Stahlhart
Büro. Keiner da. Rainer versuchte es über die Nummer von Frau Hansen. Die war unterwegs, wie mitgeteilt wurde, und Roland Ernst sei ebenfalls abwesend.
Britta blickte in das grelle Licht der Stablampe und hörte die Worte: »Jetzt sind wir wieder zusammen, wie früher. Ist das nicht schön?«
»Nein, das ist es nicht. Was willst du von mir?« Britta hatte ihren ganzen Mut zusammengenommen.
»Was ich will? Mit dir zusammen sein.«
»Du weißt, das ist vorbei. Wir sind geschieden, und ich habe einen anderen Mann.«
»Das mit uns ist nie vorbei. Ich hatte es dir damals gesagt. Das mit deinem neuen Mann ist vorbei!«
»Was ist mit Rainer? War das eine Falle von dir?«
»Nein, ich habe ihn tatsächlich getötet. Ich habe nicht gelogen, als ich sagte, es sei auf ihn geschossen worden. Jetzt lebt dein Rainer nur noch in deinen Gedanken.«
»Du Monster!« Britta sackte schluchzend in sich zusammen. Mit leiser Stimme sagte sie: »Rainer war doch dein Freund.«
»Pah, Freund. Was ist das denn für ein Freund, der einem die Frau wegnimmt?«
»Er hat mich dir nicht weggenommen. Ich bin nicht mehr deine Frau!«
»Du wirst immer meine Frau sein. Du kommst nie von mir weg. Kein Mensch weiß, wo wir sind. Es gibt nicht mal die kleinste Spur.«
»Aber man wird darauf kommen, dass wir verheiratet waren.«
»Das stimmt. Auf der letzten Sitzung wurde das in die Wege geleitet. Deshalb habe ich mich schnellstens abgesetzt.«
»Dann wird man dich finden. Du hast selbst immer gesagt: ›Wir finden jeden‹, also finden sie auch dich.«
»Uns findet man nicht. Ich habe falsche Spuren gelegt. Ich habe Fahrkarten gekauft, nach Flensburg, nach Aachen, nach Freiburg, nach Passau und Stettin. Die Kollegen werden ganz schön zu tun haben, diese einzelnen Spuren zu verfolgen. Sie werden denken, ich hätte mich bei einer dieser Reisen ins Ausland abgesetzt. Europol wird eingeschaltet werden, weil sie nicht wissen, welche dieser Reisen ich gemacht habe, in welche Richtung ich geflohen bin. Die haben dann auch reichlich zu tun. Es wird dauern, bis die Hansen Informationen erhält. Und wir bleiben hier, direkt vor ihren Nasen sitzen und warten, bis etwas Gras über die Sache gewachsen ist. Dann gehen wir tatsächlich weg, mein Schatz, und wir bleiben für immer zusammen!«
»Oh mein Gott.« Britta verlor jede Hoffnung.
Ein ausgeklügelter Fluchtplan. Für sie war es ein kleiner Hoffnungsschimmer gewesen, wenn auch nicht wirklich beruhigend, dass Roland übereilt gehandelt und etwas übersehen haben musste. Aber Roland übersah selten etwas. Die Bestätigung hatte sie jetzt ein weiteres Mal.
»Hast du all diese schrecklichen Dinge getan?«, fragte sie mit fast tonloser, gebrochener Stimme.
»Ich musste doch Rainer aus dem Weg schaffen. Ich wollte ihn nicht töten, er sollte nur für lange Zeit aus dem Verkehr gezogen werden. Zeit, die ich genutzt hätte, dich zurückzugewinnen. Aber wie eine Katze mit neun Leben hat sich Rainer immer wieder rausgewunden. Also musste ich es ein ums andere Mal versuchen, und immer wieder kam Rainer damit durch. Dann habe ich ihn selbst erledigt.«
»Und was war mit Ulf? Was hat mein Bruder mit der Sache zu tun?«
»Ich kannte Ulf ja, wusste von seinen Schwächen. Ich hatte ihn in der Hand und habe ihn benutzt, auch um zu erfahren, wann Rainer deckungs- und alibilos war. Ulf hatte immer irgendwelchen Dreck am Stecken. Ich hatte Schuldscheine von ihm aufgekauft und damit gedroht, sie an die Russenmafia weiterzugeben. Das hatte ihn in Panik versetzt. Ulf hatte da schon Probleme. Dann hatte ich ihm befohlen, er solle euch das Auto im Harz klauen. Ihr wart dort festgenagelt, und ich konnte ihn damit wieder unter Druck setzen. Er war so leichtgläubig, als ich ihm erklärte, wenn er das Ding in Harpstedt mit der Post durchzieht, lasse ich ihn gehen. Wir hatten alles genau geplant und durchgespielt. Er wusste, wie er sich in jeder Situation zu verhalten hatte, dass alles schnell gehen musste, damit die Polizeikräfte sich nicht bündeln konnten. Er hat wunderbar funktioniert.«
»Aber warum wolltest du ihn töten?«
»Dumme Frage! Er wusste doch, wer ich bin. Er hätte mich bei dem leisesten Druck im Verhör verraten. Das kann er nun nicht mehr. Ob tot oder Koma, das kommt aufs Gleiche raus, er kann nicht reden.«
»Du bist ein Monster«, mehr konnte Britta nicht sagen. Sie weinte nur noch, bis sie keine Tränen mehr hatte. Ihr Make-up war verlaufen, schwarze Rinnsale der Wimperntusche überzogen
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