Stahlhart
Ernst an, um sich einerseits für die angegebene Zeit abzumelden und gleichzeitig seinen Kollegen Jens an seiner Stelle zu platzieren. So hatte es sein Vorgänger auch bei Rainer gemacht. Kontakte wurden weitergereicht. Es zählte schließlich nicht nur die persönliche Arbeit, sondern vor allem das Ergebnis in der Zeitung.
Danach machte sich Rainer sofort an die Arbeit, ging ins Archiv und holte alles zum bevorstehenden Prozess, was bisher erschienen war. Aus dem Computer druckte er sich zusätzliches Material anderer Zeitungen und von Presseagenturen aus.
Am Abend erzählte er alles Britta und sprach mit ihr über die kommenden Tage.
»Liebling, der Prozess ist für eine Woche angesetzt, also nicht so schlimm. In der Zeit kannst du dich intensiver um deine Familie kümmern. Und wir telefonieren, so oft es geht. Eine Bitte habe ich allerdings. Ruf nicht über Handy an oder nur, wenn du weißt, dass ich nicht im Gerichtssaal sitze. Ich melde mich aber sowieso sofort, sobald ich Zeit habe. Das brauche ich allein schon für mich, um dich in meiner Nähe zu wissen. Du gibst mir die Kraft und den Mut für alles. Ich liebe dich.«
4
Am späten Sonntagnachmittag sollte es für Rainer mit dem Zug nach Berlin gehen. Er wählte diesen Weg, um in Ruhe noch einmal die Unterlagen durchgehen zu können. Britta ließ es sich natürlich nicht nehmen, Rainer zum Hauptbahnhof zu begleiten. Eine ganz neue Erfahrung für Rainer, zum Zug geleitet zu werden. Er fand es wunderbar, vermittelte es ihm doch das Gefühl, nicht allein zu sein und später während seiner Abwesenheit von jemandem vermisst zu werden, so wie er Britta vermissen würde.
»Nachher fährst du gar nicht nach Berlin, sondern willst nur Urlaub von mir, um dir eine andere Tussi anzulachen«, scherzte Britta.
Als beide über den Bahnhofsvorplatz schlenderten, bemerkte Rainer vor der Wurstbude von Kiefert Roland Ernst. Im ersten Moment dachte er daran, dass Roland ihn ebenfalls verabschieden wollte. Rainer wollte die Gelegenheit nutzen, um seine neue Partnerin vorzustellen, aber bevor Rainer Britta auf den guten Bekannten aufmerksam machen konnte, bemerkte er an einer kleinen Geste Rolands, dass ein Zusammentreffen im Moment nicht angezeigt war. Vielleicht steckte Roland in einer Ermittlung oder wollte sich mit einem Informanten treffen und Rainers Anwesenheit wäre dabei höchst kontraproduktiv. Rainer schlenderte vorbei, tat so, als kenne er Roland nicht, blickte bewusst auf Britta, küsste sie und ging turtelnd mit ihr weiter.
Ein endlos langer Kuss entließ Rainer aus den Armen seiner geliebten Britta, und er bestieg den ICE in Richtung seines Zieles Berlin.
Im Hotel angekommen, war seine erste Handlung, Britta anzurufen, ihr seine Adresse mitzuteilen und zu berichten, dass er gut angekommen sei. Es wurde ein langes Telefonat.
Für den nächsten Morgen, den ersten Prozesstag vor dem Berliner Landgericht, war klar, dass Menschenmassen zu erwarten sein würden. Ein Verfahren gegen einen Prominenten zog immer riesige Mengen neugieriger Menschen an.
Selbstverständlich waren auch die Medien extrem stark vertreten. Allein die Anzahl der Fotografen würde die Räumlichkeiten sprengen. Also war ein Auswahlverfahren eingeführt worden. Zum Glück gehörte Rainer zu den Eintrittsberechtigten. Es gab Absperrgitter, die die Menschen zurückdrängen und leiten sollten. Wie vorherzusehen war, begann der Prozess mit dem Auftritt der Verteidiger. Anträge über Anträge musste sich das Gericht anhören. Der Richter sei befangen, der Verhandlungsort sei falsch gewählt, weil der Prominente seinen ersten Wohnsitz in München hatte, das Vorgehen gegen ihren Mandanten sei nicht korrekt gewesen und so weiter und so fort. Über alles musste entschieden werden. Wahrscheinlich hätte man den eigentlichen Prozess an einem Tag abhalten können.
Abends telefonierte Rainer wieder unendlich lang mit Britta.
Der nächste Tag brachte keine großen Überraschungen. Nichts ist so alt wie die Sensationen von gestern.
Rainer freute sich am Abend auf sein Gespräch mit Britta. Zuerst hatte er allerdings Pech, da lange besetzt war. Er wurde erst ungeduldig, dann aus Enttäuschung etwas ärgerlich. Wenn Frauen anfangen zu schnattern, murmelte er griesgrämig vor sich hin.
Der kommende Prozesstag brachte die Vernehmung des Schauspielers. Der gab an, seine Frau im Affekt getötet zu haben. Es sei zum Streit gekommen, das Opfer habe immer wieder hysterisch auf ihn
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