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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hof mit zugefrorenem Teich und dann die Fassade des Colleges selbst: gelber Backstein mit Kachelornamenten im venezianischen Stil, Ziertürmchen, die sich vor dem Himmel als Silhouette abzeichneten, und kleine Kunststoffkugeln, die nicht der Fantasie eines Architekten entsprungen sein konnten und vermutlich Überwachungskameras bargen.
    Hinter sich hörte er etwas klicken.
    Zwei private Sicherheitsleute. Nicht einfach zwei billige Muskelprotze, sondern Profis. Sauber rasierte Gesichter, Schirmmützen, schwarze Uniformen, deren Hosen unten in die Stiefel gesteckt waren. Der eine hatte gerade einen Teleskop-Schlagstock ausgefahren und hielt ihn locker in der Hand. Der andere machte mit einer Digitalkamera eine kurze Videoaufnahme von Fletchers Gesicht.
    Dann klappte er den Apparat zusammen und steckte ihn in die Jackentasche. Das Gesicht unter der Schirmmütze war vollkommen ausdruckslos, einfach nur ein steter, aufmerksamer Blick.
    »Was wollen Sie.«
    »Eindrucksvolle Sicherheitsmaßnahmen. Ist das wegen Daisy Seager?«
    »Was wollen Sie?«
    »Ich möchte die Rektorin sprechen.«
    »Dann wenden Sie sich bitte an den Pförtner. Wir behalten Sie im Auge auf dem Weg zur Pförtnerloge, Sir.«
    Der Polizeibeamte musterte ihn misstrauisch, als er durchs Tor ging.
    Von außen war das Pförtnerhaus ein reizvoller kleiner Fachwerkbau aus der Zeit um 1900 mit einem Dachgesims, das mit Holzschnitzereien - Schilde, edle Gesichter, Schwer-
     

ter und gekreuzte Klingen - verziert war. Im Inneren war von der Jahrhundertwendezeit allerdings nichts mehr zu spüren. Der Raum war mit Metall ausgekleidet und mit einer Batterie von Bildschirmen ausgerüstet, während zwei weitere sehr professionell wirkende Wächter hinter einer Theke saßen und die Kamerabilder genau beobachteten. Die Ausrüstung war einer Polizeistation würdig: ein Scanner für die Ablichtung von Händen, eine Kamera für Gesichtsaufnahmen und ein Gerät, das wie ein Iriserkennungssystem aussah, eins der ersten, die Fletcher in der Öffentlichkeit sah. Außerdem gab es einen Stapel Informationsblätter, auf denen stand, wem unter welchen Voraussetzungen der Zutritt gestattet war. Eine Luftaufnahme des Colleges war darauf abgebildet: Im Vergleich zum weißen Rechteck des neuen Laboratoriums sahen die alten Gebäude winzig aus. Fletcher nahm sich ein Infoblatt, als er seine Visitenkarte über den Tisch reichte.
    Einer der Wächter warf einen Blick auf das Kärtchen und zuckte die Schultern. »Kein Termin? Sie verschwenden Ihre Zeit, mein Guter.«
    Hinter dem Mann war noch so ein Haben-Sie-diese-Person-gesehen-Aushang. Fletcher zeigte darauf. »Es hat mit der Sache zu tun.«
    »Was hat es damit zu tun?«
    »Schauen Sie.« Fletcher nahm seine Visitenkarte zurück und schrieb auf die Rückseite: Eine Information über Daisy Seager.
    »Lassen Sie das der Rektorin überbringen. Sie wird mich empfangen.«
    Warten ist eine Kunst für sich. Er stellte sich neben der Tür an die Wand und wippte auf den Fersen. Er wartete eine halbe Stunde, eine Dreiviertelstunde.
    »Bald kommt Tauwetter«, sagte er zum Mann an der Theke.
    »Das stimmt.«
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»Meinen Sie, dass es eine Überschwemmung gibt?« »Möglich.«
    »Gibt es irgendwas Neues über Daisy Seager?« »Nicht, dass ich wüsste.«
    Neben dem Daisy-Seager-Aushang hing noch ein weiteres ausgedrucktes Foto, das vermutlich von einer der Überwachungskameras in den Kunststoffkugeln an der Fassade stammte. Es zeigte den Umriss eines Mannes auf dem asphaltierten Treidelpfad; auf der einen Seite des Fotos war das schmiedeeiserne Flügeltor zu sehen und auf der anderen die Uferbäume. Hinter dem Mann sah man dunkle Fußstapfen im Schnee. Fletcher wippte wieder auf den Fersen und schaute auf die Uhr. Inzwischen war eine Stunde vergangen.
    Sein Blick wanderte wieder zu dem Mann auf dem ausgedruckten Foto. Ein sehr blasses Gesicht, dunkler Kinnbart und sehr dunkle Augen.
    »Wer ist der Mann auf dem Foto da?«
    Der Sicherheitsmann blickte auf und sah dann wieder auf seine Konsole. »Jemand, der ein paar Mal hier in der Nähe gesehen wurde. Das muss nichts zu bedeuten haben.«
    »Aber möglich wäre es?«
    »Männer, die sich in der Nähe eines Colleges herumtreiben. Die Sorte gefällt uns nicht.«
    Das Telefon läutete. Der Wachmann nahm das Gespräch an, hörte zu, sah Fletcher an und legte wieder auf.
    »Sie empfängt Sie.«
    Fletcher trug sich ein, ließ seine Fingerabdrücke abnehmen und unterzeichnete eine Erklärung, dass er

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