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Stahlhart

Titel: Stahlhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volkmar Joswig , Henning von Melle
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Ausatmen abgehackt, sekundenkurz, dann wieder lang gezogen. Haut platzte auf und pellte sich vom Körper, das Wasser färbte sich blutrot. Dann war es still. Totenstill, während im Hintergrund die Industriegeräusche eine schauerliche Melodie spielten. Der leblose Körper des Jens Goldstein tanzte in der brodelnden Brühe auf und nieder. Roland Ernst warf einen letzten Blick auf das Becken, sah sich um und verschwand in den Rauchschwaden.
    Rainer hatte diese schrecklichen, bestialischen Todesschreie gehört, aber sie nicht mit Jens in Verbindung gebracht. Er dachte eher an den Unfall eines Arbeiters, der mit glühend-flüssigem Stahl in Berührung gekommen war. Allerdings wunderte er sich, dass er Jens nach der verabredeten Zeit nicht zu Gesicht bekam. Er wartete noch eine Weile, dann drehte er sich um, um seinen Bereich weiter zu untersuchen. Britta durfte nicht warten. Vielleicht hatte Jens nur die Zeit vergessen, nicht auf die Uhr geschaut oder war dem Werkschutz in die Arme gelaufen, der ihn aufhielt. Rainer überprüfte Transformatorenhäuschen, ging Kellertreppen hinunter, schaute sich Magazine an, um dann von Zeit zu Zeit in Richtung des Treffpunktes zu gehen. Aber Jens kam nicht. Da erst brachte Rainer die Schreie mit seinem Kollegen in Verbindung. Er verließ seinen Prüfbereich und ging zu dem von Jens.
    Zwischen zwei Häuser hindurch sah er einen Auflauf von Arbeitern, die um die Kühlwasserauffangbecken herumstanden. Er hielt sich von dem Auflauf fern, weil er nicht entdeckt werden und Gefahr laufen wollte, Probleme auf dem nicht für jedermann zugänglichen Gelände zu bekommen. Er hätte aufdringliche Fragen beantworten oder Erklärungen abgeben müssen. Die Zeit hatte er nicht. Unwissentlich folgte er den Spuren von Jens. Rainer suchte nach Britta, Jens oder Roland. Doch er fand keinen von ihnen. Dafür fand Roland Ernst Rainer.
    »Es freut mich ganz besonders, dass du mich besuchen kommst«, hörte Rainer hinter sich, als er spürte, wie sich ein Revolverlauf schmerzhaft in seinen Nacken bohrte.
    »Du ersparst mir viel Arbeit und Zeit«, fügte Roland Ernst hinzu.
    »Roland, lass uns reden«, forderte Rainer West.
    »Wir hatten Zeit genug, um miteinander zu reden. Ich möchte jetzt mehr tun. Los, geh!« Roland dirigierte Rainer West mit dem Lauf seiner Pistole und kurzen Befehlen wie links, rechts, schneller.
    »Was ist mit Britta?« Rainer West wollte Klarheit.
    »Britta und ich sind jetzt wieder zusammen. Aber ich will von dir nichts hören. Da hinauf!«
    Roland Ernst führte Rainer zu einer Stahltreppe, die am Rand eines Gebäudekomplexes 20 Meter steil nach oben führte. Es schien die Werkshalle für die Hochöfen zu sein. Selbst draußen konnte man die Hitze spüren, die die Hochofenarbeiter aus der Nähe mitbekamen. Oben angekommen, hörte Rainer West ein: »Da hinüber.« Der Druck des Revolvers zeigte verstärkt die Richtung an, die zu einem Stahlsteg führte, der hoch oben zwei Gebäudeteile miteinander verband.
    »Los. Auf den Steg. In der Mitte bleibst du stehen. Da machst du nämlich Bungeespringen. Nur habe ich leider kein Gummiseil dabei.«
    »Roland, lass uns doch erst reden, um unserer Freundschaft willen.«
    »Pah, Freundschaft. Ich scheiß auf einen Freund, der mir die Frau wegnimmt!«
    »Roland, ich habe dir niemanden weggenommen! Britta war frei, sie ist geschieden! Roland, werde doch wieder Herr deiner Sinne.«
    »Quak du nur. Es interessiert mich nicht. Bleib stehen. Ab jetzt bin ich der Leiter der Sprungabteilung. Hände an das Geländer und…«
    Rainer West folgte der Aufforderung, als im gleichen Moment ein Arbeiter am Ende des Steges auf der anderen Seite auftauchte.
    »Was machen Sie denn da? Verschwinden Sie!«
    Roland Ernst blickte nur kurz erstaunt auf den Mann. Diesen Augenblick nutzte Rainer in einem verzweifelten Akt, um sich vom Geländer abzustoßen. Er prallte gegen Roland, der rückwärts taumelte.
     
    Hauptkommissarin Hansen hatte nur kurz schlafen können nach dem Treffen mit Rainer West und Jens Goldstein. Ihr gingen zu viele Gedanken im Kopf herum, als dass sie in ruhigen Schlaf hätte fallen können. Also stand sie auf und ging in die Küche, um sich Kaffee aufzubrühen. Sie durchquerte das Wohnzimmer und erkannte auf ihrem Anrufbeantworter den Hinweis für einen Telefonanruf, der gestern Abend noch nicht da gewesen war. Sie musste doch eine kurze Phase Tiefschlaf erwischt haben. Sie drückte den Wiedergabeknopf und hörte Rainer West, der ihr mitteilte, wo

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