Ich bin einer Verschwörung ungeahnten Ausmaßes auf der Spur«, eröffnete der junge Mann unverhofft. Er schwitzte, seine Blicke eilten immer wieder zur Tür. Doch niemand trat ein.
»Aha«, war alles, was Bittrich dazu einfiel. »Sie müssen schon etwas konkreter werden , junger Mann.«
»Das kann ich nicht ohne Beweise. Aber diese Beweise könnte ich leicht beschaffen. Ich muß nur über eine abhörsichere Leitung mit einem meiner Kollegen in Thule Nord reden. Hier im Institut ist mir das nicht möglich. Egal, wie sicher die Leitung zu sein scheint - Windisch kann immer mithören, wenn er will .«
»Sie möchten also eine Leitung des OKT benutzen, wenn ich Sie richtig verstehe ?«
»Ja, Thulemarschall! Ich könnte morgen mit allen nötigen Unterlagen vorbeikommen - und werde Ihnen nach dem Gespräch entweder die Beweise liefern oder wie ein Idiot dastehen. Aber das muß ich riskieren !«
Auch wenn der Marschall morgen noch einiges im Büro zu erledigen hatte, verspürte er keine große Lust, sich mit Buschs Ideen zu beschäftigen, die vermutlich nur Hirngespinste waren -wollte ihn aber auch nicht abweisen. Also zog er Notizblock und Stift aus der Tasche, schrieb etwas auf, riß den Zettel ab und reichte ihn Busch. »Kommen Sie morgen früh um zehn Uhr in den dritten Stock im Nordflügel des Bismarck-Blocks und gehen Sie in Raum 381 zu Hauptmann Nagel. Ich werde Ihn über Ihr Anliegen informieren und anweisen, Ihren Wunsch zu erfüllen .«
*
Auf der Rückfahrt unterhielt sich Bittrich mit Denkena über die merkwürdige Begegnung. Er äußerte die Vermutung, daß im Meteorologischen Truppeninstitut vielleicht nicht alles mit rechten Dingen zuging.
Der Fahnenjunker sah das gelassener. »Wenn Sie mich fragen, haben wir
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