Stahlfront 4: Verrat um Thule
um die Nase. »Ein Hund, der einem Mann das Genick durchbeißen kann?«
»Warum nicht? Baldur, Wotan, kommt mit !« Heinrich ging zu einem Blockhaus am Ende des Platzes, in dem die Ausrüstung und sonst so einiges untergebracht war . »Sitzt !« Die beiden Hunde rammten ihre Hinterteile fast in den Boden und machten keinerlei Anstalten, dem Mann in die Hütte zu folgen. Als er herauskam, hatte er zwei Knochen in der Hand. Einer stammte wohl aus einer Schweinshaxe, der andere aus dem Oberschenkel einer Kuh.
Als die Hunde die Leckerchen sahen, hoben beide jeweils die rechte Pfote vom Boden. »Was könnt ihr lieb >bitte< sagen«, grinste Heinrich und hielt ihnen die Knochen hin. Wotan, der Dobermann, schnappte sich den seinen und sauste auf die andere Seite der Platzes, um ihn ungestört zu verspeisen.
Der Doggenrüde nahm den großen Kuhknochen ungerüht ins Maul und legte sich dann ganz bequem hin.
Ohne ein Zeichen der Anstrengung biß er einmal auf das massive Teil in seinem Maul, das mit fürchterlichem Krachen in zwei Teile brach.
»Meinst du nicht auch, daß der Oberschenkelknochen einer Kuh mehr aushält als das Genick eines Mannes, Manfred ?« fragte Heinrich ungerührt. »Wenn der kleine Baldur einen feindlichen Soldaten einmal im Genick gepackt hat, ist es um den armen Kerl geschehen !«
Manfred sagte nichts mehr, hielt sich aber erkennbar fern von dem Hund. »Das ist. widerlich !« zischte er.
Magnus hingegen kniete sich neben die Dogge und streichelte ihren Kopf, was ihr offenbar Wohlgefallen bereitete. Denn jetzt schmatzte Baldur nicht nur auf dem Knochen herum, sondern grunzte auch noch vor Wohlbehagen.
»Dein Projekt könnte wirklich der ganz große Wurf werden, Heinrich«, sagte der Hauptmann voller Anerkennung. »Truppen, die in einen Nahkampf verwickelt werden und solche
Hunde dabeihaben, sind fein raus !«
*
Zur gleichen Zeit war Stabsfeldwebel Lohberger seinem »Fräulein Susi« auf das Dach gestiegen. Vom obersten Stockwerk des Bunkers führte eine Leiter durch einen Schacht im Fels bis zur Oberseite der Klippe, wo eine kleine Aussichtsplattform geschickt in das Gestein integriert war, so daß man sie erst aus unmittelbarer Nähe sehen konnte.
Die Temperatur betrug gerade mal drei Grad unter Null, es war beinahe windstill, und nur einige Schneeflocken trieben in der klaren Luft. Eine leichte Winterjacke genügte völlig, um Lohberger warmzuhalten.
Er wußte nicht, was ihn hier heraufgetrieben hatte - eine Ahnung, ein Gefühl? Oder wurde er auf seine mittelalten Tage gar sentimental und wollte nur das unfaßbare Schauspiel genießen, das sich am Himmel bot?
Um diese Zeit des Jahres war es in der Antarktis absolut finster. Die Sonne würde sich erst im Juli wieder über den Horizont wagen. Aber auch ohne Sonne hätte man beinahe Zeitung lesen können, denn der Himmel bot ein phantastisches Schauspiel aus farbigen, leuchtenden Schlieren, die sich in immer neuen Mustern über den Himmel wanden.
Früher hatte man diese Erscheinungen »Nordlichter« genannt. Seit der Mensch in die Antarktis vorgestoßen war, wußte man, daß es sie auch hier, am entgegengesetzten Ende der Welt gab, und sprach seitdem von Polarlichtern. Ursache war heißes, von der Sonne ausgestoßenes Plasma, das auf das Magnetfeld der Erde traf und diese Leuchterscheinungen in 60 bis 1000 Kilometern Höhe über den Polgebieten erzeugte.
Lohberger genoß die stille Farbenpracht am Himmel, die sogar noch die Farbenpracht seiner Tätowierungen deutlich übertraf. Auch in den leuchtenden Schlieren entstanden Bilder, die dazu anregten, irgendeine Bedeutung in sie hineinzuinterpretieren. Da war ein Pferdekopf, ein Schmetterling, eine Blume (tief in Lohbergers hartem Kern steckte eine empfindsame Seele), eine amerikanische Drohne.
Mit einemmal war Lohberger hellwach und kein bißchen mehr romantisch veranlagt. Was seine scharfen Augen da erspähten, war eine Langstreckendrohne vom Typ »Global Hawk«, ein unbemanntes, ferngesteuertes Aufklärungsflugzeug der Amerikaner! Er schaute noch einmal hin, aber die Maschine war wieder untergetaucht in dem Chaos aus Licht und Farben am Himmel.
Lohberger sprang zurück in den Schacht, schloß die gepanzerte Ausstiegsluke und hastete nach unten.
Er rannte in die Kommandostube des Bunkers und griff sich das Telefon, das über ein im Boden verlegtes Kabel mit dem Reich Thule und dem OKT in Neu-Berlin verbunden war. Der diensthabende Gefreite sah ihn erstaunt an, als er in den Hörer
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