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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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anscheinend dringend mit ihr sprechen, und es ging dabei um etwas, das nicht warten konnte. Im Club wollte sie nicht mit ihm reden, sie stritten sich, aber hinterher ließ sie ihn zu sich in den Wagen einsteigen. Nur glaube ich nicht, dass dieses Gespräch irgendetwas mit ihrem Hostessenjob zu tun hatte.«
    »Und womit dann, Ihrer Meinung nach?«
    »Vielleicht wusste sie etwas Wichtiges.«
    »Wie dramatisch.«
    »Über die Bellman Foundation.«
    Dr. Nile warf wieder einen Blick auf ihren Bürokalender und ließ sich deutlich anmerken, dass sie sich sehr zusammenreißen musste, um sich wieder auf das Gespräch zu konzentrieren. »Über Bellman, das Rüstungsunternehmen? Und was sollte sie da wissen?«
    »Das weiß ich nicht. Aber Nathan Slade hat für diese Firma gearbeitet. Fällt Ihnen dazu vielleicht irgendetwas ein?«
    »Tut mir schrecklich leid, nein. Und ich bin eigentlich der Meinung, dass wir diese Fragen lieber der Polizei überlassen sollten. Oder haben Sie noch irgendwelche anderen Theorien über Daisy? Sie können ruhig alles sagen, Mr Fletcher. Selbst wenn es recht ausgefallen wäre.«
    Fletcher wusste, dass sie versuchen wollte, sein Wissen auszuloten.
    »Gibt es eine Verbindung zwischen Bellman und dem Felwell College?«, fragte er.
    »Die Arbeit ruft.«
    Fletcher versuchte es ein letztes Mal. »Dr. Nile, es gibt da ein bestimmtes Wort, dass im Zusammenhang mit Daisy immer wieder auftaucht.«
    »Mhm, und was wäre das?«
    »Hexen.«
    »Hexen? Wie eigenartig.« Sie spitzte stirnrunzelnd die Lippen. »Und wissen Sie, was damit gemeint ist?«
    »Ich glaube nicht, nein.«
    In Tania Niles Augen zuckte eine Gefühlsregung auf, unverkennbar hinter der Kontaktlinse, doch rasch durch einen Lidschlag kaschiert.
    »Nun, da kann ich Sie beruhigen, Mr. Fletcher. Es gibt keinerlei finstere Umtriebe.«
    »Aber Umtriebe gibt es schon?«
    »Ich bitte Sie.« Tania Nile stand auf. Ihr Tweedjackett war frisch und unzerknittert, und während sie sprach, blätterte sie schon ein paar Unterlagen auf ihrem Schreibtisch durch, die sie für ihre nächste Besprechung brauchte. »Wir sind zwar ein bedeutendes Forschungsinstitut, aber nur ein sehr kleines College, Mr Fletcher. Fast wie eine Familie. Hier kennt jeder die kleinen Schrullen der anderen. Daisy hat tatsächlich ungewöhnliche Interessen in dieser Richtung.«
    »Ungewöhnliche Interessen?«
    »Wie ich mich erinnere, erzählte ihre Tutorin mir, dass Daisy sich seit einiger Zeit sehr für Matthew Hopkins interessiert.«
    »Der Name ist mir nur vage vertraut.«
    »Hopkins, der Groß-Hexenjäger. Mitte des 17. Jahrhunderts wütete er in Ostengland. Natürlich rein von eigenen Gnaden. Er hängte etwa zweihundert Menschen und verschwand dann spurlos.« Sie blickte lächelnd auf. »Ein recht harmloses Interesse. Hexen gibt es hier nicht. Und jetzt müssen Sie mich entschuldigen. Viel Glück für Ihre Bewerbung um den Vertrag mit der Universität - und das ist wirklich ernst gemeint.«
    Durch das Isolierglas des Fensters hinter ihr sah man, wie Licht und Schatten am Himmel wechselten, genau so wie eben eine Gefühlsregung in Tania Niles Augen aufgeleuchtet und sofort wieder verschwunden war, als Fletcher sagte, dass er nichts über die Bedeutung der Hexen wisse.
    Diese Regung war Erleichterung gewesen.
    Darüber dachte er nach, als er an den viktorianischen Jagdszenen vorbei die Treppe hinunter und durch die zugigen Korridore nach draußen ging. Dr. Tania Nile machte sich verständlicherweise Sorgen, ihr College könne als Rekrutierungsreservoir für das Hostessengewerbe in die Schlagzeilen geraten. Sie machte sich auch Sorgen um Daisy selbst - was nur natürlich war. Aber die Rektorin hatte noch irgendetwas anderes im Kopf gehabt - und sie hatte den Verdacht gehegt, dass Fletcher etwas darüber wusste. Irgendetwas, das sie veranlasste, ihren durchgeplanten Vormittag für fünf Minuten zu unterbrechen.
    Er machte seinen Parka zu und ging durch den Hof.
    Die dritte auf der Liste war ein Mädchen namens Bessie Weiler. Granny hat gesagt, sie sei groß gewesen, so wie wir, und hätte auch dieselben Dinger auf der Haut gehabt wie wir, diese Dinger, derentwegen die Leute uns anstarren, wenn wir nach draußen gehen. Wir haben Bessie Weiler in unserem Blut.
    Der Hexenjäger ließ sie ins Zelt bringen.
    Inzwischen stanken alle seine Männer nach Bier und hatten geweitete Augen vom Mohnsamen. Bessie stand vor ihm, angeleuchtet von den Sonnenstrahlen, die durch den Schlitz ins Zelt

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