Stahlfront 4: Verrat um Thule
Jahrzehnten im Sonderbauvorhaben III mußte ich notgedrungen auf Hunde verzichten, was mir verdammt schwergefallen ist. Heinz Rühmann , 37 den der eine oder andere von euch vielleicht noch kennt (nur Manfred nickte), hat einmal gesagt: >Natürlich kann man ohne Hunde leben - aber es lohnt sich nicht.< Und wißt ihr was? Der Mann hatte recht !«
Heinrich unterbrach sich und sah sich um.
»Wonach suchst du ?« fragte Mike.
»Nach einer Schachtel Zigaretten - vergeßt es! Üble alte Gewohnheit. Seit meiner Kur habe ich das Rauchen schließlich aufgegeben. Auch wenn die Professoren sagen, ich würde nie wieder krank werden, muß man sein Schicksal ja nicht herausfordern. Einmal Lungenkrebs im Endstadium hat mir für den Rest meines Lebens gereicht, das könnt ihr mir glauben .«
Niemand lachte, denn sie alle wußten, daß Heinrich dem Tod nur deswegen von der Schippe gesprungen war, weil er mit dem im Hindukusch erbeuteten Serum der AIn-Lakaien behandelt worden war, das ihm nicht nur ewige Gesundheit, sondern auch seine Verjüngung beschert hatte. Der Versuch mit dem Serum war ein einmaliges Experiment gewesen, denn für seine Gewinnung mußten rund zehntausend kleine Menschen noch im Mutterleib ermordet werden. Das Serum ließ sich nur aus den euphemistisch »abgetriebene Föten« genannten kleinen Körpern gewinnen, die in Wahrheit die Leichen ungeborener Menschen waren. Für das Reich Thule war ein derart menschenverachtendes Verfahren tabu.
»Kommen wir zum Thema zurück«, sagte der alte Soldat und genehmigte sich statt einer Zigarette noch einen Kaffee. »Wie ihr wißt, hatte ich da unten im Bunker Fernsehen - und anders als die meisten Menschen an der Oberfläche ringsum konnte ich auch die >Westsender< empfangen. Und so bekam ich mit, daß vor allem in der BRD Hunde immer mehr zu Schoßtieren verkommen sind, zu Statussymbolen - oder zu beidem.
Seht euch nur an, was sie mit dem deutschesten aller Hunde, dem Deutschen Schäferhund, gemacht haben: Die Rasse wurde in der Verfolgung eines falschen Schönheitsideals regelrecht kaputtgezüchtet. Schäferhunde heute sind fast immer aggressiv, weil sie fast immer Schmerzen haben. Die Tiere sollten eine >abfallende Rückenlinie< bekommen - und bekamen aber vor allem kaputte Hüften. Ich hätte heulen können, als ich da unten mitbekam, daß die deutsche Polizei ihren Bedarf an Diensthunden nicht mehr bei deutschen Züchtern decken konnte, weil die nur noch untaugliche Tiere produzierten. Die Polizei war gezwungen, sich ihre Tiere in Belgien und Polen zu holen - ausgerechnet Polen !« Heinrich schnaubte verächtlich, aber niemand sagte etwas, nicht einmal Manfred.
Also fuhr er fort: »Ich habe mich daher entschlossen, selbst Hunde zu züchten, die für den Dienstgebrauch taugen .«
»Schäferhunde ?« fragte Magnus.
Heinrich grinste verheißungsvoll und sagte: »Nein. Ich züchte Dobermänner und Deutsche Doggen !«
»Wieso denn ausgerechnet die? Gerade mit Dobermännern habe ich es nicht so wirklich«, warf Manfred ein.
»Nun, Dobermänner sind extrem belastbar. Wußtet ihr, daß sie im Ersten Weltkrieg in großer Zahl als Meldehunde in den Grabensystemen dienten ?«
Heinrichs Gäste schüttelten die Köpfe.
»Feldtelefon oder gar Funkgeräte waren damals ja noch sehr selten, die meisten Meldungen und Befehle wurden überbracht. Entsprechend ausgebildete Dobermänner waren in der Regel die besseren Meldegänger als Menschen. Sie waren nicht nur viel schneller, sie waren für den Feind auch schwerer zu treffen und ließen sich selbst im dicksten Granathagel nicht von ihrem Auftrag abbringen. Wenn die Soldaten in Deckung sprangen, liefen die Dobermänner einfach weiter, die tapferen kleinen Teufelskerle .«
»Na gut«, sagte Magnus, »das mit den Dobermännern kann ich ja verstehen - aber warum Deutsche Doggen? Als ich noch ein Kind war, lebte ein solcher Hund in unserer Nachbarschaft. Der hat alles und jeden abgeschleckt, und wir Kinder haben ihn geliebt. So groß das Vieh auch war - so freundlich war es auch .«
»Hast du den Hund je kämpfen sehen ?« fragte Heinrich.
»Nein, der ging jedem Streit aus dem Weg. Ich sage ja, das war ein ganz Lieber !«
»Keine Frage, so sind Doggen nun einmal. Aber wußtest du auch, daß diese Rasse im Mittelalter speziell für den Krieg gezüchtet wurde? Die Tiere liefen neben dem Ritter aufs Schlachtfeld und schirmten sein Pferd gegen Fußvolk ab. Und das haben sie immer noch drauf. Solltest du jemals eine Dogge erleben,
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