Stahlhart
Reise zu erzählen. Doch bevor er anfangen konnte zu berichten, ergriff Roland das Wort.
»Du, lass mich ganz kurz anfangen. Hier ist etwas geschehen. Es gab gestern Abend einen Bankraub bei der Bank in der Bergstraße in Worpswede. Eigentlich gehört der Fall ja nach Niedersachsen, aber wir sind involviert, weil der oder die Täter noch nicht gefasst werden konnten. Er oder sie flüchteten Richtung Bremen. Nun müssen wir hier ebenfalls ermitteln. Es ist eine Sonderkommission von Polizisten aus Niedersachsen und Bremen, also länderübergreifend, gebildet worden.«
»Sobald ich weg bin, passiert etwas Außergewöhnliches«, maulte Rainer. »War der Schaden groß? Ist Jens vom ›Weser Boten‹ dran?«
»52.000 Euro! Das Ungewöhnliche war, dass der Täter– es wurde immer nur von einem Täter gesprochen, obwohl wir das noch offen lassen– abends beim Filialleiter in die Privatwohnung eingedrungen war, die Ehefrau fesselte und dem Filialleiter drohte, ein Komplize würde die Frau töten. Dann fuhr der Täter mit dem Filialleiter zur Bank und raffte auf die Schnelle alles greifbare Geld zusammen. Er machte keine Anstalten, an den Tresor zu kommen. Es ging nur um Geld, das schnell erreichbar war. Der Bankautomat musste geöffnet werden. Danach fuhr der Täter mit dem Filialleiter wieder nach Hause, fesselte auch ihn und verschwand. Alles in allem hat es eine halbe Stunde gedauert. Der Täter hat wohl gehofft, dass sein Verbrechen länger, wegen des Wochenendes, unentdeckt blieb, aber die Tochter, eine Studentin, kam übers Wochenende nach Hause und fand die beiden. Sie benachrichtigte sofort die Polizei. Jens Goldstein ist dran!«
»Gibt es denn schon eine Spur?«, wollte Rainer wissen.
»Eigentlich nicht. Der Täterwagen war nur später in Lilienthal gesehen worden, wie er Richtung Bremen fuhr. Das Wichtige an diesem Fall ist etwas anderes. Erinnerst du dich noch an den Fall Voss, als die ganze Familie ausgelöscht wurde und nur die Tochter überlebte? Es scheint in dem neuen Fall Parallelen zu geben. Nun stellt sich die Frage, ob der damalige Täter vielleicht doch nicht allein gehandelt hat, sondern einen Komplizen hatte. Die jetzige Vorgehensweise ist ähnlich, aber wir hatten damals nicht so viele Details an die Öffentlichkeit gegeben, um in Ruhe untersuchen zu können. Der Täter war tot und die Medien zogen ab. Jetzt eröffnet sich eine neue Sichtweise. So, Rainer, aber erzähl du von deiner Reise nach Bremen. Hat alles geklappt?«
Rainer West erzählte von seinem Flop und wie er Britta an der Seite eines fremden Mannes gesehen hatte.
»Typisch, aber das kann dir immer passieren, wenn eine Partnerschaft relativ neu ist«, meinte der Kommissar lapidar. »Am Anfang weiß man nie, wie es und vor allem wie lange es läuft. Trenn dich, solange du noch die Kraft dazu hast. Ich kenne diese Situation, wie du weißt. Meine Exfrau hat mich auch hängen lassen, aber ich hatte nicht die Kraft, einen Schlussstrich zu ziehen, weil ich sie zu sehr liebte. Das hätte mich beinahe in den Abgrund gerissen.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, stimmte Rainer zu. »Ich mache hier erst mal meine Arbeit fertig und lasse alles Weitere auf mich zukommen, wenn ich wieder in Bremen bin.«
»Ich gebe dir den Rat, mache kurzen Prozess. Alles andere bringt nichts. Wenn ihr Herz für einen neuen Mann schlägt, hast du verloren und keinerlei Chance mehr. Du hast ihr eben nicht gereicht. Was soll sich denn ändern? Du wirst nur wieder in den Strudel nach unten gezogen, und du weißt genau, was das heißt. Mir wäre das Risiko zu groß, aber du musst selbst entscheiden, was du machst.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, wiederholte Rainer. »Aber im Moment geht meine Arbeit vor. Allerdings, wenn ich zurück bin, kläre ich alles. Ich habe dem Portier schon Anweisung gegeben, keine privaten Anrufe durchzustellen. Und an mein Handy gehe ich auch nicht ran, wenn sie anruft.«
»Braver Junge«, lobte Roland Ernst.
Bevor sie das Gespräch beendeten, verabredeten sie sich für die kommende Woche in Bremen.
Am nächsten Tag schaffte Rainer es allerdings, sich immer besser in den Griff zu bekommen und sich zusammenzureißen. Er wollte nicht noch einmal das Gleiche erleiden müssen, was er nach der Scheidung erlebt hatte. Er wollte nicht noch einmal in ein solches Loch fallen und seine Zukunft aufs Spiel setzen. Dafür war er zu jung. Und je mehr er sich darauf konzentrierte, desto besser kam er zurecht.
Der Montag brachte das Urteil
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