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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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so einem Häuschen vorstellen? Doch, durchaus. Der Schnee auf dem kurzen Weg zum Haus war zertrampelt, genau wie bei Daisy. Auf Fletchers Klingeln hin machte keiner auf.
    Nathan sei verrückt nach Daisy gewesen, hatte die Putzfrau gesagt, brachte ihr Apfelkuchen und hatte sich vielleicht ein bisschen auf sie fixiert. Worüber sie wohl so geredet hatten, bevor sie sich zerstritten? Hatten ihre Gespräche mit Jack Fletcher zu tun gehabt? Hatten sie Daisys Interesse an Hexen geweckt? Und wovor hatte Nathan sie so plötzlich warnen wollen ?
    Granny hat gesagt, der Hexenjäger hat die Nacht auf einer Daunenmatratze in seinem Zelt zugebracht. Vielleicht konnte er nicht einschlafen, weil er an das dachte, was er am nächsten Tag vorhatte, an die beiden Frauen, die er sich vorknöpfen würde. Jedenfalls hat Granny gesagt, dass er einmal vielleicht in den Eingang seines Zeltes getreten ist und das Haus betrachtet hat. Er hat sich etwas Mohnsamen in den Mund gesteckt und ihn nachdenklich zu Brei zerkaut. Dann hat er sich wieder auf sein Lager gelegt. Nur sein Atem war noch zu hören, und wie er sich kratzte und da und dort an sich selbst herumfingerte. Wie er den Mohnsamen zu Brei zerkaute, um in den Schlaf zu finden.
     

Es war noch normale Bürozeit. Fletcher griff nach seinem Handy und suchte eine Telefonnummer. Einen Moment lang war Musik zu hören, irgendwas Nichtssagendes, und dann: »Hier ist die Bellman Foundation, guten Tag.«
    Er bat darum, mit jemandem in Nathan Slades Abteilung verbunden zu werden. Es folgte Schweigen und danach ein langes Musikgedudel, so lang, dass die Endlosschleife schon ein zweites Mal ansetzte.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    Es war eine Frauenstimme, ein wenig heiser und mit leichtem amerikanischem Akzent. »Mein Name ist Tom Fletcher.«
    »Nun, ich heiße Mia Tyrone und arbeite in Mr Slades Abteilung.«
    Sie klang abwehrend, als befürchte sie, von ihm mit Fragen bombardiert zu werden.
    »Sie wissen, dass Nathan Slade tot ist?«
    Sie schwieg einige Sekunden. »Was genau wollen Sie von mir?«
    »Ich bin derjenige, der heute Vormittag die Leiche gefunden hat.«
    »Und warum rufen Sie bei uns an?«
    »Ich würde mich gern mit Ihnen über Nathan unterhalten. Darüber, in welcher Beziehung er zu Daisy Seager stand.«
    »Entschuldigen Sie, aber darüber kann ich nicht mit Ihnen sprechen.«
    »Und was, wenn ich Ihnen sage, dass Daisy etwas über Hexen weiß?«
    Sie schwieg etwa drei Sekunden lang. »Würden Sie mir bitte noch einmal Ihren Namen nennen?«, sagte sie dann.
    Nachdem Fletcher ihn wiederholte hatte, ließ sie ihn eine halbe Minute warten. Als sie wieder am Apparat war, klang ihre Stimme irgendwie anders. Immer noch heiser, aber nicht mehr so abwehrend.
    55
     

»Hören Sie, ich kann Sie heute unmöglich empfangen, Mr Fletcher. Es ist schon spät, und Sie können sich vorstellen, was hier unmittelbar nach Mr Slades, ahm, Tod los ist. Aber morgen früh, sagen wir um halb zehn?«
    Das war kein schlechtes Ergebnis, fand Fletcher.
    Er kehrte zu Fuß nach Cambridge zurück. Es war kalt und die Straßen waren menschenleer. Die einzigen Leute, die zu sehen waren, mühten sich entweder mit Autos ab, die nicht anspringen wollten, schippten Schnee oder gingen vorsichtig und mit hochgezogenen Schultern über die vereisten Bürgersteige. Streufahrzeuge krochen über die Hauptverkehrsstraßen und der schwarze Asphalt spiegelte das Licht ihrer orangerot flackernden Leuchten wider. Fletcher blieb stehen und sah einem Streufahrzeug nach, das langsam Richtung Trumpington Street rumpelte.
    Wenn man im Haus einer Unbekannten auf eine Pinnwand mit einem Foto von sich selbst stößt, will man wissen, was dahintersteckt.
    Er sah einem anderen Streufahrzeug nach, das um die Ecke bog, während der Splitt hinter ihm bis zum Kantstein flog und zurückspritzte. Die kleinen Steinchen prasselten nieder und es klang, als klopfte jemand mit tausend Fingerknöcheln die Straße nach den versteckten Geheimnissen der Stadt ab.
    Und plötzlich war es wieder still.
    Vielleicht hatten sie das Gesuchte ja gefunden.
    Tom Fletcher, Träger einer Tapferkeitsmedaille der Polizei. Dreiunddreißig Jahre alt. 1,85 Meter groß. Braunes Haar, kurz geschnitten. Immer mit leichtem Stoppelbart. Jetzt, um sechs Uhr abends in der Dunkelheit, vor einem Haus in der Alpha Road angekommen. Es war das Haus, in dem er bis zum Alter von fünfzehn Jahren gewohnt hatte. Oben rechts, dicht bei der Straßenlaterne, lag sein ehemaliges Zimmer. Die

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