Stahlhart
ihre Wangen, vermischten sich mit Lippenstift, liefen in kleinen Bögen hinunter zum Kinn und tropften von dort auf Brittas Schoß.
»Meine Schöne, du siehst, wir sind wieder fest zusammen«, lautete der fast höhnische Kommentar Roland Ernsts.
Indessen hatte Hauptkommissarin Hansen einen Anruf aus dem Krankenhaus erhalten. Es war so abgesprochen worden für den Fall, dass sich an Ulf Kerns Zustand etwas änderte. Die Gehirnblutungen hatten nachgelassen, dadurch war der Druck auf das Gehirn gesunken und die Schwellungen zurückgegangen. Ulf Kern würde überleben, aber in welchem Zustand, war weiterhin offen. Solange er im Koma lag, und das konnte für immer sein, stellte er keine Gefahr dar. Aber immerhin war Ulf Kern ein Gewaltverbrecher, hatte eine Geisel genommen, einen Raubüberfall verübt. Deshalb sollten die Ärzte sich melden, sobald eine Änderung des Krankheitszustands erkennbar war. Ein Polizist musste zur Überwachung vor das Krankenzimmer. Da die Zeitungen über das Koma berichtet hatten, war die Gefahr gering, dass der Mordversuch wiederholt wurde. Es war klar, dass Ulf nichts sagen konnte. Wenn aber jetzt bekannt würde, dass sein Zustand sich verändert hatte – und bei der Vielzahl des Personals war nicht zu verhindern, dass jemand eine unbedachte Bemerkung machte –, bestand die Gefahr, dass der Mörder erneut versuchte, sich an Ulf heranzumachen. Also galt die Polizeiwache auch gleichzeitig als Schutz für Ulf Kern.
Rainer West und Jens Goldstein berieten, wie das beste Vorgehen sei. Sie überlegten, wo Roland Ernst sich befinden, und vor allem, wo Britta stecken könnte, und ob einer der beiden Suchenden wusste, wo Roland etwaige Verstecke haben könnte.
»Er hat keinen Schrebergarten, kein alleinstehendes Wochenendhaus«, dachte Rainer West laut nach.
»Wie ist es mit guten Freunden, die wir nicht kennen, etwaigen ehemaligen Kunden von ihm, die er unter Druck setzen kann? Hat er dir gegenüber mal Andeutungen gemacht?«, brachte Jens ein.
»Ich habe keine Ahnung. Und wenn er etwas darüber gesagt hat, dann habe ich es vergessen. Es war unwichtig für mich«, entgegnete Rainer.
Das Telefon klingelte. Hauptkommissarin Hansen rief an. Sie fragte nach Britta, ob sie inzwischen aufgetaucht sei. Rainer musste verneinen. Dann erzählte er, dass er gerade mit Jens Goldstein zusammensaß. Frau Hansen berichtete über die Veränderung im Gesundheitszustand Ulfs. Rainer zögerte etwas, als er sich auf die für ihn relativ belanglose Gesprächsführung einließ. Er war sich nicht sicher, ob er den Verdacht, den Jens und er hegten, weitergeben sollte.
Aber auch Hauptkommissarin Hansen hatte etwas um den heißen Brei herumgeredet.
»Eine Sache noch, Herr West, wissen Sie, dass der Nachname Kern der Mädchenname Ihrer Partnerin ist?«, rückte sie schließlich mit der Sprache heraus.
»Sie haben es also auch herausgefunden.« Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage.
»Sie wissen Bescheid?«, erkannte Uta Hansen.
»Ich habe es vorhin erfahren.«
»Dann liegen die Karten auf dem Tisch.« Diesmal war es eine Feststellung von Hauptkommissarin Hansen.
»Wir sollten uns dringend zusammensetzen, wann haben Sie Zeit?«
»Jetzt gleich. Aber wenn Sie möchten, kommen Sie her. Jens Goldstein ist Ihnen bekannt und in vertrauter Umgebung lässt es sich leichter reden.«
»Bis gleich«, erklärte Frau Hansen sich einverstanden.
Zu dritt saßen sie jetzt bei Kaffee in Rainer Wests Wohnzimmer. Nach kurzem, höflichem Auftaktgeplänkel war Jens Goldstein relativ schnell zur Sache gekommen, hatte seine Theorie vorgetragen und schloss mit den Worten: »Es passt alles zusammen. Wir können uns nur nicht erklären, wie Ulf Kern in die Sache gehört. Es gibt zwar Theorien, aber keine Erklärung.«
»Dazu kann ich auch noch nichts sagen«, verdaute die Hauptkommissarin das Gehörte.
»Siehst du, Rainer, was habe ich dir gesagt? Kollegen!«
»Halt, stopp, Herr Goldstein, Sie verstehen mich falsch. Ich bin absolut einverstanden mit dem, was Sie sagen, ich habe die gleichen Gedankengänge. Wir haben lange, vielleicht zu lange, nach der Nahtstelle zu Herrn West gesucht und dabei einen eklatanten Fehler gemacht. Wir haben Frau Kern nicht in dem Maß überprüft, wie es hätte sein müssen. Zwar ist sie oberflächlich untersucht worden, Alibis, Leumund und so was, aber wir hatten ihren Namen nie in Zweifel gezogen. Zu unserer Entschuldigung kann ich sagen, dass bei der Gewalttätigkeit und dem
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